"Hetze" gegen Rot-Rot-Grün würden die Zeitungen in
Thüringen bis auf eine Ausnahme betreiben. Speziell gehe es um zwei
Journalisten. - Das twitterte sinngemäß die linke
Landtagsabgeordnete Katharina König, schreibt die TA am 04.11. Und
dieser Vorwurf rief den TA-Redakteur Jan Hollitzer auf den Plan. Der
zwar erst einmal im Duden nachsehen musste, was „Hetze“ überhaupt
bedeutet, um dann mit diesem Wissen erbost gegen die
Landtagsabgeordnete und die LINKE in Thüringen zu polemisieren. Wie
ja wohl schon sein Verweis auf den Duden Polemik war.
Nun unterstelle ich der MdL Katharina König, dass sie vor ihrer
Äußerung nicht auch im Duden nachsah, sondern sich einfach
volkstümlich ausgedrückte. Hollitzer hätte sachdienlich reagieren
können. Dass er es vorzog, zu polemisieren und seinerseits versucht,
König und die LINKE anzugreifen, entkräftet zwar den Vorwurf von
König nicht, verfehlt aber wohl nicht seine Wirkung.
Und auch das erinnert mich an den Journalismus zu früheren
DDR-Zeiten: da hätte ein Journalist den Vorwurf thematisiert und es
im Ergebnis fertig gebracht, der „Hetze“ einen plausiblen Sinn zu
geben, der den politischen Umständen entsprochen hätte. Dialektisch
halt. Nicht, dass ich das wirklich seriös fand, die gekonnte und
geschliffene Art des Argumentierens aber fand ich zwar weniger
überzeugend, jedenfalls aber sehr beeindruckend.
Das ist lange her. Heutzutage argumentiert und entkräftet man
nicht mehr, man reagiert aggressiv und diffamiert in subjektiver
Weise. Dabei
fällt mir einmal mehr die Selbsteinschätzung von Sonia Seymour
Mikich ein, von 2002 bis 2011 Leiterin des ARD-Politmagazins Monitor
(die ich schon wiederholt zitierte). In dem Buch „Wozu noch
Journalismus?“ meint sie u.a.: „. . .Seien wir doch ehrlich,
Journalisten stehen nicht mehr oben auf der Hit-Liste geschätzter
und vorbildhafter Zeitgenossen. Außerhalb des Medien-Biotops,
nämlich in der Wirklichkeit, ist der Blick auf unseren Berufsstand
eher unfreundlich und es wird nicht feinfühlig unterschieden
zwischen den Genres. Wir alle sind „die Medien“. Betrüblich aber
wahr: Die Mitmenschen unterstellen, wir seien allesamt nur noch
getrieben von guten Quoten, Auflagen, Klickzahlen. Dass wir Fehler
schönreden, gern hart austeilen, aber ein gläsernes Kinn haben,
wenn es um Kritik an uns selber geht. Dass wir Weltmeister im Ätzen
und Besserwissen sind. Ob Print, Radio, Fernsehen oder Online: Viele
Nutzer bekriteln – nicht grundlos – den Mangel an Tiefgang, an
Persönlichkeiten, an Meinungsfreude. Sie erleben intellektuelles
Versagen beim Deuten großer Zusammenhänge und geringe Lust am
Einmischen. Und merken an, dass Feuerwehrleute, Lehrer, Briefträger
oder Ärzte höhere Vertrauenswerte vorweisen können als „die“
Journalisten. Nebenbei: Jeder telegene Kleiderständer, jedes Model
darf sich inzwischen Moderatorin nennen, jeder Handyschwenker
Reporter. Das kann nicht gut sein für das Ansehen der Branche.“
Immerhin
aber knüpft ja TA-Redakteur Hanno Müller in seiner Beschreibung des
Journalismus in der DDR ( TA am 03.11.) in gewisser Weise an jene
Rhetorik früherer Jahre an, wenn er argumentiert (Auszug): „Es
sind eben diese DDR-Journalisten, die in den Wirren des Umbruchs zu
echten Lebenshelfern und Begleitern des Systemwandels werden.“(Ende
des Auszugs). Es hätte nur noch gefehlt, dass er statt Begleitern
„Wegbereiter des Systemwandels“ geschrieben hätte. Soweit ging
er aber doch nicht. Der Vorwurf der Hetze aber ist meines Erachtens trotz allen Drehens und Wendens nicht völlig ausgeräumt.
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