Der Chefredakteur der „Thüringer
Allgemeine“, Paul-Josef Raue, reagierte in der vergangenen Woche
u.a. recht ausführlich auf einen Leserbrief in seiner Zeitung, in
dem sich der Autor über Kommentare anderer Leser beklagt, weil
diese „Oft grottenschlecht unter dem Stammtischniveau“ seien.
Ich bewundere bei solchen Gelegenheiten
den Chefredakteur, der oft recht diplomatisch auf Leserbriefe
reagiert und um Verständnis für seine Leser und Kommentatoren wirbt
und bemüht ist.
In diesem Falle stellt er zunächst für
seine Redakteure fest, dass es blamabel sei, „wenn wir unsere
Kommentare nicht gut formulieren, logisch begründen und pointiert
zuspitzen könnten. „Das ist unser Handwerk“, so Raue.
Allein diese Behauptung oder
Feststellung wäre wert, unter die Lupe genommen zu werden –
vielleicht versuche ich es auch noch gelegentlich – aber hier geht
es ja im wesentlichen um Leserbriefe, also um Lesermeinungen, zu
denen die Autoren mit ihren Namen stehen. Doch zunächst finde ich
bezeichnend, dass sich der Leser (aus Bad Berka), der die Reaktion
des TA-Chefredakteurs auslöste, scheinbar mit seiner eigenen Meinung
für besser hält als das Gros der anderen Leserbriefschreiber. Und
schon das halte ich für unangemessen (oder auch arrogant!?), denn
möglicherweise gibt es andere Leser, die gerade dessen geäußerte
Meinung für „grottenschlecht“ halten?
Ich denke, es ist der „Thüringer
Allgemeine“ hoch anzurechnen, dass sie bislang nur Leserbriefe
zulässt, die mit den vollen Namen des Schreibers versehen sind.
Zumindest in dessen Bekanntenkreis kann man sich danach eine eigene
Meinung über dessen Äußerungen, oder auch dessen (Sach-)Verstand
machen, kann darauf reagieren, oder auch nicht. In den Ausführungen
Raues heißt es ja auch u.a.: „Wer Kritik übt, darf allerdings
scharf formulieren, darf übertreiben, darf grottenschlecht
formulieren...Die Leserseite hat zudem einen Vorteil: Unsere Leser
kommen untereinander ins Gespräch, sie sprechen und
widersprechen...“(Ende des Auszugs). Zumindest weiß man, mit wem
man es zu tun hat. Ganz im Gegensatz zu anonymen Leserkommentatoren,
bei denen sich quasi alles im luftleeren Raum abspielt. Es gibt zwar
auch dort mitunter interessante, bedenkenswerte Meinungen, aber wenn
ich darüber mit jemanden ins Gespräch kommen will, möchte ich
schon wissen, mit wem ich es zu tun habe. Raue schließt in seiner
Entgegnung mit einem konkreten Beispiel gerade dazu. Und das scheint
mir überzeugend.
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