Sonntag, 14. Dezember 2014

Pegida: Popanz oder echte Bedrohung?

Sollte ich hier schon wieder betonen, dass dieser Blog meiner eigenen Überlegung dient, also auch nur meine ganz persönliche Meinung wiedergibt? Und schon deshalb keinen Anspruch auf Authentizität erheben kann?


Ich schicke das voraus, weil ich bei der Überlegung zu Pegida gar nicht weiß, wo ich dabei lande. Seit den Demonstrationen in Dresden und Düsseldorf macht man sich in Kreisen der Politik und in den Medien Gedanken über diese Erscheinung. Oder ist es schon eine Bewegung, ähnlich jener in den dreißiger Jahren? Wobei ich dabei zunächst sogar weniger an die politische Motivation denke, als einfach an den Umstand, dass sich da Menschen zusammenfinden unter einen bestimmten Aspekt – hier also gegen eine angeblich drohende Islamisierung – und dahinter „möglicherweise“ ganz andere Motive oder Absichten der Gründer oder Organisatoren stehen? Dass Gründer und Anführer ein „mehrfach vorbestrafter“ gelernter Koch ist (Lutz Bachmann), soll dabei scheinbar abschreckend wirken. Tut es aber offensichtlich nicht. Dass er auch rechtsextrem ist, wird allerdings nirgendwo behauptet. Und der bringt eine solche Bewegung zustande!? Reicht also „Pegida“ als neuer Begriff für „Ausländer raus“, wie der „Spiegel“ schreibt, um Massen zu mobilisieren?


Seit jener ersten wirklich großen Demonstration in Dresden in der vergangenen Woche überlegen Politiker, wie man „Pegida“ einzuschätzen hat und lese ich in den Zeitungen Kommentare und Berichte darüber. Und meine, dass an allen Äußerungen etwas dran ist, aber es sich wohl doch mehr um Unterstellungen, Mutmaßungen und Spekulationen handelt. Ich stehe dem Ganzen etwas unschlüssig oder hilflos gegenüber, schon weil ich nicht einmal weiß, wie es zu einer zahlenmäßig derart großen Demonstration gekommen ist, wie das in Dresden der Fall war. Scheinbar spielt da Facebook eine Rolle (bei dem ich nicht Teilnehmer bin) und genügen gängige Slogans oder Parolen, um Massen zu mobilisieren. Oder sind es keine Parolen, sondern ernst zu nehmende Bedrohungen, gegen die man sich wehren muss? Und gegen wen konkret richten sich diese Demonstrationen? Islamisierung ist da ja wohl zunächst eine vage Vorstellung, die durch die Zuwanderung personalisiert wird. Also doch Ablehnung von Flüchtlingen aus Ländern des Islam? Und beschränkt es sich darauf oder verbergen sich andere Absichten und Ziele dahinter?


Ich denke, man macht es sich zu leicht, diese Demonstrationen einfach als rechtsextrem zu bezeichnen und abzuqualifizieren. Bundespräsident Joachim Gauck spricht sich dafür aus, positive Beispiele im Umgang mit Flüchtlingen mehr zu beachten als vermeintlich fremdenfeindliche Bewegungen. Während immer mehr Unions-Politiker fordern, die Sorgen der Teilnehmer ernst zu nehmen. Der SPIEGEL berichtet dazu unter Hinweis auf eine Umfrage von TNS Forschung, die Deutschen fühlten sich in Sachen Flüchtlingspolitik und Zuwanderung übergangen. 65 Prozent sagten, die Regierungsparteien der Großen Koalition gingen nicht ausreichend auf ihre Sorgen zu dieser Problematik ein. Nur 28 Prozent sehen kein solches Defizit. Zudem sind 34 Prozent der Befragten wie das Bündnis Pegida der Ansicht, dass in Deutschland zunehmend eine Islamisierung stattfinde. Dem SPIEGEL sagte Innenminister Thomas de Maizière über den Zulauf zu den Pegida-Demonstrationen: "Mich besorgt, wie schnell die Teilnehmerzahl bei den Demonstrationen innerhalb weniger Wochen in die Höhe geschnellt ist." (Ende des Auszugs).Die Politik reagiert also eher mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Entsetzen auf die rasch zunehmende Zahl der Demonstranten. Und ganz Deutschland fragt sich: Wer und was steckt hinter der Bewegung, die sich in anderen Städten mal „Dügida“ (Düsseldorf) oder „Legida“ (Leipzig) nennt? (BILD-Zitat am 13.12.)


Und da taucht nun auch Vorra mit dem Brand von Häusern auf, die für Flüchtlinge bereit standen. Steht nun Vorra symbolisch für eine immer aufgeheiztere Stimmung in Deutschland, wie die WAZ vermutet?. Und richtet sie sich undifferenziert gegen Moslems, Asylbewerber, Flüchtlinge und Zuwanderer überhaupt? Begriffe wie Scharia-Polizei, Burka, Dschihadist werden zu angstbesetzten Schlagwörtern einer diffusen Debatte, bei der die fremdenfeindlich-populistischen Einpeitscher von AfD oder ProNRW den Takt vorgeben. Mit Warnungen vor "Sozialtouristen" oder einer angeblichen "Islamisierung" Deutschlands bringen sie Tausende Demonstranten auf die Straße. Diese neue Bewegung, die sich unter dem Kürzel "Pegida" formiert, kommt vielgestaltig daher. Rechtsextreme Aktivisten laufen neben AfD-Wählern, dumpfe Hooligans neben Menschen aus dem bürgerlichen Milieu. Sicher gehören nicht alle zu den "Nazis in Nadelstreifen", die der Düsseldorfer Innenminister ausgemacht hat. Und nicht jede Sorge vor unkoordinierter Zuwanderung ist gleich Fremdenhass. Ist es aber so, dass, wer auf der Straße demonstriert, sich gleich gemein macht mit den Parolen auf den Plakaten, denen er folgt? "Gegen Zwangs-Islamisierung" war bei den "Pegida"-Demos in Dresden und Düsseldorf zu lesen, oder "Heimatschutz statt Islamisierung".


Wer so polemisiert, schreibt die WAZ, der spielt nicht nur auf perfide Weise mit Ängsten verunsicherter Bürger, sondern bedient gezielt die fremdenfeindlichen Milieus. "Pegida" ist auch die Folge einer konzeptlosen Zuwanderungs- und Integrationspolitik in Deutschland. Ein Einwanderungsgesetz gibt es hierzulande schon deshalb nicht, weil die Politiker jeglicher Couleur schlicht nicht wissen, was sie dort hineinschreiben sollten. Kein Plan, nirgends. Verwundert es da wirklich, wenn sich Tausende von griffigen Parolen verführen lassen? (Ende des Auszugs).


Soweit, aber auch nicht weiter bin ich mit dem Surfen durch seriöse Internetzeitungen gekommen. Und damit mit meinen Überlegungen. Antworten sind das nicht, aber die wissen ja offenbar derzeit weder die Politiker, noch die Experten oder die an sich qualifizierten Kommentatoren der überregionalen Zeitungen. Und das ist unbefriedigend. Und erinnert an die dreißiger Jahre, in denen es ähnlich begann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen