Samstag, 24. Dezember 2011

Zur Überlegung: Gibt es wirklich immer mehr Blöde?

In der „WELT“ vom 22.12.11 stieß ich auf einen Artikel, in dem eine neue Staffel des "Dschungelcamps" mit einem Schauspieler namens „Momo“ angekündigt wird. Ich kenne zwar keinen Momo und kenne auch diese Sendung des RTL lediglich den Namen nach. Und nach den Berichten zu den früheren Fortsetzungen dieser Sendung. Dabei fiel mir immerhin ein Bericht aus dem „Tagesspiegel“ dazu ein, den ich damals im Ordner „Grundthemen der Gesellschaft“ archiviert hatte.

In diesem Artikel vom 24.01.11 beschäftigt sich ein Michael Jürgs unter dem Titel: „Die Robertoblancoisierung der Gesellschaft“ mit der damaligen Staffel des Dschungelcamps und stellt mit der Aussage „Die Blöden gewinnen in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr an Raum“, die Frage: „Woher rührt die Robertoblancoisierung der Gesellschaft? Gibt es immer mehr Blöde? Oder sind die, die es gibt, einfach besser vernetzt?“

Ich wusste zwar bis dahin nicht, was genau man unter „Robertoblancoisierung“ versteht (auch Google bietet da keine genaue Definition) aber was mit „Blöden“ gemeint ist, weiß ich dagegen sehr wohl. Schon weil sich mir die Frage schon hin- und wieder mal aufdrängte.

Hier also beschäftigt sich Michael Jürgs mit Überlegungen dieser Art: Nach einem Rückblick auf die Entstehung von Castingshows (zu denen heutzutage ja wohl auch „Dschungelcamp“ gehört)in ihrer ursprünglichen Form und deren Abläufen im alten Rom, kommt Jürgs zur Gegenwart und schreibt: „Heute ist Rom in den kleinsten Hütten. Sofern diese verkabelt sind. Über das »Dschungelcamp« herzufallen, ist langweilig. Die Show erfüllte - und erfüllt wieder mal - ihren Zweck, die Blöden für Wochen von den Straßen fernzuhalten und diese dadurch sicherer zu machen.“ (Ende des Auszugs).

Und nun steht also im Januar die nächste Staffel bevor und Jürgs Überlegung gewinnt erneut unmittelbare Aktualität. Es wäre wert, mir die Argumentation dieses Menschen erneut vollinhaltlich ins Gedächtnis zu rufen. Nur bin ich mir nicht sicher, ob ich damit nicht wieder einmal mit jemanden in Konflikt komme, der mir eine Urheberrechtsverletzung unterstellt. Eine Passage aber will ich mir doch um des Risikos willen erlauben, weil man sie ziemlich verallgemeinern kann: „Wie viel Dummheit verträgt eine Gesellschaft, ohne dass die demokratische Kultur stirbt? Verblödung ist kein neues Phänomen. Man könnte tatsächlich recht haben mit der Vermutung, dass es damals in der Gesellschaft kaum weniger Blöde gab als heute. Die fielen nicht weiter auf. Jedes Dorf hatte seine eigenen Trottel. Die vom Nachbardorf lernte man nie kennen. Eine Massenbewegung, vernetzt durch eigens für sie produzierte Zeitungen, Zeitschriften und TV-Programme, sind die als Individuen unauffälligen und ungefährlichen Seichtmatrosen erst seit dem Start des privaten Fernsehens, der Stunde Null im Jahre 1984. Bis dahin hatten die Blöden keinen Überblick darüber, wie viele sie waren. Sie ließen allenfalls im engsten Freundes- und Familienkreis die ihnen vertraute Sau raus. Erst an dem Tag, an dem sie eine für die Werbung relevante Zielgruppe wurden, begann ihr Aufstieg.“ (Ende des Auszugs, für dessen Wiedergabe ich Autor und Redaktion um Nachsicht bitte).

Jürgs bezieht im übrigen in seine Betrachtung nicht nur „Dschungelcamp“ oder „Big Brother“ ein, sondern betrachtet deren Unterhaltungswert auch im Verhältnis zu ernsthafteren Senderangeboten wie Talkshows und/oder Wahlsendungen, um im Ergebnis dann zu diesem Begriff der Robertoblancoisierung zu kommen: Viele haben dabei immerhin festen Boden unter ihren Füßen. Wer gemein wäre, würde es mit einem übergeordneten Begriff eine Art von der deutschen Gesellschaft nennen, was aber nichts mit dem üblen alltäglichen deutschen Rassismus zu tun hat. Roberto Blanco steht prototypisch (oder archetypisch) für alles, was peinlich ist und sich peinlich benimmt. Selbst dagegen wäre nichts zu sagen, wenn sich die Peinlichen nur dann peinlich benehmen, sobald sie unter sich sind. Dann wäre ja, logisch nichts peinlich. Aber sie breiten sich aus. Und dazu wiederum kommt mir ein Kommentar zu Jürgs Betrachtung ins Gedächtnis, der da lautet: „Es ist keine Schande, in den Container zu gehen. Es ist aber eine verdammte Frechheit und eine Rücksichtslosigkeit gegenüber der Allgemeinheit, wieder herauszukommen!

Das hier Zusammengetragene mag stellenweise nicht ganz schlüssig wirken (weil aus dem Zusammenhang gerissen), soll aber auch nur den Grundtenor zu dieser unserer Gesellschaft wiedergeben, zu der wir ja alle gehören. Nur sollte sich jeder darüber klar werden, wo er dabei steht. Und also muss jeder für sich entscheiden, ob er Sendungen wie das „Dschungelcamp“ oder ähnliche seinem Anspruch nach unterhaltend findet oder aber doch etwas wählerischer ist.

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