Erstmals choreographiert
Jutta Ebnother, Ballettdirektorin des Theaters Nordhausen, ein
Ballett für Kinder, hieß es unlängst in der Vorschau für das
Ballett. „Ente, Tod und Tulpe“ nach dem Bilderbuch von Wolf
Erlbruch . Das sich an Kinder ab fünf Jahren wendet. Seit langem
schon sei die Mutter einer kleinen Tochter auf der Suche nach einem
geeigneten Stoff für Kinder gewesen.
Die Ankündigung machte mich
neugierig. Und schon während
der Aufführung überkam mich das
Bedauern, nicht auch die Einstimmungs-Lesung zuvor von Bianca Sue
Henne in der Kulturbibliothek besucht zu haben: neugierig war ich auf
die choreographische Gestaltung durch die Ballettdirektorin und Grund
zum Bedauern sehe ich in der Einsicht, dass dieser Stoff nicht nur
Kindern „ab 5 Jahren“ das Verhältnis der Ente zum Tod
versöhnlich erscheinen lässt, sondern in geradezu philosophischen
Sinne dieses Verhältnis Menschen jeden Alters zu vermitteln vermag.
Und dass zur gestrigen Premiere
im TuD die gesamte künstlerische und
personelle Verwaltungsebene unter den Besuchern auszumachen war, mag
eben auch an dieser Sinngebung gelegen haben.
Der Bühnenbildner (Roland Winter) hatte diesmal nicht viel zu
tun, um den Rahmen für das Ballett von Jutta Ebner zu schaffen.
Neben einigen im Aufführungsraum verteilten Tulpen und einem
seitlich sehr herbstlich wirkenden Baum war es eine Rückwand, die
schemenhaft die musikalischen Akteure dahinter mehr
vermuten als
erkennen ließ.
In diesen karg wirkenden Raum brachte die Ente (Kirill
Kalashnikov), ganz enterisch kostümiert (entworfen von Elisabeth
Stolze-Bley), stets flatterndes, aber anmutig wirkendes, musikalisch
begleitetes Leben. Bis unvermittelt eine ebenso wirkungsvoll
gekleidete (von Stolze-Bley entworfen) Gestalt erscheint, die sich
auf die Frage der Ente als Tod (Fumiko Okusawa) zu erkennen gibt.
Den ersten Schreck bei der Ente mildert der Tod mit dem Hinweis,
dass er doch schon immer ihr Leben begleitet, halt nur noch nicht
körperlich in Erscheinung getreten ist. Und soll diese sichtbare
Erscheinungsweise nun bedeuten, dass er die Ente mit sich nehmen
will?
Sie sondiert und merkt, dass dieser Tod doch eigentlich nicht
beängstigend, sondern durchaus freundlich und umgänglich ist.
Worauf sich sogar ein persönlich wirkendes, freundschaftliche
Verhältnis zwischen Beiden entwickelt. Zwar ist man mit Worten
recht
sparsam, mimisch und gestisch aber entwickelt sich da gegenseitiges
Verstehen: der Tod merkt, dass diese Ente bei aller
„Flatterhaftigkeit“ ein eigenständiges Wesen ist. Als er friert,
wärmt die Ente ihn. Sie verbringen einige Zeit miteinander, gehen
zum See, der Tod lernt schwimmen, sie klettern ins Geäst des Baumes
und als die Ente zu frieren beginnt, wird sie vom Tod gewärmt. Ein
geradezu poetisches Stück für Kinder, das vom Schreck über
Freundschaft, Spaß
bis zum schließlichen Abschied reicht, denn der
zeichnet sich unausweichlich ab, wenn auch milde wirkend. Eigentlich
sieht man nur immer die Beiden, von der Musik im angedeuteten
Hintergrund effektvoll und situationsbezogen begleitet. So kreisen
sie umeinander, berühren, umarmen sich, um dann wieder auf Distanz
zu gehen Es scheint ein Spiel, das die beiden miteinander
inszenieren. Ein eigenartiger Ritus. Ein Totentanz?
Der Tod kommt, um die Ente zu holen. Die Ente sträubt sich, ohne
Chance am Ende. Aber das merkt sie schon nicht mehr. Zart
niederrieselnder Schnee stimmt milde. Es ist geschehen. Der Tod
schaute die Ente an. Sie atmete nicht mehr. Sie lag ganz still. Mit
einer Tulpe auf dem Bauch lässt der Tod die entseelte Ente auf einem
Fluss hinab treiben.
Was dieses Ballett sehr anschaulich darstellt, ist also die Frage
nach dem Tod. Irgendwann überlegt wohl jeder Mensch sein Verhältnis
zum Tod und stellt jedes Kind früher oder später eine solche Frage.
Alle Erwachsenen müssen damit rechnen. Wolf Erlbruchs ebenso
warmherziges wie melancholisches Bilderbuch, aus dem Bianca Sue Henne
schon zur Einführung vorlas, kann ihnen die Antwort erleichtern. Und
das von Jutta Ebnother danach choreographierte Ballett gibt auf
seine Art Kindern, aber auch Erwachsenen traurig-freundlich eine
Antwort.
Es war schon interessant zu beobachten, mit welcher
Spannung die
in den ersten Reihen sitzenden Kinder der Handlung folgten und danach
lange Beifall klatschten. Nicht weniger die dahinter sitzenden
Erwachsenen, wohl mehrheitlich deren Eltern. Und die Akteure, von deren Leistung ich außerordentlich beeindruckt wurde - jeder in seinem Bereich - nahmen
den Beifall sichtlich dankend entgegen.
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