Christlich-jüdisches Gespräch in Frankfurt
Anlässlich des diesjährigen Reformationsgedenkens haben sich
Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz, des Rates der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD), der
Allgemeinen und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands bei ihrem
diesjährigen Treffen heute (6. März 2017) in Frankfurt am Main mit dem
Thema „Reformation, Reform und Tradition“ befasst. Die Teilnehmer haben
die Reformation nicht nur als innerchristliches
Ereignis, sondern auch in ihren gesellschaftlichen und kulturellen
Folgen gewürdigt. Dabei wurde auch die ambivalente Wirkungsgeschichte
der Reformation gerade auch mit Blick auf das christlich-jüdische
Verhältnis und auf den christlichen Antijudaismus in
den Blick genommen.
„Der reformatorische Ruf zur Umkehr als eine das ganze Leben
betreffende Buße schließt notwendig auch das Verhältnis zum Judentum mit
ein“, erklärte der Landesbischof
der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister.
Tragischerweise hätten Luthers späte Äußerungen zum Judentum das
Einfallstor für judenfeindliche Aussagen im Protestantismus bis hinein
ins 20. Jahrhundert gebildet, so Meister weiter.
Bischof Dr. Ulrich Neymeyr (Erfurt) unterstrich, dass die
katholische Erinnerung an die Reformation von „einer tiefen Ambivalenz“
geprägt sei. Die Reformation habe
nicht nur Impulse zur Erneuerung des kirchlichen Lebens gegeben,
sondern auch zur Spaltung der westlichen Christenheit und zu
wechselseitigen religiösen und sozialen Abgrenzungen geführt. „Erst der
ökumenische Dialog der vergangenen Jahrzehnte hat den Blick
dafür frei gemacht, dass die Identität der Kirchen sich nicht in
gegenseitiger Abgrenzung, sondern in der Orientierung am Evangelium
bildet.“
Von Seiten der Rabbiner wurde ausdrücklich gewürdigt, dass die EKD
sich schon im Vorfeld des Reformationsjubiläums von den antijüdischen
Schriften Martin Luthers distanziert
und – wie zuvor schon die katholische Kirche – einen theologisch
begründeten Verzicht auf die so genannte „Judenmission“ erklärt hat. Das
sei ein weiterer, wichtiger Schritt auf dem Weg der Versöhnung von
Juden und Christen.
Die Beschäftigung mit der geschichtlichen Reformation führte zur
Frage, wie das Verhältnis von Tradition und Reform im Judentum und im
Christentum zu bestimmen ist.
Rabbiner und Kirchenvertreter stimmten darin überein, dass es nicht nur
darauf ankomme, eine Tradition zu bewahren, sondern sie für die
Gegenwart fruchtbar zu machen. Die Frage, welche Reformen theologisch
legitim sind und nach welchen Kriterien Reformen durchgeführt
werden können, wurde hingegen sehr unterschiedlich beantwortet.
Seit 2006 treffen sich Vertreter der Allgemeinen Rabbinerkonferenz
Deutschland (ARK) und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland
(ORD) mit Mitgliedern der Deutschen
Bischofskonferenz und des Rates der EKD einmal jährlich zu einem
ausführlichen Meinungsaustausch, an dem auch das Präsidium des Deutschen
Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische
Zusammenarbeit teilnimmt.
Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz am 06.03.2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen