Nachdem ich also gestern die Galerie
der Kreissparkasse Nordhausen besuchte, um mich mit den Werken der
Künstlerin Ulrike Theusner näher bekannt zu machen, habe ich
unversehens ein Problem: noch unter dem Eindrücken der Vernissage am
Vortag, mit dem musikalischen Gitarrenauftakt durch den Vater der
Künstlerin, Christoph Theusner, der Begrüßung und Einführung in
die Ausstellung durch Wolfgang Asche, Vorstandsvorsitzender der
Kreissparkasse, der Laudatio von Dr. Jörk Rothamel und vor allem der
Künstlerin selbst, Ulrike Theusner, traf ich in der Galerie auf
einige Besucher der Ausstellung. Die sich über die Bilder
unterhielten, während
ich Fotoaufnahmen der Werke machte. Und dabei
in Verkennung meiner Motivation in die Unterhaltungen einbezogen
wurde.
Und diese drückten mehrheitlich
Unverständnis über das aus, was sie da sahen und an Sprüchen
lasen, mit denen verschiedene der Bilder versehen sind. Und dieses
Unverständnis reichte teilweise bis zu empörter Ablehnung der
Motive, die da von der Künstlerin festgehalten, gezeichnet, gemalt
und grafisch dargestellt im Rahmen dieser Ausstellung gezeigt werden.
Tatsächlich steht man vor vielen dieser Bilder, ohne eine Beziehung
zu dem zu bekommen, was da jeweils sehr deutlich dargestellt ist. Und
ich verhehle nicht, dass es mir weder gefühls- noch verstandesmäßig
gelang, diese vielfach skurrilen, phantastischen oder auch
fratzenhaften Gestalten, Gesichter und Figuren mit der tags zuvor
kennengelernten und so unbekümmert wirkenden, liebenswerten Frau und
Künstlerin in Übereinstimmung zu bringen.
Ein Berichterstatter könnte hier die
Ausführungen des Laudators von gestern ohne eigene Eindrücke
vorschieben, wie ich das ja oft genug nach Vernissagen von Reportern
erlebe. Als interessierter Teilnehmer suche ich eine Beziehung
zwischen dem, was ein Laudator erklärt und dem, was in den
ausgestellten Werken zu sehen ist und ausgedrückt werden soll. Von
den Ausführungen des Dr. Rothamel schrieb ich gestern, dass sie mir
eher einem Dialog zwischen ihm, der Künstlerin und den Bildern
glichen. Sie reichten mir aber nicht, um wirklich zu verstehen, was
ich heute in der Galerie an Motiven sah, was ich hörte und erlebte.
Nun hatte ich gestern schon kurz aus
dem Rothamel-Katalog „Der Abgesang“ zu Ulrike Theusner zitiert,
in dem ich einen Tagebucheintrag der Künstlerin finde, der da
lautet: „Ich muss die weite Welt verlassen und endlich zurück in
meine autistische Heimat . . .“ Und ich frage
mich, ob das der
Schlüssel zu der Welt der Künstlerin ist. Von der es doch im
vergangenen Jahr im Kunsthaus Meyenburg zur Grafikpreis-Verleihung an
Ulrike Theusner hieß: „Ihre Figurenwelt ist manchmal realistisch,
manchmal auch skurril verfremdet. Ihre Arbeiten sind stets
phantasievoll, wirken teils subtil-naiv, teils verstörend auf den
Betrachter. Theusner's Themen beleuchten häufig die negativen
Seiten des Lebens, ohne dabei moralisierend zu sein. Ulrike Theusner
spielt in ihren Arbeiten mit dem Blick auf und unter die Oberfläche,
dabei ist ihr kein Motiv zu banal.“ (Ende des Auszugs).
Was nun die Veranschaulichung dieser
Welt betrifft, nehme ich tatsächlich Zuflucht zu einen berufenen
Kunstkenner (Auszug): „Ulrike Theusner besitzt eine ungewöhnliche
Begabung für die Kunst des Zeichnens. Die Fähigkeit einer starken
zeichnerischen Auffassungsgabe ist in ihren Arbeiten gekoppelt mit
einer ebenso starken Einbildungsgabe. Das Gesehene wird scheinbar
mühelos in grafische Spuren übersetzt, die einen hohen
Wiedererkennungs- und Identifikationswert haben. Zugleich gehen die
Anteile des "Studiums", also die Verarbeitung des jeweils
Gesehenen, unterschiedslos in die Anteile des "Ingeniums"
über, die als Früchte der Einbildungs- bzw. der bildnerischen
Erfindungsgabe dem "Studium" erst die richtige Würze
geben. Und noch ein drittes Moment kommt hinzu: Die grafischen oder
malerischen Spuren weisen einen hohen Grad an Selbstbezüglichkeit
auf, sie wirken in einem Maße formbildend, dass ich mich der
Faszination ihrer Form kaum entziehen kann. In diesem Sinne erscheint
alles "Studium" mit einer ästhetischen Souveränität
erfasst, die mich durchaus an die Klassiker der psychologisierenden
Zeichnung denken lässt, die Künstler der Renaissance und des
Barock." (Kai Uwe Schierz, Leiter der Kusthalle und des
Angermuseums Erfurt). Dem kann ich jedenfalls folgen. Aber gerade der
Hinweis auf die Selbstbezüglichkeit der Künstlerin lässt mich
überlegen, ob ich mich in dem Bemühen, diese Frau mit ihrer
überragenden Intelligenz, ihrer Geisteswelt, ihrem künstlerischen
Ausdrucksvermögen, aber ebenso ihrer offenen, unbeschwert wirkenden
persönlichen Art besser zu verstehen, eher an Prof. Dr. Philip
Heiser am Südharzklinikum (Haus 3) wende, oder aber an die
Kunsthistorikerin Susanne Hinsching, Leiterin des Kunsthauses
Meyenburg. Mich fasziniert nun mal die Künstlerin Ulrike Theusner
und ihre in der Galerie der Kreissparkasse derzeit ausgestellten
Werke. Und ich suche den Zugang zu dieser Geisteswelt, die da bei der
Künstlerin Ausdruck findet. Den ich bisher nicht finden kann.
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