Wer schon mal erlebt hat, wie
sich eine Kuhherde in einer Koppel verhält, wenn sich ein "Bello" – allein oder an der Leine seines Besitzers – in ihr Revier
getraut, könnte angesichts dessen, was sich kürzlich im Bereich der
Medien tat, an eine solche Situation erinnert gewesen sein: eine
Herde friedlicher Kühe findet blitzschnell zusammen und attackiert
den Eindringling. Der samt seinem Besitzer Glück haben muss,
ungeschoren davon zu kommen.
Man mag mir einen solchen
Vergleich nachsehen, der sich mir aufdrängte, nachdem es Generalbundesanwalt Harald Range gewagt hatte, eine Anzeige des
Leiters des Verfassungsschutzes zum Anlass zu nehmen, Ermittlungen gegen
zwei Journalisten – Redakteure von Netzpolitik.org. - einzuleiten,
die sich als Whistleblower betätigten. Blitzschnell solidarisierte
sich die Vielzahl der Medien unter dem Aspekt eines schweren Angriffs
auf die Pressefreiheit, und wehrte sich geschlossen gegen jene, die
es „gewagt“ hatten, die Integrität der beiden Journalisten
anzuzweifeln. Womit man meinte, die Pressefreiheit in Deutschland zu
retten. Die bisherige personelle Konsequenz ist bekannt, nicht aber,
um was es sich bei den gemeinten Veröffentlichungen von
Netzpolitik.org. unter rechtlichen Gesichtspunkten wirklich handelt.
Mir geht es bei diesen
Vorgängen und Überlegungen aber schon gar nicht um die rechtliche
Würdigung dessen, was da veröffentlicht wurde, sondern um die
politische und mehr noch die gesellschaftliche Seite dieser Vorgänge:
da sind oder waren zwei Journalisten, die in den Verdacht gerieten,
sich strafbar gemacht zu haben. Und ohne das Ergebnis einer
entsprechenden Anzeige abzuwarten, formierten sich die Medien und
sehen allein in dieser Anzeige die Pressefreiheit gefährdet. Und da
ist demgegenüber der Verfassungsschutz, die Bundesanwaltschaft und
die Bundesregierung, die angesichts dieser geschlossenen Front der
Medien zu keiner einheitlichen Auffassung findet und lediglich
entdeckt, dass es da unterschiedliche Zuständigkeiten,
Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Weisungsbefugnisse gibt. Was
letztlich doch wohl zu der Frage führt, wie unabhängig (oder
abhängig) die Ermittlungsbehörden in ihrer Arbeit sind? Eigentlich
Fragen, die schon in den sechziger Jahren im Zusammenhang mit der
damaligen „Spiegel“- Affäre hätten geklärt gehört. Dass es
damals nicht geschah und auch diesmal offenbar schwer fällt, lässt
schließen, dass sich zumindest die Politik und ihre Vertreter schwer
tut gegenüber der „Vierten Gewalt“, und deren Geschlossenheit
unter dem Anspruch der Pressefreiheit. (Nicht zu verwechseln mit
„Narrenfreiheit“.) Von der man in vielen anderen Ländern
(Türkei, Saudi-Arabien u.a.) nicht einmal offen zu träumen
wagt.Obwohl man auch dort zumindest „Rechtsstaatlichkeit“ für
sich in Anspruch nimmt.
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