Montag, 5. März 2012

Von der Volksbibliothek zur KulturBibliothek:135 Jahre Bibliothek in Nordhausen

Von Barbara Roesch, Mitarbeiterin Amt für Kultur und Tourismus, Stadtverwaltung Nordhausen

Nordhausen (psv) Vor rund 135 Jahren begann die Geschichte der Nordhäuser Bibliothek. Am 10. Februar 1877 öffnete die Volksbibliothek im Waisenhaus mit einem Grundbestand von 245 Büchern. Für 2 Pfennig pro Buch und für eine Woche war es nun alle Bürgern und Bürgerinnen möglich, die Bibliothek zu nutzen.

Allerdings gab es schon vor dieser Zeit bedeutende Privatbibliotheken und Leihbüchereien in Nordhausen, jedoch fehlte es an einer Bibliothek, die den Zugang zu Bildung und Unterhaltung allen Nordhäuser ermöglichte.

1876 war vom „Städtischen Verein“ und der „Gesellschaft zur Förderung der Volksbildung“ die Volksbibliothek ins Leben gerufen worden. Namhafte Bürger wie der Oberbürgermeister, der Realschuldirektor, der Mittelschulrektor, der Rektor der Volksschule, der Brennereibesitzer Oßwald, der Naturforscher Prof. Dr. Kützing und viele andere setzten sich für die Gründung einer Volksbibliothek ein.
Durch die ständige Erweiterung des Buchbestandes genügten die genutzten Räumlichkeiten im Waisenhaus den Ansprüchen nicht mehr. Im Laufe der Zeit waren einige Umzüge notwendig. Schon elf Jahre nach der Gründung konnte sich die Anzahl der Bücher auf 1.300 erhöhen. Im Jahr 1927 waren es bereits 5.500 Bücher. Die Volksbibliothek , die am 18. Februar 1907 in das damals neu geschaffene Museumsgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 – dem heutigen Theaterplatz - zog, erhielt den Namen des gleichnamigen Förderers „Jakob-Plaut-Volksbücherei“. 1934 erfolgte der Umzug in die Domstraße 10 und 1937 in die Ritterstraße 3. Mit der Zerstörung der Stadt Nordhausen blieb auch die Volksbibliothek im April 1945 nicht verschont.

Aber mit einfachsten Mitteln und einem bewundernswerten Idealismus gelang es Hanna Müller, der Leiterin der Volksbibliothek, diese allmählich wieder aufzubauen. Im Jahr 1952 fand die Bibliothek im Neuen Rathaus ein weiteres Domizil für viele Jahre. Dort wurde 1960 die Freihandausleihe eingeführt, denn bis dahin waren die Leser auf die Bedienung durch die Bibliotheksmitarbeiter angewiesen. Das selbstständige Aussuchen der gewünschten Literatur am Regal brachte die Leser einen Schritt weiter in Richtung moderner Bibliothek, die ständig auch damals schon ihre Aufgaben und Ziele immer überarbeitet und erweitert hat. Das Bibliothekswesen der DDR strebte auch die Vernetzung der vorhandenen Bibliotheken auf Stadt- und Kreisebene an, und so aus der Volksbibliothek die Stadt- und Kreisbibliothek.

Durch den Zusammenschluss ergaben sich wieder neue Aufgaben im Bibliothekswesen wie die fachliche Anleitung und Betreuung der Bibliothekare und die Literaturversorgung der Bibliotheken im Landkreis.

Ein weiteres Aufgabengebiet der Bibliotheken war der Leihverkehr – als Fernleihe bezeichnet. Mit sämtlichen Wissenschaftlichen Bibliotheken der damaligen DDR war es zur wissenschaftlichen Arbeit möglich, sich Fachliteratur auszuleihen.

Entsprechend einer Anordnung des Ministeriums für Volksbildung vom 7. Juli 1950 wurden die allgemeinen öffentlichen Bibliotheken auch beauftragt, Kinder- und Jugendbibliotheken zu bilden. Die Einrichtung einer Kinderbibliothek, zunächst im ehemaligen Umkleidehäuschen der Rothleimmühle untergebracht und ab 1968 in der „Flohburg“, war ein Meilenstein in der Bibliotheksgeschichte. Die Kinderbibliothek in der „Flohburg“ galt für lange Zeit als eine der schönsten Bibliotheken im ehemaligen Bezirk Erfurt. Ein Novum in der „Flohburg“ war 1976 die Einrichtung der Phonothek, die den Bestand auf Schallplatten und später Kassetten und nach 1989 auf Compact Disc sowie Videos ausrichtete.

Nach 26 Jahren im Jahr 1978 zog dann die Stadt- und Kreisbibliothek aus dem Neuen Rathaus in die Villa in der Wilhelm-Nebelung-Straße 10, die mehr Platz und bessere Arbeitsbedingungen bot.

Aber es handelte sich hier vornehmlich um ein Wohnhaus und um keine Bibliothek. Durch dringende Reparatur bzw. Sanierungsarbeiten war es erforderlich, die Bibliothek erneut auszulagern und zwar in das Stadthaus. Diese Arbeiten fielen mit der politischen Veränderung in Deutschland zusammen. Entsprechende Förderung ermöglichten eine Komplettsanierung des Gebäudes in der Nebelungstraße und eine Umgestaltung zu einer modernen Bibliothek.

Als Stadtbibliothek „Rudolf Hagelstange“ im Jahr 1992 wiedereröffnet, trägt die Bibliothek seither den Namen des in Nordhausen geborenen Schriftstellers. Die Aufgaben für das Kreisgebiet wurden aufgehoben, da die Gemeindeverwaltungen des Landeskreises ihre Bibliothek im Zuge der Selbstverwaltung wieder übernommen haben.

Bereits seit der Wiedereröffnung 1992 begann man mit der Datenerfassung des Medienbestandes per Computer und im Jahr 1999 konnte die Bibliothek an dem europäischen Projekt ISTAR teilnehmen, das Bibliotheken in Spanien, Irland und in Thüringen, den Aufbau eines Internet-Zuganges verbunden mit den Angeboten ermöglichte.

Das Angebot der Bibliothek wurde ständig mit zeitgemäßen Medien aktualisiert. So lösten die DVDs die Videos, die CDs die Kassetten ab. Nintedo und WII Konsolenspiele sind das aktuellste Angebot.

Das Angebot der vielschichtigen Printmedien wurde durch einen großen Pool an eMedien (eAudio, eBook, eMusik, ePaper, eVideo) ergänzt. Außerdem bietet die Stadtbibliothek Nordhausen neben zehn weiteren Thüringer Bibliotheken seit vier Jahren die Digitale Bibliothek „thuebibnet“ an. Mit einem Nutzerausweis der Stadtbibliothek Nordhausen kann ganz einfach und bequem zu Hause, rund um die Uhr unter der Internetadresse www.thuebibnet.de aus ca. 30 000 eMedien auswählen und die Onleihe genutzt werden.

Das aktuellste zusätzliche Angebot ist der Zugriff auf die Wissensdatenbank „Munzinger“ unter www.Munzinger.de. Eine Beratung dazu bieten die Mitarbeiterinnen der Stadtbibliothek gern an.

Zum Bild: Im Museum am Friedrich-Wilhelm-Platz war die Plaut-Bücherei untergebracht. Quelle: Sammlung Hellberg

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