„Vorher und
Nachher“ im Kunsthaus – ein Eintauchen in die Gedankenwelt der
Künstler des Impressionismus und Expressionismus. Auch so hätte man
die Lesung aus Werken, vor allem
aus Briefen von wichtigen Vertretern
des Impressionismus und Expressionismus ankündigen können, die mehr
war als eine Ergänzung zu der derzeitigen, vielbeachteten
Ausstellung im Kunsthaus. Die von Anja Eisner vorgenommene Auswahl
aus der Vielzahl vorhandener Werke – hier von Gauguin über
Kandinsky, von Marc bis hin zu Modersohn-Becker -, der Vortrag in
diesem Raum – an den Wänden die Werke der Impressionisten – ließ
eine knisternde Atmosphäre aufkommen. Man hätte eine Nadel fallen
hören und am Schluss hatten einige der Zuhörer Tränen in den
Augen, als sie sich bei Anja Eisner für diese Stunden bedankten -
Stunden, die sicher zu den Höhepunkten der Veranstaltungen des
Kunsthauses in diesem Jahr zählen werden. In teils drastischer
Darstellung brachte Paul Gauguin in seinem Werk „Es sprach der Mond
zur Erde“ -
..‘Ich wollt, ich wäre ein Schwein‘ ..über ..‘Ich
habe ein nacktes junges Mädchen
gemalt. In dieser Stellung bräuchte es nur eine Kleinigkeit und sie
wäre schamlos‘ .. – dem Pariser Publikum die geheimnisvolle Welt
Tahitis nahe, versuchte Verständnis für seinen Entwurf vom
natürlichen Leben und der freien Liebe zu wecken und gab damit
zugleich den Schlüssel für das Verständnis seiner Malerei. Nach
Auszügen aus „Der Blaue Reiter“ zu dem Verständnis und der
Sicht Kandinskys zu der gleichnamigen Künstlervereinigung und seiner
Art der Darstellung folgten Briefe von Franc Marc – wenn man so
will eine Kurzfassung zu seinem Leben, seinem Werden und auch seinem
frühen Tod im „Feld der Ehre“. Wer wusste schon, dass Marc mit
17 noch Pfarrer werden wollte, mit 18 sich als Künstler einschätzte
und mit 20 diese Gewissheit hatte? Auch er versprach sich von dem
bevorstehenden Krieg „Reinigung“ und Erneuerung – und so war
der Brief am 3. August 1914 kurz: "Ich
rücke am Donnerstag ein." und "... nun müssen wir einmal
schweigen und die Weltgeschichte reden lassen". Auf der einen
Seite Optimismus und Hoffen auf die Beseitigung der verkrusteten
Strukturen, auf der anderen Seite gewisse Ahnungen. Er bat um die
Sicherung seiner Werke vor Vernichtung. Weiter eine
zunehmende
Verstörung, die mit der Nachricht vom Tod seines Freundes August
Mackes bereits im September 1914 ihren Höhepunkt erreichte. Auf der
anderen Seite Briefe voller Liebe, voller Sehnsucht an seine Frau,
Gedanken an die Heimkehr, an Zuhause. "Sorg Dich nicht, ich komm
schon durch", so im Februar 1916 und zu Beginn der Schlacht vor
Verdun. Und wenige Stunden vor seinem Tod am 4. März 1916 notiert er
die erschütternden Zeilen: „Seit Tagen sehe ich nichts als das
Entsetzlichste, was sich Menschengehirne ausmalen können.“ Die
Lesung schloss mit ‚Momenten‘ aus dem Leben von Paula
Modersohn-Becker, ausgehend von den Zeichenstunden bei sehr strengem
Lehrer bis hin zu dem Zustand gekennzeichnet von ‚voller Lebenslust
und Zuversicht, das Weib in sich erwachend‘. 1907 schrieb sie,
jetzt schon auf dem Weg zum Expressionismus: ‚….man muss den
Impressionismus verdaut haben…‘. Fast ein Schlusswort! Doch die
Ergriffenheit der Zuhörer, die Tränen in den Augen zeigten, dass
diese Lesung und die Eindrücke noch nachwirken werden und eben nicht
schnell verdaut sind. Es bleibt der Wunsch nach weiteren Lesungen,
die eben mehr sind als nur eine die Ausstellung begleitende
Veranstaltung. Es sei Frau Dr. Anja Eisner nochmals im Namen aller
Teilnehmer gedankt.
Dr. Wolfgang R.
Pientka
Vorsitzender des KUNSTHAUS
MEYENBURG Fördervereins
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