Montag, 19. Dezember 2011

Die Wulff-Hatz nimmt ihren Fortgang

Langsam finde ich grotesk, was da um Bundespräsident Christian Wulff inszeniert wird, um ihn weiter in der Ecke zu halten, in die man ihn gedrängt hat. Inzwischen scheint man sich in interessierten Kreisen einig, dass es weniger von seinen Zu- oder Eingeständnissen als früheren Ministerpräsidenten abhängig ist, ob er schließlich aufgibt, sondern von der Stärke seiner Nerven. Die Vorwürfe gegen ihn – einschließlich der Forderungen auf seinen Rücktritt – von Politikern wie Andrea Nahles (SPD) oder/und einige aus den Reihen der Grünen. Und deren Wiedergabe in den Medien gehen also weiter, wobei letztere ja noch eigenen Frust hineinpacken, wie etwa „Bild“ und „Spiegel“.

Interessant finde ich heute auch den Leitartikel der „Berliner Zeitung“ einer Jutta Kramm, die Christian Wulff eine Chance auf Bewährung im Amt einräumt, weil nach ihrer Meinung die Affäre zu banal, die Krise zu groß und die Regierung zu schwach ist.

Was bei dieser ganzen Kampagne immer wieder auffällt ist einmal die akribische und verbissene Suche nach Fehlern, die Wulff begangen haben könnte. Und das Bemühen der Medien, in ihrer Berichterstattung den Eindruck zu wecken, als würde es sich um Vorgänge handeln, die sich auch auf Wulff als Bundespräsident erweitern lassen würden. Wobei die erwähnte Jutta Kramm in reichlich dozierender und pathetischer Art, belehrt, dass sich ein Bundespräsident nicht selbst Glaubwürdigkeit bescheinigen dürfe, sondern (Auszug aus dem Leitartikel): „ Er lebt zuerst ein politisches, ein öffentlich zu verantwortendes, ein repräsentatives Leben; er vertritt diese Gesellschaft, diesen Staat, er steht für dessen Werte, dessen Grundsätze; er bezieht seine Autorität und seine Glaubwürdigkeit allein daraus. Ein Bundespräsident, der gegen diese Werte verstieße, hätte seine Legitimation verwirkt, denn er beschädigte das Amt und schadete dem Vertrauen in die Politiker. Dass Wulff glaubt, die Entscheidung darüber läge bei ihm, zeigt, wie wenig er seine Rolle kennt.“ (Ende des Auszugs).
Nun ist Christian Wulff seit Juni 2010 Bundespräsident, und hat dieses Amt bisher (natürlich) korrekt und untadelig geführt. Die Vorwürfe im Zusammenhang mit seinem Privatkredit betreffen auch gar nicht diese Zeit. Und Jutta Kramm räumt immerhin ein, dass noch nicht klar ist, wie schwerwiegend die gesetzlichen, die moralischen und die politischen Regelverstöße sind, die er 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident beging. Um aber gleich darauf festzustellen, er habe damals zuerst den niedersächsischen Landtag, und in den vergangenen Tagen auch die deutsche Öffentlichkeit „wenn nicht richtig belogen, so doch zumindest hinters Licht geführt.“ Das ist eine derart spitzfindige, selbstgerechte Argumentation, dass ich an eine Falschmeldung dieser „Berliner Zeitung“ aus dem Jahr 2010 erinnert bin, in der ein Timo Noetzel in wahrheitswidriger Weise beschuldigt wurde, ehrenrührig gehandelt zu haben. Die Zeitung wurde daraufhin auch anwaltschaftlich in Anspruch genommen. Mein Vertrauen in die Seriosität dieser Zeitung wurde durch jenen Vorgang schwer erschüttert und wird nun durch eine Argumentation wie die der Jutta Kramm in genau dieser Zeitung ganz gewiss nicht wieder hergestellt. Seriös war jener Vorgang in der „Berliner Zeitung“ 2010 nicht und als seriös kann ich auch den Leitartikel der Jutta Kramm in eben dieser Zeitung nicht finden. Medien scheinen da aber einen eigenen Kodex von Ehrenhaftigkeit und Moral zu haben. Denn mir fällt eine weitere Passage in diesem Leitartikel ins Auge, der da lautet: „Gerade angesichts der möglichen Folgen darf man nach der Proportion dieser Affäre und der öffentlichen Erregung fragen: Sind wir vielleicht zu rigoros und ein wenig bigott, stellen wir Ansprüche an Politiker, die keiner von uns in der Lage wäre einzuhalten?“ (Ende des Auszugs). Ich denke, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen auf Andere werfen. Christian Wulff jedenfalls wünsche ich, dass er diese Hetzkampagne ohne Blessuren übersteht. Überzeugt bin ich nicht, wie sich aus meinem Eintrag vom 17. Dez. leicht entnehmen lässt.

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