Dienstag, 2. September 2014

CDU-Bildungswahlkampf: Thema verfehlt. Setzen. Sechs.

Kommentar der GEW Thüringen vom 02.09.2014

Viel Medienwirbel gibt es derzeit um ein CDU-Wahlplakat mit der Ministerpräsidentin, die sich darauf mit Schülern ablichten ließ. Die Fragen, die nun gleich gestellt wurden, sind die nach dem Entstehungsort des Fotos, ob die Kinder für diese Aufnahme instrumentalisiert wurden, ob die Eltern das erlaubten und ob der Schulleiter des betreffenden Sonneberger Gymnasiums - der natürlich CDU-Mitglied ist - seine Schule für das Foto zu Unrecht zur Verfügung gestellt habe. Ist das der eigentliche "Aufreger" oder muss etwas ganz anderes beleuchtet werden?

Vielleicht hätte ich das Plakat auch gar nicht wahrgenommen, wenn mich nicht am ersten Schultag des neuen Schuljahrs  Schüler verwundert gefragt hätten: "Stimmt es, dass wir jetzt keine Schulnoten mehr erhalten?"
Ich ahnte, wie diese Frage entstanden sein könnte und fand dies dann beim nochmaligem Studium der Tageszeitungen vom 30. August bestätigt. Denn dort konnte man auf einem Foto das besagte CDU-Wahlplakat mit dem Slogan: "LIEBER BESTE BILDUNG STATT SCHULEN OHNE NOTEN" sehen. Die Worte "Statt Schulen ohne Noten", sind viel kleiner, fast verschämt klein gedruckt. Für die inhaltliche Qualität des Spruchs könnte man gerade noch ein "befriedigend" erteilen, bei genauerer Analyse der merkwürdigen Behauptung bleibt wohl doch nur ein "ungenügend" übrig. Beste Bildung gäbe es nur mit Noten, wird behauptet und zweitens wird suggeriert, dass es in Thüringen zurzeit an den Schulen gar keine Noten mehr gäbe. 
Da habe ich wohl als Schulleiter wieder mal nicht richtig aufgepasst und ganz versäumt, meinen Kolleginnen und Kollegen und vor allen Dingen den Schülerinnen und Schülern mitzuteilen, dass man mit Beginn des neuen Schuljahres an Thüringens Schulen keine Schulnoten mehr erteilen darf. Man kann ja über die erste Aussage, ob Schule mit oder ohne Noten besser sei, ernsthaft und lange streiten. Die zweite Behauptung der CDU-Ministerpräsidentin, dass man in Thüringen unter dem jetzigen SPD-Bildungsminister keine Schulnoten mehr geben dürfe und die CDU dies nach der Wahl natürlich sofort wieder rückgängig machen wird, entbehrt nun aber jedes weiteren Kommentars. Aber halt! Dies wäre auch nicht richtig. Denn diese Wahlaussage á la Lieberknecht muss man wohl doch kommentieren. Die Thüringer Schulordnung führt zur Erteilung von Schulnoten eindeutig aus, dass erbrachte Leistungen "...nach sechs Notenstufen bewertet werden." (Thüringer Schulordnung, § 59). Die Einschränkung, dass in Einzelfällen und z. B. an Gemeinschaftsschulen auf Beschluss der Schulkonferenz auf die Erteilung von Noten zeitweilig verzichtet werden kann, bedeutet nie und nimmer, dass es an Thüringens Schulen keine Noten mehr gibt. Da wird auf primitive Art und Weise Angst geschürt und darauf gehofft, dass das Wahlvolk gar nicht merkt, dass an Thüringens Schulen natürlich weiterhin Zensuren vergeben werden (müssen). Auf derselben ideologischen Welle schwimmt übrigens auch die unsinnige Behauptung mancher Wahlkämpfer/innen (nicht nur der der CDU!), dass an Thüringens Schulen in Zukunft angeblich niemand mehr "sitzen bleiben" darf.
Schüttet da jemand zu Wahlkampfzeiten das Kind mit dem Bade aus oder soll der alte (und vielleicht auch neue?) Koalitionspartner bei den Wählern verunglimpft werden? Bleibt zum Schluss nur noch zu konstatieren, dass es Thüringens CDU eigentlich gar nicht nötig hat, mit solch billigen Taschenspielertricks im Wahlkampf zu punkten. Denn dass Thüringen bei allen bundesweiten Bildungsumfragen stets auf den ersten Plätzen rangiert, ist zuerst der engagierten Arbeit der Thüringer Pädagoginnen und Pädagogen zu verdanken und natürlich auch den beiden bisher im Fachministerium Verantwortung tragenden Parteien.

Rüdiger Schütz
Stellvertretender Landesvorsitzender

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen