Nachdem ich gestern in einem meiner
Einträge die Vernissage zur Ausstellung der Nordhäuser Künstlerin
Ulrike Heise mehr einführend erwähnte, besuchte ich also danach
noch einmal die Ausstellung, um die Bilder und Grafiken der
Künstlerin eingehender zu betrachten, auf mich wirken zu lassen und
bestätigt zu finden, was Kunsthistorikerin Susanne Hinsching,
Leiterin des Kunsthauses Meyenburg, in ihrer Laudatio zur Kunst
Ulrike Heises ausgeführt hatte. Und nun versuche ich, das Gesehene
und gestern Gehörte in Übereinstimmung zu bringen.
Susanne Hinsching hatte in der
Begrüßung von Gästen und der Künstlerin bemerkt, dass sie mit
Ulrike Heise auch persönlich eine lange gemeinsame Tätigkeit „hier
im Kunsthaus Meyenburg“ verbindet: sie als Leiterin des
Kunsthauses, die Künstlerin als ehrenamtliche Mitarbeiterin. Es kann
also schon deshalb nicht weiter verwundern, wenn nun die Werke der
Künstlerin im zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit der
Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“ in den Ausstellungsräumen
des Kunsthauses gezeigt werden. Und ich mich hier auch nur darauf
beziehe
Gerade dieser Umstand aber ist es auch,
der es mir klüger erscheinen lässt, statt eigener Eindrücke das
wiederzugeben, was ich tags zuvor als Mitschnitt der Laudatio Susanne
Hinschings mitgenommen hatte. Was weiß nämlich ich schon – trotz
Rundgangs durch die Ausstellungen - ob es wirklich eine speziell
weibliche Sicht in der Kunst gibt, die hier favorisiert ist?
Die Vita Ulrike Heises kann hier sicher
übersprungen werden, die Künstlerin ist bekannt und geschätzt. Und
sie ist sowohl Malerin und Grafikerin, wie die Laudatorin
feststellte. Denn gerade die grafischen Techniken waren und sind es,
deren Ergründung, Vertiefung und Vervollkommnung sie besonders
interessieren. Eine ihrer bevorzugten grafischen Techniken ist die
Radierung, die sie sowohl als klassischen s/w-Druck, als auch in
Kombination mit Aquatinta verwendet. „Ihr Ziel in der
künstlerischen Arbeit, die sie zwar nur als Hobby betreibt, ist es,
einen Rhythmus zu finden, der dem eigenen Naturell entspricht“,
führte Hinsching dazu aus.
In ihren früheren Arbeiten, so
Hinsching weiter, überwiegen noch
die realistischen Tendenzen, wie
in den detailgetreuen Darstellungen – z.B. der Blasii-Türme –
aus dem Jahr 1994 oder des „Torhäuschens“ 1996 zu erkennen ist.
Je länger sie sich aber mit der Technik beschäftigte, desto freier
und mutiger wurde der Umgang mit der Radiernadel. Das sieht man
sowohl bei den Landschaftsmotiven – wie dem „Warttürmchen“
2006 -, das neben der filigranen Ausführung eine besonders
ausdrucksstarke Grundstimmung vermittelt, als auch an den figürlichen
Darstellungen.
In ihrer jüngsten Aquatinta erkennt
man besonders gut den großen künstlerischen Entwicklungsprozess,
den Ulrike Heise vollzogen hat. Die „Bergwelt bei
Klausen“(Südtirol) aus dem Jahr 2013 zeigt, wie die Künstlerin
mit der grafischen Technik jetzt geradezu spielt und wie sie die
faszinierende Bergwelt auf der Druckplatte eingefangen hat. Die
Künstlerin taucht diese
kleine Landschaft in ein kühles Blau, das
aber aus vielen Farbschattierungen besteht und so die Stimmung von
Weite und Unendlichkeit suggeriert.
Ihre Bilder, so die Laudatorin weiter,
sowohl in Figuren als auch Landschaften, zeigen Ulrike Heises
besondere Fähigkeiten, im scheinbar alltäglichen Motiv den
besonderen Reiz zu erkennen. Dieses Gespür, die Anregungen, die die
reale Welt bietet, aufzunehmen und in die Kunst umzusetzen, verdankt
sie nicht zuletzt ihrem Lehrer, Prof. Helmut Hellmessen in Frankfurt
am Main.
