Mammographie-Screening
in Deutschland: Neuer Evaluationsbericht der Kooperationsgemeinschaft
Mammographie bestätigt den positiven Trend der Vorjahre des
Programms.
04.02.
2015 / Berlin. Bei rund 17.000 Frauen wurde innerhalb eines Jahres im
Mammographie-Screening-Programm Brustkrebs entdeckt. Rund 12.000 der
aufgespürten Karzinome sind kleiner als 2 Zentimeter und haben die
Lymphknoten noch nicht befallen. Damit bietet sich für viele
Screening-Teilnehmerinnen die Chance auf eine weniger aggressive,
erfolgreiche Behandlung.
„Der Anteil kleiner und
lymphknotenfreier Karzinome ist hoch. Wir gehen davon aus, dass sich
entsprechend die Anzahl der fortgeschrittenen Tumore reduzieren
wird“, betont Dr. Vanessa Kääb-Sanyal, kommissarische
Geschäftsstellenleiterin der Kooperationsgemeinschaft Mammographie.
„Unsere Daten zeigen auch, wie effektiv das
Mammographie-Screening-Programm in Deutschland arbeitet. Auf der
einen Seite finden wir bei durchschnittlich 6 von 1.000 untersuchten
Frauen Brustkrebs mehrheitlich in einem prognostisch günstigen
Stadium, auf der anderen Seite können wir die Belastung für gesunde
Frauen möglichst gering halten.“
Von den 130.000 zur
Abklärung einer Auffälligkeit einbestellten Frauen im Jahr 2011
wird bei nur 34.000 Frauen eine Gewebeentnahme erforderlich. Die
Hälfte dieser Frauen erhält die Diagnose Brustkrebs, das sind 13
Prozent aller Frauen, die zur Abklärung eingeladen wurden. „Im
Gegensatz zu anderen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, die auch
Fehlalarme, also falsch-positive Befunde produzieren, haben wir für
das Mammographie-Screening verlässliche Zahlen, die regelmäßig in
unseren Berichten veröffentlicht werden“, betont Kääb-Sanyal.
Für
eine hohe Transparenz in der Darstellung der Ergebnisse sorgt der
Evaluationsbericht 2011. Erstmals umfasst die Präsentation neben
prozentualen Angaben für die Leistungsparameter wie Einladungs- und
Teilnahmerate, Stadienverteilung der Karzinome und
Wiedereinbestellungen auch die Angabe in so genannten absoluten
Zahlen. Ein Beispiel: Die Teilnahmerate in 2011 betrug 56 %, das
entspricht rund 2,7 Millionen untersuchten Frauen.
Kääb-Sanyal:
„Frauen sollten informiert sein über die Vor- und Nachteile, die
mit einer Teilnahme am Mammographie-Screening verbunden sein können.
Ein früh erkannter Brustkrebs bietet für die Frau die Chance auf
eine schonendere Therapie. Zudem kann sie ihr Risiko, an Brustkrebs
zu sterben, durch die Früherkennung im Screening senken.“ Das
zeigen aktuelle Auswertungen aus den schon länger laufenden
Mammographie-Screening-Programmen wie den Niederlanden1 und Kanada2.
Diese Auswertungen bestätigen die Ergebnisse aus großen
Kontroll-Studien, die in mehreren Ländern bereits vor der Einführung
der Screening-Programme durchgeführt wurden. Darauf stützte sich
auch der einstimmige Bundestagsbeschluss 2002, das
Mammographie-Screening in Deutschland umzusetzen.
„Das
Mammographie-Screening in Deutschland arbeitet erfolgreich“, betont
Kääb-Sanyal. Die Vorgaben der Europäischen Leitlinien zur
Qualitätssicherung zur Brustkrebsfrüherkennung werden mit sehr
guten Ergebnissen erfüllt. „Die konsequente Umsetzung der
Qualitätssicherung unter anderem mit Doppelbefundung, Fortbildungen
für ÄrztInnen und medizinisch-technische radiologische
AssistentInnen, Überprüfungen der fachlichen Qualifikation, der
Mammographiegeräte sowie der Abläufe in den Screening-Praxen zahlen
sich aus für die Frauen, die sich für eine Mammographieuntersuchung
zur Brustkrebsfrüherkennung im Rahmen dieses Programms
entscheiden.“
Der Vergleich der Daten vor der
Einführung des Screenings (2005) mit den aktuellen Ergebnissen aus
dem Programm zeigt ein klares Bild. Bis 2005 sind jährlich mehr als
4 Millionen Mammographien durchgeführt worden. Zu dieser Zeit lag
der Anteil der invasiven Karzinome (bösartige Gewebeänderungen, die
in das umgebende Gewebe hineinwachsen) unter 2 Zentimeter nur bei
knapp 50 Prozent. Im Screening hingegen beträgt der Anteil nun rund
81 Prozent. Ohne Lymphknotenbefall waren vor Einführung des
Programms lediglich 57 Prozent der Karzinome, heute sind es rund 79
Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil des Brustkrebses in einem
„späten“, prognostisch ungünstigen Stadium im Screening
deutlich niedriger als vor Screening-Beginn. Finden ÄrztInnen im
Programm nur noch rund 23 Prozent der invasiven Karzinome größer
als 2 Zentimeter oder mit Lymphknotenbefall vor, waren es 2005 noch
rund 55 Prozent.
