Die Berichterstattung
der Medien zu Pergida ist etwas abgeflaut – wohl bis kommenden
Montag – und obwohl es aktuell sehr viel andere wichtigere Vorgänge
in der Welt gibt, bleibe ich noch einmal – und wohl nicht das
letzte Mal – bei Pegida hängen. Weil ich Art und Weise der
bisherigen Berichterstattung zu Pegida mit einer Problematk in
Verbindung bringe, auf die in den vergangenen Tagen u.a. die
„Deutsche Welle“ die Weltöffentlichkeit aufmerksam machte: auf
Journalisten, die sich weltweit unter Druck gesetzt sehen.
Die Bilanz ist
schlimm: 119
Entführungen von Journalisten hat die Organisation "Reporter
ohne Grenzen" (ROG) im zu Ende gehenden Jahr gezählt - 37
Prozent mehr als 2013. Und schon damals hatte es deutlich mehr Fälle
gegeben als im Vorjahr. Die Zahl der Journalisten und
Bürgerjournalisten, wie etwa Blogger, die vor Drohungen, Gewalt oder
staatlichen Repressalien ins Ausland fliehen mussten, hat sich seit
2013 sogar mehr als verdoppelt. 66 Medienvertreter, etwas weniger als
im vergangenen Jahr, wurden 2014 wegen ihres Berufs getötet, hinzu
kommen noch 19 Bürgerjournalisten und elf Mitarbeiter von
Journalisten.
Das
ist ohne allen Zweifel schrecklich. Nun unterscheidet sich
investigativer und seriöser Journalismus in Syrien, im Gazastreifen,
der Türkei oder einem anderen Land ganz sicher nicht von dem in
Deutschland: er soll grundsätzlich verantwortbar und glaubwürdig,
also wahr sein. Und er soll sich tunlichst auf Fakten gründen. Ich
verkenne nicht die Problematik, die sich in vielen Ländern damit
verbindet. Umso mehr frage ich mich allerdings angesichts der Art und
Weise, wie allein hier über Pegida berichtet wird, wo die Fakten,
die Hintergründe und letztlich also die Glaubwürdigkeit bleibt?
Und
ich denke, der Journalismus in Deutschland hat sich meilenweit von
der Berufsethik der Presse entfernt, dass es nur dem Festhalten an
den Grundsätzen der Demokratie und der gesellschaftlichen wie
politischen Toleranz zuzuschreiben ist, dass das, was heutzutage -
und immer unter Hinweis auf die Berichterstattung zu Pegida - als
Journalismus bezeichnet wird, ohne größere Vorbehalte hingenommen
wird. Deren Glaubwürdigkeit hier nicht weiter erörtert werden soll.
Wenn man demgegenüber in anderen Ländern weniger tolerant ist und
dort die journalistische Arbeit sehr viel kritischer wahrgenommen und
beurteilt wird, kann ich das nicht verurteilen. Wohl aber die
Konsequenzen für die dafür verantwortlich gemachten Journalisten.
Immerhin aber prägen die die öffentliche, gesellschaftliche
Meinung. Unabhängig von den Redaktionen, die ihre Berichte ja
bewerten und öffentlich machen. Und oft genug ihre Verantwortung auf
ihre (Bürger-) Reporter und Zuarbeiter abwälzen.
Richtig
scheint zu sein, dass man in Ländern, in denen Demokratie und
Toleranz gegenüber jeglichen journalistischen Erscheinungen
toleriert und gelebt wird, auch Mangel an Glaubwürdigkeit hinnimmt,
während man das in anderen Ländern nicht einfach akzeptiert. Oder
gar verfolgt. Wer sich Journalist nennt. übernimmt keine
Privilegien, sondern Verantwortung. Und mancherorten ist das eben
auch mit Risiko verbunden.
Interessant
finde ich ja die Berichterstattung zu Pegida schon deshalb, weil sich
dazu nahezu die gesamte deutsche Presse engagiert. Und das Internet
ermöglicht, die Berichterstattung der einzelnen Zeitungen zu
vergleichen. Wenn ich dabei auf einen Kommentar stoße, dessen
Titelzeile kurz und bündig lautet: „Mit
"Pegida"-Anhängern diskutieren? Nein.“ („Aachener
Nachrichten“ am 16.12.) und gleichzeitig kritisiert wird, dass die
Gründer dieser Bewegung zu keinem Interview bereit sind, und
Reporter vor Ort in Dresden übereinstimmend darüber klagen, dass
Demonstranten nicht mit ihnen reden wollen, dann wird allein an
diesem Beispiel schon die ganze Widersprüchlichkeit deutlich, in die
Journalisten mangels Fakten geraten. Dabei scheint es sie nicht
weiter zu treffen, wenn sie mit „Lügenpresse“ und ähnlichen
Schimpfworten bedacht werden. Nicht weniger aufschlussreich sind die
Leserkommentare zu einen „offenen Brief“ der ZEIT unter dem Titel
„Bürgerrechtler, warum schweigt ihr?“ Es sind mehr als 200, und
die Presse kommt dabei gar nicht gut weg.
Ich
erinnere mich auch bei dieser Gelegenheit unwillkürlich an die
selbstkritische Meinung der Chefredakteurin des WDR, Sonia Seymour
Mikich in der Broschüre „Wozu noch Journalismus?“ (Auszug):
„Seien wir doch ehrlich, Journalisten stehen nicht mehr oben auf
der Hit-Liste geschätzter und vorbildhafter Zeitgenossen. Außerhalb
des Medien-Biotops, nämlich in der Wirklichkeit, ist der Blick auf
unseren Berufsstand eher unfreundlich und es wird nicht feinfühlig
unterschieden zwischen den Genres. Wir alle sind „die Medien“.
Betrüblich aber wahr: Die Mitmenschen unterstellen, wir seien
allesamt nur noch getrieben von guten Quoten, Auflagen, Klickzahlen.
Dass wir Fehler schönreden, gern hart austeilen, aber ein gläsernes
Kinn haben, wenn es um Kritik an uns selber geht. Dass wir
Weltmeister im Ätzen und Besserwissen sind...Viele Nutzer bekritteln
– nicht grundlos – den Mangel an Tiefgang, an Persönlichkeiten,
an Meinungsfreude. Sie erleben intellektuelles Versagen beim Deuten
großer Zusammenhänge und geringe Lust am Einmischen. Und merken an,
dass Feuerwehrleute, Lehrer, Briefträger oder Ärzte höhere
Vertrauenswerte vorweisen können als „die“ Journalisten.“
(Ende des Auszugs).
Dem
ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Verwunderlich nur, wie ich
finde, dass Journalisten, oder solche, die vorgeben, es zu sein, sich
trotzdem noch hoch angesehen wähnen. Aber wie schon weiter oben
bemerkt: hierzulande spielt sich alles im friedlichen Bereich ab, man
toleriert sie. Nicht in vielen anderen Ländern, wie gerade die
„Deutsche Welle“ aktuell berichtete.
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