Dienstag, 29. Juli 2014

Müssen Juden in Deutschland wieder Angst haben?

Zu Beginn der vergangenen Woche fegte eine richtige Welle des Judenhasses durch die Straßen einiger Städte in Deutschland, ausgelöst vor allem von muslimischen Demonstranten. Samstag vor einer Woche musste die Berliner Polizei einen Juden vor Angriffen von Demonstranten schützen. In Essen kam es tags zuvor am Rande einer Kundgebung zu Israel-feindlichen Tumulten, bei denen auch Flaschen flogen. Zudem soll eine Gruppe eine Aktion gegen eine Alte Synagoge in Wuppertal geplant haben. In Frankfurt hatte am vorvergangenen Samstag ein Demonstrant über einen Polizeilautsprecher anti-israelische Parolen gerufen - eigentlich hatte er die aufgeheizte Stimmung entschärfen sollen. Die Berliner Polizei erklärte am Dienstag, die mehrfach skandierte Parole «Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf' allein» künftig ahnden zu wollen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte nach eigenen Angaben einen islamischen Hassprediger wegen Volksverhetzung an. Der Imam Abu Bilal Ismail aus Dänemark hatte nach einem Bericht der WELT vom 21.08.14 in einer Moschee in Berlin-Neukölln zum Mord an Juden aufgerufen.

Spätestens da aber sehe ich mich mit meinem Verständnis vom „friedlichen Miteinander“ von Religionen und Menschen in Deutschland überfordert. Und daran ändert auch nichts, wenn der Historiker und Vorsitzende der Moses Mendelssohn Stiftung, Julius Schoeps, in einem Interview auf n-tv am 22.07. auf die Frage Wo verlaufen die Grenzen zwischen legitimer Israel-Kritik und Antisemitismus? antwortete (Auszug): „Es ist ja in der Tat ein Problem, dass die Grenzen zwischen einer legitimen Kritik an der Politik Israels und antisemitischen Vorurteilen verschwimmen. Aber kommen wir nochmal auf das Beispiel zurück. "Jude, Jude, feiges Schwein." Bei Israelkritik müsste es doch heißen: "Israeli, Israeli, feiges Schwein." Da sieht man ganz deutlich, dass hier ganz andere Motive eine Rolle spielen.“ (Ende des Auszugs). Ich denke, hier geht es eher um spitzfindige Auslegungen, Definitionen und Differenzierungen, mit denen ein normaler Bürger (und ich zähle mich dazu) kaum mehr etwas anzufangen weiß. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff betonte 2010 in einer Rede in Bremen, der Islam gehöre inzwischen zu Deutschland. Wenn dem wirklich so ist – was man nach einem Kommentar von Nicolaus Fest, stellvertretender Chefredakteur der „Bild am Sonntag“ bezweifeln kann (siehe meinen Eintrag „Ein merkwürdiges Selbstgespräch“ von gestern), dann gehört der jüdische Glaube ebenso (wieder) zu Deutschland. Wenn aber die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, jüdische Mitbürger zunehmend bedroht.sieht und nach dem Brandbombenanschlag auf die Synagoge in Wuppertal und vorherigen gewalttägigen Übergriffen allen Juden in Deutschland rät , sich derzeit „nicht als Jude erkennbar zu machen“, weil das Risiko, Ziel eines Angriffs zu werden, zu groß sei , wie sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gerade heute sagte, dann ist das meines Erachtens schon sehr, sehr traurig.

Nun bleibt ja weiter festzustellen, dass bei den Demonstrationen danach keine antiisraelischen Hassparolen mehr zu hören waren. Aber doch wohl nicht, weil der Hass plötzlich versiegt war? Ich meine, man kann nur besorgt sein über die weitere Entwicklung in Deutschland. Und Schoeps äußerte ja in jenem Interview auch die Besorgnis, es könne zu Ausschreitungen kommen.

Nun weiß ich ja nicht, ob in diesem Zusammenhang daran erinnert werden kann, dass ja schon im Juni Bundesinnenminister Thomas de Maizière anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes äußerte, die größte Sorge des Verfassungsschutzes in Deutschland sei der Islamismus. Was nämlich unter den aktuellen Umständen darunter zu verstehen ist, bedürfte meines Erachtens schon einer allgemein verständlichen Definition. Und wenn nun Israel ungeachtet aller Appelle für eine Waffenruhe weiter Städte in Gaza bombardiert, bleibt die weitere Reaktion der Islamisten hierzulande abzuwarten. Denn dass auch in Tel Aviv am Dienstagmorgen Luftalarm gegeben wurde und die Raketenabwehr der Israeli nicht alle Raketen der Hamas abfangen konnte, bleibt ja wohl unberücksichtigt.

Wie auch immer: Leidtragend ist die Zivilbevölkerung. Nur nimmt das die Politik offenbar immer bedenkenloser in Kauf. Und die wehrt sich überall dort gegen diese kriegerischen Auseinandersetzungen, wo und wie sie das vermag. Und das sind hierzulande offensichtlich die dominierenden Muslime. Und angesichts dessen hat ja wohl der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhard Robbe vorsorglich von den Innenministern der Länder und von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere klare Anweisungen für die Polizei im Zusammenhag mit anti-israelischen Demonstrationen im Land verlangt. Im Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“ sagte Robbe, es dürfe nicht wieder passieren, dass bei so genannten pro-palästinensischen Solidaritätsdemonstrationen antisemitische Parolen gebrüllt oder auf Plakaten gezeigt werden. "Hier stehen die Innenminister in der Pflicht, die für die Landespolizei zuständig sind. Auch der Bundesinnenminister muss dafür sorgen, dass die Dinge von oben nach unten so kommuniziert werden, dass die Beamten vor Ort wissen, was zu tun ist.

Mit Blick auf Juden haben wir ganz besonders sensibel zu sein", so Robbe. Scharfe Kritik äußerte er dabei auch an der Linkspartei. „In Nordrhein-Westfalen haben Vertreter der Linkspartei bei diesen Aktionen völlig kritiklos mitgemacht. Darüber muss noch mal geredet werden: Dass eine im Bundestag vertretene Partei durch offenen Antisemitismus auffällt, darf nicht sein.", so der ehemalige Wehrbeauftragte.

Und zum eigentlichen Konflikt in Gaza scheint mir bedenkenswert, was der Dirigent Daniel Barenboim neulich in der WELT äußerte (Auszug): „Was seit einigen Wochen in Gaza geschieht, bestätigt meine seit Langem bestehende Überzeugung, dass es keine militärische Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts gibt. Es ist kein politischer, sondern ein menschlicher Konflikt zwischen zwei Völkern, die den tiefen und anscheinend unvereinbaren Glauben teilen, sie hätten ein Anrecht auf dasselbe kleine Stück Land, und zwar ohne das andere Volk.“(Ende des Auszugs). Und das bedeutet Unversöhnlichkeit auf Zeit. Und Ewigkeit?

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