Ein Bericht bei Spiegel.online unter
dem Titel „Luxusgüter-Versand Genex gibt’s ja gar nicht!“
machte mich hellhörig. In der Einführung dieses Berichtes heißt
es (Auszug): „Jacht,
Fertighaus, West-Auto? Alles sofort lieferbar.1956 gründete die DDR
einen skurrilen Versandhandel: BRD-Bürger shoppten bei Genex für
ihre armen Ost-Verwandten – und verschärften den Mangel“ (Ende
des Auszugs). Und das weckte bei mir als damaligen BRD-Bürger
Erinnerungen an meine Ost-Verwandten, die u.a. in einem alten
Fachwerkhaus in Kleinwenden bei Großlohra wohnten. Das
Versandunternehmen Genex spielte in unseren verwandtschaftlichen
Leben ab den siebziger Jahren eine willkommnene Rolle. Es ging dabei
nicht um shoppen bei Genex „für die arme Ost-Verwandtschaft“,
nicht um Jachten, Fertighaus oder West-Auto, es ging schlichtweg um
Erhalt des Lebensstandards und bei meinem Bruder Eduard noch um die
Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Fotograf. Und manches
davon stellte sich mitunter tatsächlich recht skurril dar.
Ein
Beispiel? Das Fachwerkhaus, in dem Bruder Eduard wohnte, wurde
allmählich und schließlich so schadhaft, dass der Boden des
Erdgeschosses durchzubrechen drohte und sich der Kaminkehrer
veranlasst sah, dass die Lieferung von Kohle und festem Brennmaterial
eingestellt wurde, weil auch der Kamin defekt war. Und Bau- und
Reparaturmateria gab es nicht. Umso überraschter waren meine
Angehörigen und auch die informierte Nachbarschaft schien
verwundert, als eines tages nacheinander Kohle in LKW in Säcken
angeliefert wurde und ein anderer LKW Baumaterial brachte. Eine
„Rentnerbrigade“ rückte an und reparierte die ärgsten Schäden.
Genex war tätig geworden auf meine westliche Initiative hin.
Als
weiteres Beispiel erinnere ich mich, dass ich meinem Bruder
Weihnachten 1986 zum Weihnachtsbesuch ein Amateur-Farbfoto-Labor
mitbringen wollte. Weil damals in der DDR noch kaum Farbbilder
hergestellt werden konnten. An der Grenze in Eisfeld beschlagnahmten
die DDR-Zöllner die Amateur-Anlage, weil in der Typenbezeichnung das
Wort „Professional-“ enthalten war. Und das angeblich eine
formale Einfuhrgenehmigung nötig gemacht hätte. (Man tat gut daran,
sich mit den DDR-Zöllner nicht anzulegen,) Ich kam ohne erwartetes
Labor zu Weihnachten nach Kleinwenden. Umso mehr freute sich mein
Bruder, Eduard, als ihm Wochen später der DDR-Zoll die Anlage ins
Haus brachte. Nachdem ich nach meiner Rückkehr vom Weihnachtsbesuch
in der DDR die Genex als Vermittler eingeschaltet hatte. Ich könnte
weitere Beispiele anführen, die nicht weniger skurril wirken. Und
auch den Neid derer auszulösen vermochten, die keine Verbindung nach
dem Westen hatten
Womit
ich mit diesen Beispielen aus meiner Erinnerung deutlich machen will,
dass es damals neben den formalen Wegen mittels der Genex
Möglichkeiten gab, die eben DDR- Bürgern verschlossen blieben, die
keine Verwandten oder Gönner im Westen hatten.
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