Karfreitagsbotschaft des EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider
17.
April 2014
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
(Johannes 3,16)
Das
Bibelwort für den Karfreitag weist auf ein sperriges Bekenntnis
unseres Glaubens: Die Liebe
Gottes zur
Welt ist der tiefe Grund für das Leiden Jesu Christi. Der
Zusammenhang von Liebe und Leiden ist anstößig. Menschen wünschen
sich und einander „Liebe ohne Leiden“. Karfreitag aber macht uns
neu bewusst: Gott leidet, weil er liebt. Aus Liebe zu uns Menschen
nimmt Jesus sein Leiden und Sterben auf sich. So wie es der barocke
Lieddichter Johann Heermann (1585-1647) bekennt:
O große Lieb, / o Lieb ohn alle Maße, / die dich gebracht auf diese Marterstraße! / Ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden / und du musst leiden.
(Evangelisches Gesangbuch 81, 6)
Wer
sich von der Liebe Gottes anstecken lässt, geht das Risiko des
Leidens ein.
„Jede
Beziehung zu einem anderen Menschen macht uns verwundbar, je größer
die Liebe, desto verwundbarer der Liebende. Wer in sich selber ruht,
keinen braucht, autark ist, den wird auch weniger Schmerz treffen.
Aber Christus, der in die Liebe ruft, hat nie empfohlen, Schmerzen zu
vermeiden, sich zu sparen, wie die Stoiker es anrieten. Er rief in
eine Bewegung hinein, eine diesseitige Transzendenz, die mit ihrem
Leben bezahlt, was sie ersehnt, das Reich Gottes. Die Nachfolge
Christi sensibilisiert Menschen, sie macht sie aufmerksam,
nachdenklicher, empfindlicher und verwundbarer.“
Mit
diesen Worten hat die Theologin Dorothee Sölle (1929-2003) dem
Zusammenhang von Liebe und Leiden nachgespürt. Gottes Liebe in
Christi Leiden zu erkennen und dankbar für sich anzunehmen,
bedeutet: Die Liebesbewegung Gottes in der eigenen Zeit durch eigenes
Tun immer neu erfahrbar werden lassen. Das Leiden der Welt aber lässt
in uns oft den Wunsch nach einer Elefantenhaut wachsen: Hungersnöte,
Kriege und Naturkatastrophen – immer und immer wieder. Das
verleitet zum Wegsehen und zum inneren Abschotten. In der Nachfolge
Christi sind dagegen unsere Sensibilität und unsere Fähigkeit zum
Mitleiden gefragt. Gefragt sind unsere liebevolle Solidarität mit
Opfern und unsere barmherzige Hilfe für Leidende.
Das
ist eine tiefe Wahrheit der biblischen Karfreitagsbotschaft: Wer auf
Gottes Liebe im leidenden Christus vertraut, der wird in seinem
Leiden und Sterben nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben
haben!
Hannover,
16. April 2014
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