Um es vorweg zu nehmen: ich erlebte Jacques Offenbachs Operette
„Die Banditen“ diesmal nicht als Premiere, sondern in der
zweiten, also einer „normalen“ Aufführung dieser Reihe. Und
damit einem Publikum, das sich doch merklich von dem der Premiere
unterschied. Also weniger gesellschaftlich wohl aber kulturell
ambitioniert. Und am Schluss der Aufführung einen
eher verhaltenen
Applaus. Der aber wohl mehr der Länge dieser Operette von drei
Stunden zuzuschreiben war als dem Handlungsablauf selbst. Der nämlich
führte mitunter zu Heiterkeitsäußerungen und auch zu
gelegentlichen Szenenablaus.
Ich nehme auch vorweg, dass ich während der Aufführung an die
Verfilmung „Das Wirtshaus im Spessart“ denken musste, in der das
Räubertum noch einigermaßen „traditionell“ ausgeübt wurde. Mit
einen vermeintlichen Müllersburschen, der
sich noch seiner
„Räubertaten“ rühmte. In der Nordhäuser Inszenierung von Toni
Burkhardt erinnerte nur die auf Plakaten und dem Cover zum Programm
abgebildete verlassene, offenbar irgendwann ausgeraubte Kutsche an
(straßen-)räuberische Zeiten.
Aber auch „Die Banditen“ in der Nordhäuser Theateraufführung
lebten noch in dieser Erinnerung. Und hätten diese Tradition gern
fortgeführt, wie sie ihrem Chef Falsacappa (Alexander Günther) klar
zu machen versuchten. Weil sie sich davon mehr Beute erhofften. Waren
sie doch unzufrieden mit dem, was ihnen ihr Banditenhandwerk derzeit
einbrachte. Und das versuchten eine Abordnung der Banditen ihrem
Hauptmann zögerlich beizubringen.
Und nun also ging es um das weitere Geschehen. Choreographie,
musikalische Gestaltung, Gesang und schauspielerische Leistung der
Akteure waren jederzeit des
Beifalls wert. Der Handlungsablauf ließ allerdings erkennen, dass sich ihr Banditentum an der
italienisch-spanischen Grenze total im Umbruch befand. Und ihre
Bewaffnung – von Pistolen der ersten Generation bis zu modernen
Maschienenpistolen - wie auch die Kostüme der Weiblichkeit ließen
erkennen, dass man sich in Zeiten des modischen Aufbruchs befand.
Während die Banditen noch rauben und plündern wollten, schwebte
Falsacappa und Pietro, seinen Stellvertreter (Thomas Kohl) neue, den
gesellschaftlichen und politischen Veränderungen angepasste
Einnahmequellen vor, die sie erschließen wollten. Und während sie
bedauerten, von staatlichen Zuschüssen ausgeschlossen zu sein,
sondierten sie schon Möglichkeiten von Panzergeschäften und
Auslandseinsätzen. Solche Visionen und eingestreute Anspielungen auf
moderne Vorgänge in Politik, Regierung und Wirtschaft wiederholten
sich in der Folgezeit in ironischer, sarkastischer oder auch
anzüglicher Weise. Und erheiterten damit das Publikum.
Während also das "Banditenmanagement" in die Zukunft sieht, spielt
sich das Leben der Mitglieder noch banditengemäß ab, allerdings
schon „anstandsorientiert“, denn zu benehmen wussten sie sich
schon. Und die Tochter Falsacappas, Fiorella (Katharina Poschmann)
erweist sich dazu als recht menschenfreundlich und verliebt sich in
den Schokoladenfabrikanten Fragoletto (Anja Daniela Wagner), einen
zuvor auf ihr Betreiben freigelassenen Gefangenen, der zu ihrem
Namenstag freiwillig zur Bande zurückkehrt, nur um in ihrer Nähe zu
sein. Ganz
zum Unwillen des Vaters. Der ihm aber eine Bewährung als
Mitglied der Bande einräumt. Sein Einstand wird gebührend gefeiert
und vor der Polizei versteckt man sich.
In der Folgezeit gerät der Prinz von Mantua (Marian Kalus) ins
Visier der Banditen. Und nachdem dieser seine ihm noch unbekannte
Braut, die Prinzessin von Granada (Désirée Brodka)erwartet,
entwickelt sich ein Verwechslungs- und Intrigenspiel, bei dem
Fiorella in die Rolle der Prinzessin schlüpft. Im
Motel „Los
Bandidos“ soll die Braut von Gesandten des Prinzen empfangen und
auf ihrem Weg nach Mantua begleitet werden. Dort sollen der
Begleitung der Prinzessin 3 Millionen ausgezahlt werden, um die
allein es Falsacappa geht. Und was sich in der Folge abspielt, ist
schon sehenswert, bei denen die Banditen als Bedienstete des Motels
verkleidet, den weiteren Verlauf einleiten und mitbestimmen. Die
Polizei wird über die wahren Identitäten getäuscht und ebenso die
Umgebung des Prinzen. Alles verläuft zwar nach Vorstellungen
Falsacappas, an die 3 Millionen aber kommt er nicht. Die nämlich hat
Antonio (Paul Enke), der Finanzminister des Prinzen gar nicht mehr in
seinem Portefeuille. Und um das zu verschleiern, stimmt er ein
Klagelied auf Politik und Gesellschaft an, das wiederum Bezüge zur
Gegenwart hat und recht ironisch wirkt. Heiterkeit und Beifall aus
dem Publikum sind das Echo auf die etwas langatmig wirkende Elegie.
Mätressen, die bis dahin das
Leben des Prinzen verschönten, werden
entlassen, um der Braut, die da kommt, Platz zu machen. Und dann
erkennt er in der angeblichen Braut Fiorella, die ihm früher schon
vor der Gefangenschaft bei den Banditen bewahrte.
Nun entwirrt sich langsam das Intrigenspiel und offenbart die
wirklichen Zusammenhänge. Bei denen zwar von den 3 Millionen keine
Rede mehr ist, Stattdessen amnestiert der Prinz die Räuber um
Fiorellas willen. Durch die Wirren geläutert, gibt Falsacappa seine
Banditenführung auf, um fortan „wie die Politiker“ im großen
Maßstab zu räubern.
So jedenfalls verstand ich in großen Zügen diese Operette, die
meines Erachtens mitunter nahe am Klamauk vorbeischrammte, aber dann
doch immer wieder ins heitere, humoristisch verbrämte Gleis
zurückfand. Auffällig – wie oben bemerkt - dass die gesamte
Ausstattung und Kostümierung der Akteure samt der Waffen der
Banditen teils der Zeit entlehnt sind, in der die Handlung spielt,
teils aber auch durchaus der Gegenwart zugeordnet sind. Und die
Polizei
eher an die Schweizergarde des Vatikans erinnert, als an
Gesetzeshüter. Das überdimensionierte Schweizer Messer des
Polizeihauptmanns Bramarbasso (Florian Kontschak) tut ein übriges
dazu. Und schließlich lassen die Bezüge zur Gegenwart in den
Gesprächen, Dialogen und Anzüglichkeiten der Akteure erkennen, dass
man sich in Zeiten des Umbruchs befand. Banditen sind eben auch nicht
mehr das, was sie mal waren. Eine recht unterhaltsame Aufführung, in
der die Akteure oftmals in unterschiedlichen Rollen erscheinen und
stets überzeugend wirken. Allen wird ein enormes Maß an Konzentration
und Spielfreudigkeit abverlangt, das sie auch bringen. Eine Operette,
die "ankommt", allerdings mit zunehmender Länge recht anstrengend wirkt.










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