Darmstadt/Dresden,
6. Februar 2015. Worüber spricht das Web? Welche Themen werden am
häufigsten geteilt? Und über welche Plattformen? Das untersuchen
Forscher der TU Darmstadt und der TU Dresden in einer Langzeitstudie.
Die Zahl der Nachrichten-Empfehlungen wuchs gegenüber 2013 auf mehr
als das Doppelte. Am häufigsten geteilt: Berichte über Gewalt und
Verbrechen – und ein zum Nachdenken anregendes Zeitgeist-Video aus
dem Bielefelder Hörsaal-Slam.
„Eines
Tages werde ich alt sein, Baby, und an all die Geschichten denken,
die ich hätte erzählen können“, so Poetry-Slammerin Julia
Engelmann in ihrem Vortrag beim Bielefelder Hörsaal-Slam. Der
Stern.de-Bericht über den technisch einfach produzierten,
fünfminütigen Wortbeitrag wurde zur Lieblings-Geschichte, die die
Internet-Nutzer 2014 weitererzählten: 288.092 „Likes“ bekam sie
auf der Social-Media-Plattform Facebook – unangefochtene Spitze
unter den insgesamt 476.000 Internet-Artikeln, die die Forscher im
vergangenen Jahr auswerteten.
Für die Studie wurden im Jahr
2014 Artikel aus den beliebtesten 15 Internet-Seiten berücksichtigt,
etwa 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Leserinnen und Leser gaben
diese 476.000 Beiträge 75,4 Millionen Mal über Likes auf Facebook,
5,7 Millionen Mal über Tweets auf Twitter und 1,9 Millionen Mal über
One ups auf Google+ weiter. Dabei setzten sich grundsätzliche Trends
fort, die sich bereits seit 2012 in der Studie abzeichnen. „Twitter
hat bei der Nachrichtenweitergabe an Boden verloren, während
Facebook seinen Marktanteil ausbauen konnte“, so Professor Thorsten
Strufe von der Fakultät Informatik der TU Dresden. Rund 91 Prozent
der empfohlenen Nachrichten wurden über Facebook weitergereicht
(2013: 84,8 Prozent), nur noch 6,9 Prozent über Twitter (2013: 12,4
Prozent) und beinahe konstante 2,6 Prozent über Google+ (2013: 2,8
Prozent). „Diese Entwicklung könnte zu einem Monopol für Facebook
bei der Nachrichtenweitergabe in Sozialen Netzen führen“, sagt
Professor Oliver Hinz, Fachgebietsleiter im Bereich Electronic
Markets an der TU Darmstadt.
Trotz der deutlich unterschiedlichen
Marktanteile: Rund 71 Prozent aller Artikel in den
Top-15-Internet-Medien wurden über Facebook weitergeben, und fast 79
Prozent mindestens einmal über Twitter. „Das deutet darauf hin,
dass über Twitter eher auch Nischenthemen diskutiert werden, während
die ,Mainstream-Themen‘ über Facebook geteilt werden“, so
Hinz.
Die Zahl der Empfehlungen hat sich gegenüber dem
Vorjahr mehr als verdoppelt. Rund 83 Millionen Mal (2013: knapp 40
Millionen Mal) reichten Nutzerinnen und Nutzer Artikel weiter. Die
beliebteste Quelle war mit 19,3 Millionen Empfehlungen die Website
Bild.de, die das Angebot Spiegel Online (17 Millionen Empfehlungen)
damit von Platz eins verdrängte. Zum ersten Mal schaffte es auch die
Special-Interest-Seite Sport1.de unter die zehn bestplatzierten
Internet-Medien. „Wie schon im Vorjahr haben wir für die zehn
beliebtesten Internet-Medien eine Zunahme in der absoluten Zahl der
Empfehlungen beobachtet“, sagt Benjamin Schiller, Mitarbeiter an
der Professur Datenschutz und Datensicherheit der TU Dresden.
Obwohl
Spiegel Online seinen Spitzenplatz einbüßte, ist die Seite in der
Ressortauswertung bei drei von fünf Kategorien weiter vorn: Geht es
um Nachrichten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und
Wissenschaft, verbreiten Nutzerinnen und Nutzer am liebsten Meldungen
von Spiegel Online. Bild.de ist führend im Bereich Sport, im Ressort
Technik behauptete Heise.de seine Marktführerschaft aus dem
Vorjahr.
Je nach Thema haben Nutzerinnen und Nutzer nicht nur
ihre Lieblingsquellen für Nachrichten, die sie teilen, sondern auch
starke Vorlieben für die gewählte Social-Media-Plattform, über die
sie dies tun. Google+ wird mehr und mehr die Plattform der Wahl bei
technikaffinen Nutzerinnen und Nutzern, stellten die Forscher in
ihrer Studie fest. Twitter verliert hier weiter an Boden: „Wir
erwarten, dass Google+ Twitter mit seiner Funktionalität und
Zielgruppe angreift“, sagt Hinz.
Unter den am meisten über
Facebook geteilten Berichten fanden sich vergleichsweise viele über
Gewalttaten und Verbrechen; politische Themen liefen verstärkt über
den Kurznachrichtendienst Twitter.
Die kontinuierliche
Datensammlung zur Studie „Development of the Social Network Usage
in Germany since 2012“ begann Anfang 2012. Den Forschern der TU
Darmstadt und der TU Dresden geht es vor allem darum, verlässliche
Zahlen für die Nutzung der Sozialen Netzwerke zu gewinnen. Die
reinen Nutzer-Statistiken seien wenig aussagekräftig, da viele User
beispielsweise mehrere Accounts anlegten. Die wirkliche
Nutzungs-Aktivität, die sich zum Beispiel am Teilen von
Nachrichtenartikeln festmachen lasse, sei dagegen verlässlicher, so
Oliver Hinz.
Gemeinsame
Pressemitteilung der TU Darmstadt und der TU DresdenSilke
Paradowski Kommunikation,
Technische
Universität Darmstadt
Eine
Mitteilung des idw – wissenschaftlichen Dienstes am 06.02.2015
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