Dienstag, 19. April 2016

Großes Lamento um Islam-Auffassung der AfD

Anlässlich der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt im vergangenen Monat wunderte man sich in den Medien über das gute Abschneiden dieser Partei. Und monierte, dass die Partei noch nicht einmal ein Parteiprogramm hat. Dabei glaubte man doch noch im Vorfeld, alles getan zu haben, um glauben zu machen, dass die Partei nicht wählbar ist.

Nun kennt man zumindest Teile eines solchen Parteiprogramm-Entwurfs, der demnächst in Stuttgart im Rahmen eines Parteitages zur Debatte und Abstimmung steht. Und empört sich schon mal über deren Inhalte. Vornehmlich um ihre Auffassung zum Islam in Deutschland. Der angeblich als Religion unvereinbar mit der freiheitlichen Verfassung Deutschlands sei. Dabei soll es auch darum gehen, Symbole des Islams aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Im Spiegel-online wird die AfD-Position zum Islam schon mal einem Faktencheck unterzogen.

Spätestens hier scheint es mir angebracht, meine eigene Position sowohl zur AfD, als auch zum Islam zumindest zu erwähnen: ich habe keine. Und weil das so ist, stehe ich quasi an der Peripherie des Geschehens und wundere mich. Zum Beispiel darüber, dass die Medien in breiter Front die AfD attackieren und versuchen, sie in die rechtsextreme Ecke zu drängen. Und sie trotzdem (oder gerade deshalb?) weiter Zulauf erhält. Und ich wundere mich nicht weniger, dass man in den Medien zur Auffassung der AfD zum Islam in Deutschland so tut, als sei der Islam in Deutschland längst fest integrierter Bestandteil der Religionsausübung, die nun von der AfD in Frage gestellt wird.

Und ignoriert geflissentlich, dass es noch vor wenigen Jahren heftige Debatten zu diesen Themenkomplex gab, ausgelöst durch den einstigen Bundespräsidenten Christian Wulff, der am 3. Oktober 2010 zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung in seiner Rede feststellte, der Islam gehöre inzwischen zu Deutschland. Die eigentlich erst 2014 langsam versiegten, ohne dass man zu einen einheitlichen Ergebnis gekommen war.

Interessant war zum Beispiel damals die Meinung des stellvertretenden Chefredakteurs von „Cicero“, Alexander Marquier der im August 2014 äußerte (Auszug): „Denn ob „der Islam“ tatsächlich „zu Deutschland“ und seiner freiheitlich-demokratischen Grundordnung gehört, das ist dann so eindeutig eben doch wieder nicht. Denn „der Islam“ umfasst keineswegs nur die Millionen friedlichen, friedliebenden und den verfassungsrechtlichen Wertekonsens respektierenden Muslime in Deutschland, sondern alle Facetten einer Religion, die dort, wo sie zur vollen Entfaltung kommt, verlässlich ihre totalitären Züge zeigt. Und in deren Namen auch jetzt wieder – und zwar auf deutschem Boden – zum Mord an Andersgläubigen aufgerufen wird. Wenn „der Islam“ zu Deutschland „gehört“, dann muss man wohl oder übel auch jenen Imam dazuzählen, der unlängst in der Berliner Al-Nur-Moschee predigte: „Tötet sie bis zum Letzten.“ Gemeint waren natürlich die Juden.“(Ende des Auszugs). Erinnert sei immerhin, dass sich damals auch Alice Schwarzer, Günter Wallraff und sogar Wulffs Nachfolger im Amt, Joachim Gauck ablehnend oder doch mit Vorbehalten zu der Feststellung Christian Wulffs äußerten. „Spiegel-online“ am 31.05.12 (Auszug): „Bundespräsident Joachim Gauck hat sich von der Einschätzung seines Vorgängers Christian Wulff distanziert, der Islam gehöre zu Deutschland. Diesen Satz könne er so nicht übernehmen, "aber seine Intention nehme ich an", sagte Gauck in einem Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit". (Ende des Auszugs) . Warum dann heute das große Lamento?

Sehr viel sinnvoller wäre es, sich sachlich und ohne Emotionen mit dem Entwurf des Parteiprogramms der AfD auseinander zu setzen – nicht nur zu deren Islam-Auffassung – und mit deren Vertretern darüber zu diskutieren. Oder weiter auf die AfD einhauen, sich dann aber nicht wundern, wenn die Partei weiter Zulauf erhält. Die Bundestagswahl im nächsten Jahr könnte dann noch einige überraschende Ergebnisse bringen.

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