Dienstag, 15. April 2014

Das Bild der Geschlechter im Wandel



Kunst also ist weiblich. Als unbefangener Leser dieses Titels, der derzeit im Kunsthaus Meyenburg laufenden Ausstellung wird mir dabei schon leicht und zunächst die Vorstellung vermittelt, die Kunst sei ganz allgemein weiblich. Eigentlich hatte ich nun eine Reaktion aus der künstlerisch tätigen Männerwelt erwartet. Sie kam zumindest bisher nicht. Obwohl die so betitelte Ausstellung doch sogar in der Mediathek der ARD Beachtung fand.

Statt dessen wird vom Kunsthaus Meyenburg Förderverein mitgeteilt, dass die in Berlin ansässige Künstlerin Claudia Borchers in der Reaktion auf die bisherigen Würdigungen dieser Ausstellung dem Kunsthaus zwei Grafiken schenkte, um damit die weiblich geartete Kunst zu bekräftigen (siehe vorhergehenden Eintrag dazu). Das wäre an sich anerkennend zur Kenntnis zu nehmen, wenn sich die Künstlerin im Gespräch nicht auch zur Unterschiedlichkeit der Geschlechter geäußert hätte: „Ich sehe die Frauen heute als viel selbständiger an als früher, warum soll man sie nicht auch mit einer gewissen Stärke, ihren Ecken und Kanten zeigen.“ Und Dr. Pientka, Vorsitzender des Meyenburg Fördervereins stellt fest, dass dem nichts hinzuzufügen sei und zu dem Thema der Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“ korrespondiert. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass sich die Künstlerin zuvor noch zum weiblichen Akt und zur Unterschiedlichkeit der Körperstrukturen von Mann und Frau äußerte.

Zu dieser Unterschiedlichkeit der Körperstrukturen kann und will ich lediglich anmerken, dass meinen Vorstellungen von geschlechtsbedingten Körperstrukturen wohl noch immer Reste der Bildhauerei Josef Thoraks anhaften, womit ich es hier allerdings bewenden lasse. Die Äußerung Borchers über die gegenüber früher viel selbständiger gewordene Frau ist nun allerdings keine künstlerische, sondern eine gesellschaftlich gemeinte Einschätzung. Der ich als Vater von drei Töchtern durchaus mit Genugtuung zustimmen kann. Sie bringt mir allerdings die
Diskussion vom 30. März im ZDF von Peter Hahne mit der Journalistin Elisabeth Raether und dem Männerexperten Dr. Walter Hollstein in Erinnerung. Es ging dort um die Frage, ob Männer inzwischen sogar die Verlierer der Emanzipation sind?

Dabei hieß es, dass psychische Krankheiten, höhere Suizidraten und der ständige Druck, den Spagat zwischen Beruf und Familie möglichst elegant zu lösen, Stressfaktoren sind, denen die heutigen Männer ausgesetzt sind. Während es für Frauen und Mädchen zahlreiche Anlauf- und Beratungsstellen gibt, scheint gesellschaftlicher Konsens darüber zu herrschen, dass Männer ihre Probleme – so sie überhaupt welche bei sich sehen - am besten alleine lösen.

Ich fand die Diskussion durchaus interessant, die u.a. darauf hinauslief, dass Männer heutzutage neben ihrer angestammten Rolle gleichzeitig noch fürsorgliche Familienväter, zärtliche Liebhaber und tatkräftige Unterstützer im Haushalt sein sollen. Und gipfelte in der Überlegung, ob die holde Damenwelt vielleicht schon zu viel von den Männern erwartet?

Während also darüber diskutiert wird, wie die Männer in unserer Gesellschaft mit diesen veränderten Rollenbildern umgeht, scheinen die Frauen schon sehr viel weiter zu sein. Im Wartebereich meines Arztes fiel mir gerade gestern ein „Brigitte Woman“-Heft in die Hände, in dem in einem Artikel festgestellt wird, dass Frauen in ihrem Inneren grundsätzlich doch stärker als Männer sind. Und in einem weiteren Artikel beschäftigt sich eine Autorin (Maria Karau) unter „Psychologie und Partnerschaft“ zum Thema Männer mit der Überlegung, warum nur einen nehmen, wenn man alle haben kann? Was immerhin von einem sehr ausgeprägten femininen Selbstwertbewusstsein spricht.


Ohne weiter darauf einzugehen bleibt es jedenfalls bei der inzwischen feststehenden Tatsache, dass Frauen inzwischen sehr viel selbständiger sind als früher. Was das aber familiär und gesellschaftlich für Folgen hat, scheint noch durchaus offen zu sein. Und in der Kunst?

Da fällt es mir dann nicht schwer, der Kunsthistorikerin und Leiterin des Kunsthauses Meyenburg zuzustimmen, die in ihrem Vortrag zur Würdigung der Frauen in der Kunst am 27. März u.a. die Hoffnung ausdrückte, dass es mit der gegenwärtigen Ausstellung – noch bis zum 31. Mai - gelingt (gelingen wird) ganz im Sinne von Ilsetraut Glock – einige Vorurteile gegenüber der Kunst von Frauen abzubauen und zu zeigen, dass Künstlerinnen in allen Bereichen, allen künstlerischen Techniken und künstlerischen Motiven gleichberechtigt tätig sind. Und dass man nicht zwischen der Kunst von Frauen und Männern unterscheiden sollte, sondern nur zwischen guter und schlechter Kunst. Bravo kann ich da nur sagen. Und die Ausstellung bald noch einmal besuchen.


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