Mittwoch, 14. März 2012

Wie krank ist der Medien-Journalismus?

Neulich stieß ich im Web auf den Bericht einer doch recht seriösen Kritiker-Zeitung, in dem unter dem Titel „Woran der Medien-Journalismus krankt“ unter anderem zu lesen war: "...Untergegangen in der ungeheuren Berichterstattungswoge rund um den Bundespräsidenten und sein mediales Gebaren waren...die wenigen selbstkritischen Denkanstöße zur Macht und Ohnmacht der Medien. Nicht nur die Causa Wulff zeigt es, auch die mangelnde Aufarbeitung der medialen Rolle bei Ereignissen wie Fukushima, der Erschießung von Osama bin Laden, dem Rücktritt und Comeback-Versuch von Karl-Theodor zu Guttenberg. Der deutsche Medienjournalismus krankt an seiner eigenen Oberflächlichkeit. Als Meta-Journalismus müsste er sich eigentlich herausziehen, unbequeme Wahrheiten aussprechen und dem Aktualitätsdruck sein eigenes Tempo entgegensetzen. Doch das gelingt nur an wenigen Stellen. Obwohl der technische Fortschritt die Grenzen des Medienjournalismus, etwa was den verfügbaren Platz oder die mögliche Reichweite betrifft, enorm erweitert hat, schlägt sich die Disziplin oft noch mit den gleichen Problemen herum wie vor zehn Jahren. Dabei ist ein sichtbarer, ernst zu nehmender Medienjournalismus, der auch über die Medienbranche hinaus wahrgenommen wird, ein wichtiges Indiz für eine funktionierende Presselandschaft...“ (Ende des Auszugs aus Vocer von Anna von Garmissen)

Na also. Und ich meinte schon, ich stünde allein mit meiner Kritik an der Oberflächlichkeit der medialen Berichterstattung. Ich könnte dieser herausgestellten Oberflächlichkeit auch noch die Flüchtigkeit hinzufügen, die möglicherweise der Flut an Vorgängen und Ereignissen geschuldet ist, über die die Sorgfalt und Behandlung eines Themas bis zu ihrer Ergründung – wenn schon nicht Lösung – auf der Strecke bleibt.

Ich will das hier gar nicht so grundsätzlich aufhängen und behandeln, ich wundere mich nur, dass man fortwährend eine andere/neue Sau durchs Dorf treibt auf der Suche nach brandaktuellen Skandalen oder doch spektakulären Vorgängen. Wie gerade vor einigen Tagen die Reaktionen auf die beabsichtigte Kürzung der Solarstromförderung – von der heute schon nichts mehr zu lesen ist. Oder die Ungleichheit bei der Bildung, die immer dann kurz hochkocht, wenn das Ergebnis einer neuen Studie bekannt wird. Oder die Verschwendung von Lebensmitteln, die ja auch nicht das erste Mal Thema war. Es sind Beispiele, die eine kurze Zeit thematisiert werden, ohne nachdrücklich untersucht und erklärt zu werden. Ganz zu schweigen von den Vorgängen im EU-Bereich, der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank oder der Schuldenkrise. Man nimmt sich in den Redaktionen nicht mehr die Zeit zur sorgfältigen Recherche und belässt es bei flüchtigen Mitteilungen. Vielleicht aber wollen das die Leser auch gar nicht so genau wissen? Obwohl sie doch das Ansinnen stellen, gehört zu werden und mitbestimmen zu können.
Ich beklage das deshalb, weil ich kaum noch Zeit finde, angesichts der mich interessierenden Vorgängen nach Gründen und Ursachen zu suchen, die ich in den Medien nicht (mehr) finde. Und auch freimütig zugebe, dass es Entwicklungen und Vorgänge gibt – wie gerade im Bereich der EU – die ich nicht verstehe. Oder einfach kein Verständnis finde wie gegenüber den fortdauernden Problemen im Nahen Osten.
Und weil das so ist, werde ich versuchen, mich wieder einmal auf den „Qualitätsjournalismus“ am Beispiel Paul-Josef Raue und Wolf Schneider zu besinnen und mich wieder einmal mit „Deutsch für Kenner“ zu befassen, damit mir wenigstens das erhalten bleibt. Und überlegen, ob der Medienjournalismus nur schwächelt oder wirklich schon chronisch krank ist.

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