Donnerstag, 10. April 2014

Ulrike Theusner: Bleibt mir ihre Welt verschlossen?

Nachdem ich also gestern die Galerie der Kreissparkasse Nordhausen besuchte, um mich mit den Werken der Künstlerin Ulrike Theusner näher bekannt zu machen, habe ich unversehens ein Problem: noch unter dem Eindrücken der Vernissage am Vortag, mit dem musikalischen Gitarrenauftakt durch den Vater der Künstlerin, Christoph Theusner, der Begrüßung und Einführung in die Ausstellung durch Wolfgang Asche, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse, der Laudatio von Dr. Jörk Rothamel und vor allem der Künstlerin selbst, Ulrike Theusner, traf ich in der Galerie auf einige Besucher der Ausstellung. Die sich über die Bilder unterhielten, während
ich Fotoaufnahmen der Werke machte. Und dabei in Verkennung meiner Motivation in die Unterhaltungen einbezogen wurde.

Und diese drückten mehrheitlich Unverständnis über das aus, was sie da sahen und an Sprüchen lasen, mit denen verschiedene der Bilder versehen sind. Und dieses Unverständnis reichte teilweise bis zu empörter Ablehnung der Motive, die da von der Künstlerin festgehalten, gezeichnet, gemalt und grafisch dargestellt im Rahmen dieser Ausstellung gezeigt werden. Tatsächlich steht man vor vielen dieser Bilder, ohne eine Beziehung zu dem zu bekommen, was da jeweils sehr deutlich dargestellt ist. Und ich verhehle nicht, dass es mir weder gefühls- noch verstandesmäßig gelang, diese vielfach skurrilen, phantastischen oder auch fratzenhaften Gestalten, Gesichter und Figuren mit der tags zuvor kennengelernten und so unbekümmert wirkenden, liebenswerten Frau und Künstlerin in Übereinstimmung zu bringen.

Ein Berichterstatter könnte hier die Ausführungen des Laudators von gestern ohne eigene Eindrücke vorschieben, wie ich das ja oft genug nach Vernissagen von Reportern erlebe. Als interessierter Teilnehmer suche ich eine Beziehung zwischen dem, was ein Laudator erklärt und dem, was in den ausgestellten Werken zu sehen ist und ausgedrückt werden soll. Von den Ausführungen des Dr. Rothamel schrieb ich gestern, dass sie mir eher einem Dialog zwischen ihm, der Künstlerin und den Bildern glichen. Sie reichten mir aber nicht, um wirklich zu verstehen, was ich heute in der Galerie an Motiven sah, was ich hörte und erlebte.

Nun hatte ich gestern schon kurz aus dem Rothamel-Katalog „Der Abgesang“ zu Ulrike Theusner zitiert, in dem ich einen Tagebucheintrag der Künstlerin finde, der da lautet: „Ich muss die weite Welt verlassen und endlich zurück in meine autistische Heimat . . .“ Und ich frage
mich, ob das der Schlüssel zu der Welt der Künstlerin ist. Von der es doch im vergangenen Jahr im Kunsthaus Meyenburg zur Grafikpreis-Verleihung an Ulrike Theusner hieß: „Ihre Figurenwelt ist manchmal realistisch, manchmal auch skurril verfremdet. Ihre Arbeiten sind stets phantasievoll, wirken teils subtil-naiv, teils verstörend auf den Betrachter. Theusner's Themen beleuchten häufig die negativen Seiten des Lebens, ohne dabei moralisierend zu sein. Ulrike Theusner spielt in ihren Arbeiten mit dem Blick auf und unter die Oberfläche, dabei ist ihr kein Motiv zu banal.“ (Ende des Auszugs).


Was nun die Veranschaulichung dieser Welt betrifft, nehme ich tatsächlich Zuflucht zu einen berufenen Kunstkenner (Auszug): „Ulrike Theusner besitzt eine ungewöhnliche Begabung für die Kunst des Zeichnens. Die Fähigkeit einer starken zeichnerischen Auffassungsgabe ist in ihren Arbeiten gekoppelt mit einer ebenso starken Einbildungsgabe. Das Gesehene wird scheinbar mühelos in grafische Spuren übersetzt, die einen hohen Wiedererkennungs- und Identifikationswert haben. Zugleich gehen die Anteile des "Studiums", also die Verarbeitung des jeweils Gesehenen, unterschiedslos in die Anteile des "Ingeniums" über, die als Früchte der Einbildungs- bzw. der bildnerischen Erfindungsgabe dem "Studium" erst die richtige Würze geben. Und noch ein drittes Moment kommt hinzu: Die grafischen oder malerischen Spuren weisen einen hohen Grad an Selbstbezüglichkeit auf, sie wirken in einem Maße formbildend, dass ich mich der Faszination ihrer Form kaum entziehen kann. In diesem Sinne erscheint alles "Studium" mit einer ästhetischen Souveränität erfasst, die mich durchaus an die Klassiker der psychologisierenden Zeichnung denken lässt, die Künstler der Renaissance und des Barock." (Kai Uwe Schierz, Leiter der Kusthalle und des Angermuseums Erfurt). Dem kann ich jedenfalls folgen. Aber gerade der Hinweis auf die Selbstbezüglichkeit der Künstlerin lässt mich überlegen, ob ich mich in dem Bemühen, diese Frau mit ihrer überragenden Intelligenz, ihrer Geisteswelt, ihrem künstlerischen Ausdrucksvermögen, aber ebenso ihrer offenen, unbeschwert wirkenden persönlichen Art besser zu verstehen, eher an Prof. Dr. Philip Heiser am Südharzklinikum (Haus 3) wende, oder aber an die Kunsthistorikerin Susanne Hinsching, Leiterin des Kunsthauses Meyenburg. Mich fasziniert nun mal die Künstlerin Ulrike Theusner und ihre in der Galerie der Kreissparkasse derzeit ausgestellten Werke. Und ich suche den Zugang zu dieser Geisteswelt, die da bei der Künstlerin Ausdruck findet. Den ich bisher nicht finden kann.

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