„Wir haben viel erreicht, einiges liegt
noch vor uns“, sagt Kääb-Sanyal. Bundesweit lassen sich zurzeit
noch keine Aussagen darüber treffen, wie hoch der Anteil der so
genannten Intervallkarzinome ist, also derjenigen Brustkrebsfälle,
die nach einer Screening-Untersuchung mit einem unauffälligem
Ergebnis dann vor dem nächsten Screening-Termin festgestellt werden.
Die in ersten Auswertungen für Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen
ermittelten Intervallkarzinomraten, liegen im Referenzbereich der
Europäischen Leitlinien und sind vergleichbar mit Ergebnissen
anderer Screening-Nationen.
Aktuell viel diskutiert wird über
„Überdiagnosen“ beziehungsweise „Übertherapien“. Dabei
handelt es sich um Karzinome oder Brustkrebsvorstufen, die behandelt
werden, aber bis zum Todeszeitpunkt der Frau mutmaßlich keine
lebensbedrohliche Entwicklung genommen hätten. Doch kann für die
einzelne Frau medizinisch nicht vorhergesagt werden, wie sich das
Karzinom entwickeln wird. Die Schätzungen zur Häufigkeit von
Überdiagnosen variieren in der Wissenschaft, je nachdem, auf welche
Modellrechnungen sie beruhen. Für das deutsche Programm lassen die
derzeit verfügbaren Daten der epidemiologischen Krebsregister
vermuten, dass der Anteil der Überdiagnosen nicht im Bereich von 50
Prozent liegt, sondern deutlich niedriger ist. Denn: Mit der
Einführung des Programms steigt die Anzahl registrierter
Neuerkrankungen erheblich an: Durch das systematische Screening
werden zunächst viele bestehende Karzinome gefunden, die ohne die
Untersuchung im Programm zu diesem Zeitpunkt nicht entdeckt worden
wären. Doch mit der flächendeckenden Umsetzung des Programms seit
2009 zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Neuerkrankungsrate.
Diejenigen Karzinome, die ohne die Screening-Untersuchung erst später
entdeckt worden wären, treten nun nicht mehr auf. Für eine
belastbare Schätzung von Überdiagnosen muss allerdings die
Entwicklung der nächsten Jahre abgewartet werden.
Auch für
die Aussage, in welchem Maß die Brustkrebssterblichkeit durch das
Mammographie-Screening in Deutschland gesenkt werden kann, müssen
die Ergebnisse abgewartet werden. Erst nach 10 bis 15 Jahren Laufzeit
zeigen sich solche Effekte eines Krebsfrüherkennungsprogramms. 2012
hat das Bundesamt für Strahlenschutz ein entsprechendes
Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben.
Quellen:
1 Health
Council of the Netherlands. Population screening for breast
cancer:expectations and developments. The Hague: Health Council of
the Netherlands, 2014; publication no. 2014/01E.
2 Coldman A.,
Pan-Canadian Study of Mammography Screening and Mortality from Breast
Cancer. JNCI J Natl Cancer Inst (2014) 106 (11):
dju261
Hintergrund:
Krebs in Deutschland |
Brustkrebsneuerkrankungen
Jährlich erkrankten über 70.000 Frauen
in Deutschland neu an Brustkrebs (Robert Koch-Institut 2010); rund
17.500 Frauen sterben jedes Jahr daran. Mit zunehmendem Alter steigt
das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.
Kooperationsgemeinschaft
Mammographie:
Die Kooperationsgemeinschaft Mammographie ist in
gemeinsamer Trägerschaft von den gesetzlichen Krankenkassen und der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im August 2003 gegründet
worden. Ihre Aufgabe ist die Koordination, Qualitätssicherung und
Evaluation des Mammographie-Screening-Programms. Im Jahr 2005 gingen
die ersten Screening-Einheiten an den Start. Seit 2009 ist das
Programm in Deutschland flächendeckend umgesetzt.
Die
Evaluations- und Qualitätsberichte der Kooperationsgemeinschaft sind
veröffentlicht im Online-Fachservice
unter http://fachservice.mammo-programm.de.
Frauen können sich informieren unter www.mammo-programm.de
Eine
Mitteilung des idw – wissenschaftlichen Dienstes am 04.02.2015
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