Kardinal Marx bei der Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin
Der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx,
hat heute (14. September 2014) bei der Kundgebung gegen Antisemitismus
am Brandenburger Tor in Berlin die Solidarität der Katholiken mit den
Juden in Deutschland deutlich gemacht: „Ich bin nach Berlin gekommen, um
Ihnen zu sagen, dass Sie nicht allein sind, dass Sie Freunde haben. Die
katholische Kirche gehört zu Ihren Freunden. Wir stehen an Ihrer
Seite.“
Dabei
zeigte sich Kardinal Marx selbst überrascht von dem Hass, der in den
vergangenen Wochen zutage getreten sei. Er habe gedacht, dass Formen von
Antisemitismus wie die Beschädigung von Synagogen, antijüdische Parolen
sowie Beleidigungen und tätliche Angriffe auf Juden der Vergangenheit
angehörten. Vor allem den alltäglichen Antisemitismus empfinde er als
besonders bedrohlich, wenn ‚Jude‘ auf Schulhöfen und in Fußballstadien
zu einem Schimpfwort werde oder Online-Redaktionen von Zeitungen immer
wieder menschenverachtende Leserkommentare löschen müssten.
„Antisemitische und antiisraelische Parolen werden häufig vermischt“, so
Kardinal Marx, „und es gibt keinen Zweifel: Menschenverachtende Parolen
haben leider zugenommen!“ Gegen diesen alltäglichen Antisemitismus
forderte er entschiedenen Widerspruch – „auf dem Schulhof, im
Fußballstadion oder auf der Geburtstagsfeier. Denn vergessen wir nicht:
Der Hass der Wenigen wird mächtig durch das Schweigen der Vielen.“
Ausdrücklich
dankte Kardinal Marx dem Präsidenten des World Jewish Congress, Ronald
S. Lauder, der vor kurzem in der „New York Times“ daran erinnert habe,
dass Juden und Christen gemeinsam die Bibel lesen und moralische
Grundüberzeugungen teilten. Die Bibel – und das verbinde Juden und
Christen – beginne mit der Erschaffung der Welt und des Menschen: „Am
Anfang steht ein Menschenpaar, von dem wir alle abstammen. Das ist eine
moralische Botschaft. Wir alle – gleich welcher Nation, Religion oder
welchen Geschlechts – teilen dieselbe Menschlichkeit. Alle Menschen sind
nach dem Bilde Gottes geschaffen oder in säkulare Sprache übersetzt:
Wir alle haben dieselbe Menschenwürde.“ Diese Erkenntnis sei ein
Geschenk Gottes, so Kardinal Marx, „ein Geschenk, das die Welt aus den
Händen Israels empfangen hat.“ Wer die Würde eines Menschen oder einer
Gruppe von Menschen missachte, zerstöre nicht nur die moralischen
Grundlagen unseres Zusammenlebens, der beleidige auch Gott. Im Angesicht
des Hasses der vergangenen Monate forderte der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz: „ Es ist die gemeinsame Aufgabe von Juden,
Christen und Muslimen, jede Form von Menschenverachtung und jede Form
von Judenhass als das zu bekämpfen, was sie ist: Blasphemie, ein Angriff
auf Gott selbst!“
Die
Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin stand unter dem Motto „Steh
auf! Nie wieder Judenhass“ und wurde auf Einladung des Zentralrats der
Juden in Deutschland initiiert, nachdem es in den vergangenen Monaten
auch in Deutschland vermehrt zu antisemitischen Vorfällen gekommen war.
Teilgenommen haben unter anderen Nikolaus Schneider, der Ratsvorsitzende
der Evangelischen Kirche in Deutschland, sowie Bundespräsident Joachim
Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Vorsitzende des Zentralrats
der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann und der Präsident des
World Jewish Congress, Ronald S. Lauder.
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