Zunächst
einige Bemerkungen in eigener Sache: mein Blog gleicht seit geraumer
Zeit mehr einem Mitteilungskanal statt einem solchen mit persönlichen
Einträgen. Die Ursache dafür sind nach wie vor die
Anästhesie-Nachwirkungen meiner jüngsten Auszeit. Ich bin insoweit
sehr froh über den derzeit in Leipzig stattfindenden
Anästhesiecongress, der sich insbesondere auch mit „Klarheit nach
OP und Kommunkation“ befasste. Dem Thema war zu entnehmen, dass
sich Anästhesie-Nachwirkungen
auch im fortgeschrittenem Alter des Patienten allmählich
verflüchtigen. Tröstlich für mich. Es braucht halt seine Zeit.
Nun
gibt es ja gerade derzeit im Lande Ereignisse und Vorgänge, die
einem ambitionierten Beobachter einen tunlichst klaren Kopf und
Verstand abverlangen. Oder ist im Zweifel doch alles Satire? Noch vor
wenigen Wochen redete niemand von einen Jan Böhmermann, inzwischen
ist zumindest sein Name der bekannteste in Deutschland, wohl auch in
der Türkei und auch sonst in vielen Ländern. Ging es bei und von
ihm zunächst um Satire gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep
Tayyip Erdoğan, die schon die Frage aufkommen ließ, wo deren
Grenze liegt (siehe meinen Eintrag vom 31. März: „Im Zweifel
einfach immer Satire“), geht es inzwischen um ein Schmähgedicht,
mit dem Böhmermann bewusst den türkischen Präsidenten Recep Tayyip
Erdogan beleidigte. Was sich daraus entwickelte ist inzwischen ein
ausgewachsener politischer Konflikt, die Medien berichteten ja
überaus ausführlich und auch teilweise kontrovers.
Es geht dabei neben Satire
nach dem Verständnis dessen, der sich ihrer bedient um unbegrenzte
Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland. Die meines Erachtens zur
Narrenfreiheit tendiert. Von Verantwortung all derer, die sie für
sich in Anspruch nehmen, lese und höre ich nämlich so gut wie
nichts.
Bis dahin ist das meines
Erachtens noch eine auf Deutschland begrenzte Problematik, sogar auf
bürgernahes Niveau zugeschnitten, die Kommentare lassen es erkennen.
Dass man sich dann aber in Politik und den Medien aufschwingt, die
Berechtigung jenes Schmähgedichts gegen Erdogan mit den
Verhältnissen in der Türkei in Verbindung zu bringen und sogar
dessen sehr persönlichen Inhalt verteidigt, halte ich für
selbstherrlich und überheblich. Da glaubt sich ein arroganter
Satiriker aufgerufen, den türkischen Präsidenten mit einen
Schmähgedicht aus der untersten Schublade attackieren zu dürfen und
Politiker und Medien halten das durch die Presse- und
Meinungsfreiheit gedeckt oder gar begrüßenswert. Und weil es
dagegen einen § 103 STGB gibt, soll der abgeschafft werden. Damit
dergleichen zukünftig auch gegenüber anderen missliebigen
Staatsoberhäuptern möglich wird. (Russlands Präsident Putin soll
sich schon mal auf ähnliches vorbereiten). Warum fällt mir da wohl
ein Lied aus früheren Zeiten ein, das in etwas abgewandelter Form
lautet: „...und heute da hört uns Deutschland, und morgen die
ganze Welt“? Will man also heute auf denkbar zweifelhafte
satirische Weise zum Lehrmeister autokratischer Staatsmänner in
ihren Ländern werden?
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