Montag, 19. Dezember 2016
Einige Gedanken zu Talkshows
Die
Berichte zum Talkshow-Jahresrückblick der Moderatorin Maybrit
Illner, mit denen ich mich neulich beschäftigte (Eintrag vom 17.12.)
drängten mir Überlegungen auf, die nicht nur diesen Rückblick
betreffen, sondern ganz grundsätzlich die Bedeutung von Talkshows.
Dabei bleibt mir erneut zu bemerken, dass ich die Talkshows Maybrit
Illners nicht nur aus zeitlichen Gründen meide – ich gehe zeitig
zu Bett – sondern auch aus Gründen ihrer persönlichen Darstellung
und der Art ihrer Themenführung. Talkshows in der ARD (Anne Will und
Frank Plasberg) verfolge ich immerhin gelegentlich in „Tagesschau
24“, wobei ich für mich zu der Einsicht kam, dass deren Verläufe
kaum eine Bereicherung meiner politischen Bildung darstellen, und
bestenfalls Unterhaltungswert haben. Dabei verheißen die
Themenvorschauen oft genug hochpolitische Diskussionen und Verläufe
Die es dann aber doch nicht gibt. Oder sie verlaufen anders als
erwartet. In der Vorschau zu Illners Jahresrückblick etwa hieß es,
Krieg, Terror, Flüchtlinge, Brexit und Trump – Fakten des Jahres
2016 würden thematisiert werden. Nach der Show las ich – etwa bei
RP.online (Auszug): „Donald Trump dominierte Illners
Jahresrückblick. Wie konnte er die Wahl gewinnen? Was haben wir nun
zu befürchten? Und wie schafft er es, die Menschen in den Sozialen
Netzwerken mit Lügen und Hass für sich zu gewinnen?“(Ende des
Auszugs). In der WELT vom gleichen Tag (16.12.) liest sich das
allerdings ganz anders (Auszug): „Zu Beginn drohte lähmende
Redundanz, als sich die Runde mal wieder an Donald Trump die Zähne
auszubeißen drohte. Aber selbst Gottschalk, der schon vor der
US-Präsidentenwahl wegen seiner kalifornischen Wahlheimat immer
wieder als US-Experte herhalten musste und nun offensichtlich wieder
für diese Rolle gebucht worden war, hatte darauf keine Lust“(Ende
des Auszugs).
Apropos
Thomas Gottschalk: Ich staune, wie schnell man heutzutage Experte
werden kann: das ging mir schon mal so im lokalen Bereich, als vor
einiger Zeit plötzlich von einen „Journalismusexperten“ die Rede
war, obwohl der Mann doch nur ein normaler Journalist ist (ich will
das nicht weiter kommentieren). Was nun Thomas Gottschalk betrifft,
hatte ihm schon Anne Will im September in ihrer Talkshow die Rolle
eines Experten zuerkannt, als er vor der Präsidentenwahl in den USA
als „Experte für Emotionen und langjähriger Bewohner Kaliforniens
die Frage der Moderatorin beantworten sollte (Zitat): „Wie bekloppt
sind die Amerikaner eigentlich?“ Gottschalk: „Die Amerikaner
seien „ein rätselhaftes Kindvolk“, womit er eigentlich nur ein
Zitat des Karlsruher Philosophen Peter Sloterdijk wiedergab. Und nun,
bei Maybrit Illner, vermag er nur zu erklären (Auszug aus WELT):
„Ich habe 2016 die meiste Zeit in Deutschland verbracht“ und „Ich
kann hier nicht die Amerikaner erklären“ (Ende des Auszugs).
Interessant aber war die Aussage Gottschalks, als es um die
verbliebenen Fakten des Jahres 2016 ging, zu denen es hieß, die
Angst geht um und wird bei vielen zu Wut. Wahrheit und Vertrauen
werden verzweifelt gesucht – doch am Ende siegen Lügen und
Populismus? Woher kommt die wachsende Furcht vor Veränderung? Welche
Werte gilt es zu schützen? Und wohin steuern wir 2017? (Gottschalk
laut ZDF am 16.09): „Ich merke, dass ich nichts weiß, obwohl ich
Zeitung lese. Ist Snowden ein Freiheitskämpfer oder ein
Vaterlandsverräter? Ist der Euro ein Gewinn oder nicht? Man verliert
zusehends den Überblick. Die Politik ist nicht in der Lage zu
erklären und gerät zusehends selbst unter Druck. Das führt zu
einer Ängstlichkeit, die auch mich erfasst hat.“ (Ende des
Auszugs). Interessant dabei finde ich, dass sich diese Aussage
Gottschalks auch im Bericht der WELT findet, allerdings ohne die
Bemerkung „obwohl ich Zeitung lese“. Warum wohl? Ich denke, um
den Eindruck zu vermeiden, dass auch Zeitungen keine Klarheit
(Wahrheit) mehr vermitteln, und die Menschen in ihrer Unsicherheit
allein lassen. Gottschalk laut ZDF: „Ich glaube, die Menschen sind
nicht wütender und nicht schlechter als früher, aber sie sind
ängstlicher.“ Und auch Talkshows schaffen da bisher keine Abhilfe
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