Ulrike Heise arbeitet gern nach der
Natur, diese dient ihr aber mehr als Anregung oder Inspiration. Ihre
Motivwahl ist wie die Darstellungsweise breitgefächert, sie reicht
in der Grafik von heimischen oder mediterranen Landschaften – wie
dem „Ölbaum“ - über Figürliches, z.B. den „Schutzengeln“
bis hin zu Blumendarstellungen, wie
„a rose for sarah“. Diese
Aquatinta, die sie Sarah Kirsch gewidmet hat, erzielt durch den
Einsatz der wenigen, aber expressiven Farben eine besonders
ausdrucksstarke Wirkung. Seit 2011 ist Ulrike Heise auch an der
Dichterstätte Sarah Kirsch und am Projekt „Kirche Limlingerode“
aktiv.
Ihre Darstellungsweise – insbesondere
bei den figürlichen Motiven – ist sehr expressiv und zieht den
Betrachter ganz in ihren Bann. Bei der Aquatinta-Radierung „Drachen“
löst die Künstlerin sich von den realen Vorgaben und erzielt durch
die abstrahierenden Formen gepaart mit expressiver Farbigkeit in Rot
und Gelb eine besonders intensive Wirkung. Diese Arbeit besteht
eigentlich aus rein geometrischen Formen und wirkt auf den ersten
Blick abstrakt. Erst beim genauen Hinsehen erkennt man dann den
Drachen.
Ulrike Heise präsentiert in dieser
Ausstellung einen kleinen Querschnitt durch ihr gesamtes Schaffen.
Dazu gehören neben den Druckgrafiken großformatigere Gemälde, die
besonders durch die Farbe entstehen und leben. Man kann durchaus
sagen, dass bei ihren Gemälden oftmals die Farbe Träger der
Bildstimmung ist.
Es geht ihr aber nicht um die
Wiedergabe der natürlichen Farben ihrer dargestellten Motive. Farbe
ist für sie die Entsprechung ihrer fiktiven Bildwelt. Und so formt
sie die Figuren aus den der Bildstimmung entsprechenden Farben und
Formen.
Besonders bei ihren Gemälden hat sich
Ulrike Heise von bekannten Künstlern inspirieren lassen, wie z.B.
Otto Modersohn – bei den Gemälde „Winterlandschaft“, Paula
Modersohn-Becker oder Edvard Munch. Ulrike Heise steht aber zu diesen
Vorbildern und nennt diese Werke
dann liebevoll „Meine Paula M.“
oder – ganz unverkennbar und täuschend echt: „Mein Picasso“!
Besonders faszinierend ist auch das
zweiteilige Gemälde „Bergwelt Südtirol!“ aus dem Jahr 2013, das
eine sehr farbintensive Bergwelt zeigt, die aus blauen und
pinkfarbenen Farbflächen bestehen und mich an die Werke von
Jawlensky oder Kandinsky erinnern, führte die Kunsthistorikerin dazu
aus. Sowohl die Farbigkeit als auch die Heißluftballons, die durch
das Bild schweben, nehmen den Betrachter mit auf eine Reise in eine
andere, vielleicht ideale
Welt.
Obwohl der Bezug zur Realität in allen
ihren Werken immer sichtbar bleibt, spiegeln sie diese nur indirekt
wieder. So begegnen sich in Ulrike Heises Bildern Wirklichkeit und
Fiktion, Traum und Realität auf ungewöhnliche Weise.
Susanne Hinsching schloss ihre Laudatio
mit ihrem Lieblingszitat von Pablo Picasso „weil ich denke, dass
diese Worte auch auf das Leben und die Kunst von Ulrike Heise
zutreffen: „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“.
Ich
habe diese Ausführungen der Kunsthistorikerin Susanne Hinsching in
dieser Ausführlichkeit u.a. deshalb wiedergegeben, weil sie mir für
das Motto der Ausstellung „Werkspuren“ angemessen erscheinen,
weil sie das Thema des Gesamtkomplexes der Ausstellung, wonach die
Kunst weiblich ist, weit besser wiedergeben, als ich das vermöchte.
Und weil es mir Anliegen ist, einmal herauszustellen, wie sorgfältig
und intensiv sich Susanne Hinsching mit einer Ausstellung wie dieser
und den Exponaten darin beschäftigt, um danach in eine Laudatio zu
fassen, was sie dabei erkennt, erfasst und formuliert, um es ihren
Zuhörern in verständlicher Art vorzutragen. Ich meine, es gehörte
mal gewürdigt. Hier auch als Anregung, um die Ausstellung zu
besuchen. Dabei erinnere ich mich erneut an ihre Laudatio
anlässlich der Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“: Dass man
nämlich nicht zwischen der Kunst von Frauen und Männern
unterscheiden sollte, sondern nur zwischen guter und schlechter
Kunst! Das Kunsthaus Meyenburg zeigt und empfiehlt gute Kunst.
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