Montag, 22. Juni 2020

Lokalmatador moderiert Musicalgala und Operettengala

Sven Mattke kehrt für die TN LOS! Sommernächte 2020 in den Südharz zurück

Von Birgit Susemihl

Für ihn ist es ebenso der Startschuss nach der Coronakrise wie für das Theater Nordhausen: Der Schauspieler Sven Mattke, gebürtiger Nordhäuser und aufgewachsen in Ellrich, moderiert ab 26. Juni die Musicalgala „Broadway Forever“ und ab 4. Juli die Operetten- und Schlagergala im Rahmen der „TN LOS! Sommernächte 2020“ unter freiem Himmel im Schloss Heringen. Derzeit bereitet er sich auf die Moderationen vor, beschäftigt sich mit den Liedern, die an den festlichen Sommerabenden auf dem Programm stehen, notiert Ideen und baut daraus seine Textblöcke zusammen. „Es ist schön, wieder eine Aufgabe zu haben, und dass es wieder Kontakt zum Publikum gibt“, freut sich der Künstler auf sein Gastspiel in der Heimat.

Zuletzt war Sven Mattke im Theater Nordhausen als Ernst Ludwig im Musical „Cabaret“ zu sehen, mit dem er an seinem 40. Geburtstag Premiere hatte. Vorher hatte er bei den Thüringer Schlossfestspielen Sondershausen als Hans im Musical „Die Comedian Harmonists“ auf der Bühne vor der malerischen Kulisse des Sondershäuser Schlosses gestanden. Auch als die Coronakrise dazu führte, dass alle Theater den Vorstellungsbetrieb einstellen mussten, spielte er gerade „Cabaret“ – im Hamburger Hansa-Theater. Dieses Mal jedoch als Clifford Bradshaw, an der Seite von Theatergrößen wie Angela Winkler. „Es war ein bisschen skurril, weil während der Hamburger Proben in Nordhausen noch Vorstellungen liefen“, erzählt der Schauspieler. So musste er zwischen den beiden Rollen hin- und herspringen und aufpassen, dass ihm nicht etwa der falsche Rollenname „rausrutschte“.

Die sehr erfolgreiche Inszenierung hätte nach einer kurzen Pause Mitte März wieder gezeigt werden sollen – wenn nicht das Coronavirus den Theatern einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Als die Absage kam, saß Mattke gerade auf gepackten Koffern, um für die sechswöchige Vorstellungsserie nach Hamburg zu reisen. Und es war nicht die einzige Absage für ihn: Im Sommer wäre er wieder bei den Thüringer Schlossfestspielen Sondershausen besetzt gewesen. Im Musical „3 Musketiere“ hätte er den Gegenspieler der drei Musketiere, den Rochefort, spielen sollen. Stattdessen entstand eine mittlerweile drei Monate anhaltende Pause.

Sven Mattke verbrachte sie teils zu Hause in Leipzig, teils im Südharz bei Familie und Freunden. Was macht man, wenn von einem Tag auf den anderen alle Pläne über den Haufen geworfen werden, keine Auftritte und Proben mehr stattfinden? „Hobbies habe ich genug, langweilig wird mir nicht“, versichert der Schauspieler. So war er viel im Harz unterwegs, erwanderte Stempel der Harzer Wandernadel, nutzte die Zeit zum Lesen und zum Telefonieren mit Freunden. Und er beendete ein Langzeitprojekt, mit dem er sich in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt hatte: insgesamt 36 Stunden Tonaufnahmen des Dramatikers Heiner Müller aus den 70er bis 90er Jahren, „meine Kultur aufs Ohr“, wie er schmunzelnd sagt. „Ich bin seit zehn Jahren mit Heiner Müller im Ohr rumgelaufen, das kann man nicht nebenbei beim Abwaschen hören.“ Nun war genug Zeit, die Aufnahmen zu Ende anzuhören. Denn Kunst und Kultur haben ihm gefehlt in diesen Monaten – nicht nur als seine Arbeit und Aufgabe, sondern auch aus der Zuschauerperspektive. Und natürlich die sozialen Kontakte, das Treffen mit Freunden.

Was trotz Corona möglich war, war seine Arbeit für das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen in Leipzig, für das er Bücher für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen einspricht. Doch fast alles, was Theaterarbeit angeht, ist nach wie vor unklar. „Für meine Branche ist es weiterhin schwierig und ungewiss“, blickt der Nordhäuser in die Zukunft.

Turbulente Zeiten hat Sven Mattke auch als Kind erlebt, denn Ellrich lag im Sperrgebiet nah der deutsch-deutschen Grenze: „Wenn man zum Freibad fuhr, hat man den Zaun am Rand des Stadtwaldes gesehen.“ Als die Mauer fiel, war er gerade zehn geworden, und er erinnert sich gut an die Zeit, als Besucher, die nicht zur Verwandtschaft ersten Grades gehörten, einen Antrag stellen mussten, um nach Ellrich zu kommen. Einen Tag nach der Öffnung der Grenze wanderte er mit seinem Vater und seiner Schwester über die Grenze in den Westen. „Plötzlich lag uns ein fremder Mann in den Armen, ich habe noch überlegt, ob er ein Verwandter ist, aber es war einfach die Freude am Grenzzaun“, erinnert er sich an diesen Tag. „Wir waren plötzlich von der Peripherie ins Zentrum Europas gerückt“.

Nach seinem Abitur in Nordhausen und 13 Monaten Zivildienst im Krankenhaus entschied sich Sven Mattke zunächst für eine Krankenpflege-Ausbildung. In dieser Zeit machte er im Theater Nordhausen die ersten Bühnenerfahrungen als Statist im Musiktheater. „Der fliegende Holländer“ war die erste Produktion, in der er mitwirkte, es folgte unter anderem eine größere Rolle in „Angélique“ mit einem Soloauftritt. So entstand der Wunsch, Schauspiel zu studieren, und er bereitete sich – unterstützt von einem Nordhäuser Schauspielkollegen – auf die Aufnahmeprüfungen an Schauspielschulen vor. Dem Studium an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg folgten Engagements in Hannover, Würzburg und Linz, bevor er als freischaffender Schauspieler nach Leipzig ging.

Für die Musicalgala „Broadway Forever“ kehrt der Schauspieler nun in seine Heimat zurück und freut sich sehr darauf, wieder auf einer Bühne zu stehen. Karten für die Vorstellungen der Musicalgala „Broadway Forever“ am 26. und 28. Juni sowie am 3., 5., 11., 18., 24. und 25. Juli jeweils um 19.30 Uhr sowie für die Vorstellungen der Operetten- und Schlagergala am 4., 12., 17. Juli um 19.30 Uhr sowie am 26. Juli um 17 Uhr und für die weiteren Konzerte der „TN LOS! Sommernächte 2020“ gibt es im Internet unter www.theater-nordhausen.de sowie an der Theaterkasse (Tel. 0 36 31/98 34 52) und an den meisten, wieder geöffneten, Vorverkaufsstellen der Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen GmbH.

Foto: Sven Mattke (Fotograf: Thomas Leidig)

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