Sven Mattke kehrt für die TN LOS! Sommernächte 2020 in den Südharz zurück
Von Birgit Susemihl
Für
ihn ist es ebenso der Startschuss nach der Coronakrise wie für das
Theater Nordhausen: Der Schauspieler Sven Mattke, gebürtiger Nordhäuser
und aufgewachsen in Ellrich,
moderiert ab 26. Juni die Musicalgala „Broadway Forever“ und ab 4. Juli
die Operetten- und Schlagergala im Rahmen der „TN LOS! Sommernächte
2020“ unter freiem Himmel im Schloss Heringen. Derzeit bereitet er sich
auf die Moderationen vor, beschäftigt sich mit
den Liedern, die an den festlichen Sommerabenden auf dem Programm
stehen, notiert Ideen und baut daraus seine Textblöcke zusammen. „Es ist
schön, wieder eine Aufgabe zu haben, und dass es wieder Kontakt zum
Publikum gibt“, freut sich der Künstler auf sein
Gastspiel in der Heimat.
Zuletzt
war Sven Mattke im Theater Nordhausen als Ernst Ludwig im Musical
„Cabaret“ zu sehen, mit dem er an seinem 40. Geburtstag Premiere hatte.
Vorher hatte er bei
den Thüringer Schlossfestspielen Sondershausen als Hans im Musical „Die
Comedian Harmonists“ auf der Bühne vor der malerischen Kulisse des
Sondershäuser Schlosses gestanden. Auch als die Coronakrise dazu führte,
dass alle Theater den Vorstellungsbetrieb einstellen
mussten, spielte er gerade „Cabaret“ – im Hamburger Hansa-Theater.
Dieses Mal jedoch als Clifford Bradshaw, an der Seite von Theatergrößen
wie Angela Winkler. „Es war ein bisschen skurril, weil während der
Hamburger Proben in Nordhausen noch Vorstellungen
liefen“, erzählt der Schauspieler. So musste er zwischen den beiden
Rollen hin- und herspringen und aufpassen, dass ihm nicht etwa der
falsche Rollenname „rausrutschte“.
Die
sehr erfolgreiche Inszenierung hätte nach einer kurzen Pause Mitte März
wieder gezeigt werden sollen – wenn nicht das Coronavirus den Theatern
einen Strich durch
die Rechnung gemacht hätte. Als die Absage kam, saß Mattke gerade auf
gepackten Koffern, um für die sechswöchige Vorstellungsserie nach
Hamburg zu reisen. Und es war nicht die einzige Absage für ihn: Im
Sommer wäre er wieder bei den Thüringer Schlossfestspielen
Sondershausen besetzt gewesen. Im Musical „3 Musketiere“ hätte er den
Gegenspieler der drei Musketiere, den Rochefort, spielen sollen.
Stattdessen entstand eine mittlerweile drei Monate anhaltende Pause.
Sven
Mattke verbrachte sie teils zu Hause in Leipzig, teils im Südharz bei
Familie und Freunden. Was macht man, wenn von einem Tag auf den anderen
alle Pläne über den
Haufen geworfen werden, keine Auftritte und Proben mehr stattfinden?
„Hobbies habe ich genug, langweilig wird mir nicht“, versichert der
Schauspieler. So war er viel im Harz unterwegs, erwanderte Stempel der
Harzer Wandernadel, nutzte die Zeit zum Lesen und
zum Telefonieren mit Freunden. Und er beendete ein Langzeitprojekt, mit
dem er sich in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt hatte:
insgesamt 36 Stunden Tonaufnahmen des Dramatikers Heiner Müller aus den
70er bis 90er Jahren, „meine Kultur aufs Ohr“,
wie er schmunzelnd sagt. „Ich bin seit zehn Jahren mit Heiner Müller im
Ohr rumgelaufen, das kann man nicht nebenbei beim Abwaschen hören.“ Nun
war genug Zeit, die Aufnahmen zu Ende anzuhören. Denn Kunst und Kultur
haben ihm gefehlt in diesen Monaten – nicht
nur als seine Arbeit und Aufgabe, sondern auch aus der
Zuschauerperspektive. Und natürlich die sozialen Kontakte, das Treffen
mit Freunden.
Was
trotz Corona möglich war, war seine Arbeit für das Deutsche Zentrum für
barrierefreies Lesen in Leipzig, für das er Bücher für blinde, seh- und
lesebehinderte Menschen
einspricht. Doch fast alles, was Theaterarbeit angeht, ist nach wie vor
unklar. „Für meine Branche ist es weiterhin schwierig und ungewiss“,
blickt der Nordhäuser in die Zukunft.
Turbulente
Zeiten hat Sven Mattke auch als Kind erlebt, denn Ellrich lag im
Sperrgebiet nah der deutsch-deutschen Grenze: „Wenn man zum Freibad
fuhr, hat man den Zaun
am Rand des Stadtwaldes gesehen.“ Als die Mauer fiel, war er gerade
zehn geworden, und er erinnert sich gut an die Zeit, als Besucher, die
nicht zur Verwandtschaft ersten Grades gehörten, einen Antrag stellen
mussten, um nach Ellrich zu kommen. Einen Tag nach
der Öffnung der Grenze wanderte er mit seinem Vater und seiner
Schwester über die Grenze in den Westen. „Plötzlich lag uns ein fremder
Mann in den Armen, ich habe noch überlegt, ob er ein Verwandter ist,
aber es war einfach die Freude am Grenzzaun“, erinnert
er sich an diesen Tag. „Wir waren plötzlich von der Peripherie ins
Zentrum Europas gerückt“.
Nach
seinem Abitur in Nordhausen und 13 Monaten Zivildienst im Krankenhaus
entschied sich Sven Mattke zunächst für eine Krankenpflege-Ausbildung.
In dieser Zeit machte
er im Theater Nordhausen die ersten Bühnenerfahrungen als Statist im
Musiktheater. „Der fliegende Holländer“ war die erste Produktion, in der
er mitwirkte, es folgte unter anderem eine größere Rolle in „Angélique“
mit einem Soloauftritt. So entstand der Wunsch,
Schauspiel zu studieren, und er bereitete sich – unterstützt von einem
Nordhäuser Schauspielkollegen – auf die Aufnahmeprüfungen an
Schauspielschulen vor. Dem Studium an der Hochschule für Musik und
Theater in Hamburg folgten Engagements in Hannover, Würzburg
und Linz, bevor er als freischaffender Schauspieler nach Leipzig ging.
Für
die Musicalgala „Broadway Forever“ kehrt der Schauspieler nun in seine
Heimat zurück und freut sich sehr darauf, wieder auf einer Bühne zu
stehen.
Karten für die Vorstellungen
der Musicalgala „Broadway Forever“ am 26. und 28. Juni sowie am 3., 5.,
11., 18., 24. und 25. Juli jeweils um 19.30 Uhr sowie für die
Vorstellungen der Operetten- und Schlagergala am 4.,
12., 17. Juli um 19.30 Uhr sowie am 26. Juli um 17 Uhr und für die
weiteren Konzerte der „TN LOS! Sommernächte 2020“ gibt es im Internet
unter
www.theater-nordhausen.de
sowie an der Theaterkasse (Tel. 0 36 31/98 34 52) und an den meisten,
wieder geöffneten, Vorverkaufsstellen der Theater
Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH.
Foto: Sven Mattke (Fotograf: Thomas Leidig)
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