WSI-Datenbank liefert neue Daten für alle Kreise und Städte
Atypische Beschäftigung: Weitere Zunahme bei Teilzeit und Leiharbeit, Verbreitung von Mini-Jobs geht zurückDer Arbeitsmarkt hat sich im Jahr 2015 positiv entwickelt. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Vollzeit ist deutlich gewachsen. Noch stärker hat allerdings die atypische Beschäftigung zugenommen. Daher ist der Anteil von Teilzeitstellen, Leiharbeit und Minijobs an der Gesamtbeschäftigung erneut ein wenig gestiegen und befindet sich auf dem höchsten Stand seit 13 Jahren.
Unterm Strich waren 2015 rund 39,3 Prozent aller abhängigen Hauptbeschäftigungsverhältnisse (ohne Beamte und Selbständige) solche atypischen Jobs, 2014 lag der Anteil bei 38,9 Prozent. In manchen westdeutschen Städten und Landkreisen liegt die Quote sogar bei mehr als 50 Prozent. Das zeigen neue Auswertungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Basis für die Untersuchung ist die WSI-Datenbank „Atypische Beschäftigung“. Über die Datenbank sind die neuesten Zahlen für die gesamte Bundesrepublik, die einzelnen Bundesländer, alle Landkreise und kreisfreien Städte online abrufbar.
„Insbesondere die Zahl der Teilzeit- und Leiharbeiter hat 2015 zugenommen“, beschreibt Dr. Toralf Pusch, Arbeitsmarktexperte des WSI, den aktuellen Trend. Die Zahl der oft besonders schlecht bezahlten und abgesicherten Minijobber im Haupterwerb habe hingegen erstmals seit längerem deutlich um etwa 162.000 Beschäftigte abgenommen.
Das WSI wertet für seine Datenbank die neuesten verfügbaren Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus, die als einzige Quelle alle abhängigen Beschäftigungsverhältnisse regional differenziert registriert. Die vom WSI berechnete Quote der atypischen Beschäftigung ist höher als die vom Statistischen Bundesamt berichtete Quote. Dies liege vor allem an einer umfangreicheren Erfassung von Teilzeitarbeitsverhältnissen durch die BA, erklärt Pusch. Die BA, deren Daten das WSI nutzt, stütze sich auf die Meldungen von Arbeitgebern, für die wiederum die gesetzliche Definition von Teilzeitbeschäftigung gilt. Demnach liegt Teilzeitbeschäftigung dann vor, wenn die regelmäßige Wochenarbeitszeit eines Arbeitnehmers kürzer ist als die einer vergleichbaren Vollzeitkraft. Das Statistische Bundesamt spreche hingegen nur dann von Teilzeit, wenn die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 21 Stunden beträgt, so Pusch. Außerdem seien Schüler, Studenten und Rentner bei den Zahlen des Statistischen Bundesamtes ausgeklammert, in der amtlichen Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur seien sie dagegen berücksichtigt, nur Beamte und Selbstständige seien hier nicht erfasst.
Am stärksten verbreitet ist atypische Beschäftigung in den westdeutschen Flächenländern: Schleswig-Holstein liegt mit 43,1 Prozent vorn, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 42,2 und Niedersachsen mit 41,7 Prozent. Auf Stadt- und Kreisebene kommt Delmenhorst mit 54,1 Prozent auf die höchste Quote atypischer Jobs. Ein Anteil von 50 Prozent wird auch in den Kreisen Osterholz, Neustadt an der Weinstraße, Kusel, Rhein-Pfalz-Kreis und Landshut überschritten. Im Osten Deutschlands liegen die Werte meist etwas darunter. Pusch führt dies auf andere Erwerbsmuster vor allem bei Frauen zurück. Am niedrigsten ist der Anteil atypischer Beschäftigung in Thüringen mit 36 Prozent, auch hier gab es aber im Jahr 2015 eine Steigerung um 0,4 Prozentpunkte. Insgesamt scheinen sich die Erwerbsmuster in Ost und West also weiter anzunähern.
Den WSI-Daten zufolge arbeiteten 2015 etwa 22,4 Prozent aller abhängig Beschäftigten in Teilzeitjobs. Diese Gruppe machte damit den größten Anteil der atypischen Beschäftigung aus. Längst nicht jede Teilzeitbeschäftigung sei prekär, betont Pusch. Doch häufig entspreche Teilzeitarbeit nicht den tatsächlichen Arbeitszeitwünschen der Beschäftigten. Einen Minijob als Hauptverdienst hatten laut WSI 14,4 Prozent der Beschäftigten. Hier gab es im Jahr 2015 einen Rückgang um 0,7 Prozentpunkte.
Rainer Jung Abt. Öffentlichkeitsarbeit, Hans-Böckler-Stiftung
Mitteilung
des idw – wissenschaftlichen Dienstes am 26. April 2016
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen