Dieser Slogan und Programm des Deutschen Bibliotheksverbandes bietet in Nordhausen seit heute mit der neuen Bibliothek „Rudolf
Hagelstange“ einen fast beispiellosen Anreiz zur zukünftigen
Nutzung. Mein Bibliotheksausweis ist viele Jahre alt und lag lange,
sehr lange, ungenutzt in der Schublade. Und nachdem ich gestern
erstmals den neuen Bibliotheksbau – das Bürgerhaus - besuchte, und
die Ausgestaltung der neuen Bibliothek kennengelernt habe, holte ich
ihn hervor, um ihn, jenem Anreiz folgend, erneuern zu lassen und ihn
zukünftig wieder vermehrt zu nutzen.
Es ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben, diskutiert und
gelästert worden über diesen „Betonklotz“. Initiatoren,
Architekten und (Bau-) Dezernenten in der Stadtverwaltung mussten
viel Kritik einstecken, wurden beschimpft und verunglimpft und fanden
in den (Internet-)Zeitungen dafür viel Gelegenheit. Verstummt ist
sie noch nicht, und der Umgang mit den Bürgerwünschen zur
Namensgebung des nunmehrigen Bürgerhauses durch den Stadtrat gab ja
auch viel Anlass, aber ruhiger und zunehmend sachlicher geht man
immerhin in der Einschätzung dieses Bauwerkes um. Und wer es nun
auch von innen kennenlernte, dürfte seine anfangs vielleicht
ablehnende Haltung überdacht haben.
In meinem Blog findet sich bisher kein direkter Eintrag zu diesem
Bau oder der Diskussion um dessen Namen. Warum auch? Ich bin kein
Stadt- oder Bauplaner, kein Baudezernent und auch nicht kompetent bei
der Frage eines passenden Namen für das zunächst als
Kulturbibliothek benamte Bauwerk. Wohl aber wunderte ich mich
wiederholt, warum sich während der gesamten Entwicklungszeit der
schon frühzeitig (im April 2013) gegründete Förderverein „Nikolei
in foro“ nicht zu Wort meldete, der doch bei seiner Gründung die
Vermutung aufkommen ließ, er strebe die Mitwirkungs- und
Gestaltungshoheit bei der zukünftigen Nutzung der Kulturbibliothek
an. Und auch beim jetzigen Festakt trat er in keiner Form in
Erscheinung. Ich sehe mich jedenfalls bestätigt durch die
Ausführungen des Nordhäuser Oberbürgermeisters Dr. Klaus Zeh, die
ich hier wiedergebe. Mit denen er das Projekt mit seiner Bestimmung
anlässlich der heutigen Eröffnung umfassend und angemessen umreißt.
Und die mich an seine Neujahrsansprache 2014 erinnerte, in der er
zur Kulturbibliothek ausführte, sie der
Öffentlichkeit als „Haus des Buches, des Geistes, und ein Haus
der Demokratie und der Begegnung“ näher zu bringen. Heute also
führte er aus:
Meine sehr geehrten Damen und
Herren,
zur Eröffnung unseres Bürgerhauses und unserer schönen neuen
Stadtbibliothek hier in der Mitte unserer Stadt, am Nikolaiplatz, im
Herzen Nordhausens, heiße ich Sie alle sehr herzlich willkommen.
Auch wenn der Termin dieses Ereignisses verschoben werden musste,
was bei so anspruchsvollen und komplizierten Projekten immer mit
einkalkuliert werden muss, ist die Freude am heutigen Tag sehr groß.
Es ist schön, dass wir an diesem Tag auch Ehrengäste begrüßen
können, die mit uns diese Freude teilen. Ich möchte einige von
Ihnen stellvertretend für alle namentlich begrüßen:
Ich freue mich, dass Sie, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin
Christine Lieberknecht, heute nach Nordhausen gekommen sind.
Bibliotheksaufbau ist für Sie kein Fremdwort! Sie haben sich in
vielerlei Hinsicht um den Wiederaufbau der „Herzogin Anna Amalia
Bibliothek“ in Weimar verdient gemacht. Herzlich willkommen.
Ich freue mich besonders, dass Frau Staatssekretärin Inge Klaan
in Vertretung des Bauministers Christian Carius hier ist. Sie sind
nicht nur als Vertreter des Hauptfördermittelgebers hier. Sie haben
als Baudezernentin dieser Stadt dieses Projekt maßgeblich mit
geprägt.
Ich begrüße sehr herzlich Herrn Staatssekretär Prof. Dr. Thomas
Deufel, der in Vertretung des Kultusministers Christoph Matschie nach
Nordhausen gekommen ist. Als Professor, Wissenschaftsstaatssekretär
und Fördermittelgeber haben Sie eine besondere Beziehung zu Büchern.
Sie wissen den Wert dieser Bibliothek in besonderem Maße zu
schätzen.
Ich begrüße sehr herzlich die Landrätin des Kreises Birgit
Keller! Die Stadt gehört zum Landkreis so wie der Kreis zur Stadt.
Auch die Menschen des Landkreises sind willkommene Nutzer unserer
Bibliothek.
Ich begrüße meine Vorgänger im Amt, Herrn Dr. Manfred Schröter
und besonders Frau Barbara Rinke, ohne die dieses Projekt sicher
nicht auf den Weg gekommen wäre.
Ich begrüße ganz herzlich meine Stadträte, die auf dem Weg bis
zum heutigen Eröffnungstag sehr viel Schelte einstecken mussten.
Sehr oft zu Unrecht, wie sich zeigt.
Ein besonderes Willkommen gilt dem Verbandsvorsitzenden des
Landesverbandes Thüringen im Deutschen Bibliotheksverband und
heutigen Festredner, Herrn Dr. Eberhardt Kusber. Sie sagten unlängst:
„Eine Bibliothek kann in ihrer besonderen Atmosphäre magnetisch
wirken“. Der Bibliotheksneubau in Nordhausen ist ein gelungenes
Beispiel dafür. Wir freuen uns auf Ihre Festrede.
Ich begrüße die Architektin, Frau Dr. Anke Schettler und Ihr
Team. Das Werk ist vollbracht! Sie können stolz darauf sein.
Ich begrüße Vertreter der Baufirmen, der Verwaltungen, der
Kirchen, der Bildungseinrichtungen, der Vereine, alle Mitarbeiter -
insbesondere jene der Bibliothek, die in den letzten Monaten ein
großes Arbeitspensum bewältigen mussten.
Ich begrüße ganz herzlich Gäste aus unserer Partnerstadt Ostrów
Wielkopolskí, die stellvertretende Präsidentin der Stadt, Frau
Marlena Malag und den Sekretär und Verwaltungsdirektor der Stadt,
Herrn Andrzej Baraniak. Es ist schön, dass Sie immer wieder Anteil
an der Entwicklung dieser Stadt nehmen.
Ich begrüße die Vertreter der Presse!
Ein herzliches Willkommen Ihnen allen!
Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler sagte bei der
Wiedereröffnung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek nach dem
verheerenden Brand: „Weniges wird in der kulturellen Welt als eine
so große Katastrophe erlebt wie der Brand einer Bibliothek.“ Ich
sage in Abwandlung dieses Zitates mit Blick auf das heutige Ereignis:
Weniges wird in der kulturellen Welt als ein so großes Geschenk
empfunden wie der Neubau einer Bibliothek. Das gilt auch in unserem
audiovisuellen und digitalen Zeitalter. Bibliotheken waren und sind
immer besondere Orte. Hier noch mehr als ein symbolträchtiger Ort in
Kombination mit dem Ratssaal. Er ist künftig der Ort der Demokratie,
des Meinungsstreites und der Entscheidungen für unsere Stadt.
Ab heute wird es wieder schlagen, Nordhausens Herz. Hier, wo bis
zum Baubeginn ein schnöder Parkplatz Ödnis ausstrahlte, werden
Menschen kommen, um sich in der Bibliothek Wissen anzueignen oder bei
der Lektüre Ruhe zu finden. Sie werden sich im Café oder auf der
sonnigen Terrasse treffen. Oder sie kommen in die Stadtratssitzungen
in den neuen Ratssaal.
In den letzten Tagen bei den
Testläufen haben sich viele Nordhäuserinnen und Nordhäuser ganz
schnell „ihre“ Bibliothek erobert. Das ist wohl das größte
Kompliment, das man dem Haus machen kann.
Der Ort, an dem sich unser Bürgerhaus heute erhebt, ist
historischer Grund. Mit dem 1. Spatenstich für das Bürgerhaus vor
fast genau fünf Jahren, setzte sich die Nordhäuser Stadt-, Bau- und
Geistesgeschichte an dieser Stelle fort.
Im 11. Jahrhundert erhob sich hier bereits ein Kirchenbau, am Ende
des 14. Jahrhundert wurde daraus die Nikolaikirche. Mit der
Reformation wurde St. Nikolai die Hauptkirche der evangelischen
Christen der Stadt.
In ihr wurden die Eltern von Justus Jonas begraben. Ebenfalls zu
Grabe getragen wurden hier der frühere Nordhäuser Bürgermeister
und Arzt Conrad Fromann und seine Frau.
Die tragischsten Tage erlebte die Kirche in den Apriltagen des
Jahres 1945: 700 Menschen hatten hier vor den Bomben Schutz gesucht,
bevor die Kirche selbst von Bomben getroffen wurde.
Die Symbolik des Ortes sollte sich am Martinstag des Jahres 2008
fortsetzen: An jenem Nachmittag wurde bei Bauarbeiten ein 250 Kilo
schwerer Bombenblindgänger gefunden. Die gesamte Innenstadt wurde
wegen der Entschärfung der Bombe evakuiert. Die Geschichte hatte
sich nachdrücklich zurückgemeldet.
Bei der Arbeit der Archäologen gab der Boden jeden Tag neue
Geheimnisse preis. Gräber unserer Vorfahren aus der Gründungszeit
Nordhausens, Werkzeuge, Schmuckstücke und Handwerksmittel unserer
Vorväter: Nordhäuser Geschichte drang ins Bewusstsein zurück.
Viele Bürger drängten sich am Bauzaun, um einen Blick auf die
Nordhäuser Geschichte zu werfen.
Das Bürgerhaus hat vom ersten Tag an die Nordhäuserinnen und
Nordhäuser bewegt. Wohl niemanden in dieser Stadt hat das Projekt
kalt gelassen. Der Meinungsstreit war deutlich vernehmbar. Ich sage:
Demokratie ist nicht Harmonie, sondern Streit, Streit um die besten
Lösungen. Am Ende hat auch hier der Kompromiss gestanden, wie es
sich für eine lebendige Demokratie gehört. Im neuen Ratssaal des
Bürgerhauses werden künftig die Debatten um das Beste für
Nordhausen zu Hause sein. Ich freue mich darauf genauso, wie sicher
die meisten von Ihnen!
Sehr geehrte Damen und Herren, am Ende gilt es Dank zu sagen! Für
dieses Haus haben in den letzten zehn Jahren hunderte von Frauen und
Männern gearbeitet, haben Zeichnungen aufs Papier gebracht,
gemauert, Kabel gezogen, Balken gesägt, Fußböden verlegt, Möbel
und Bücher geschleppt, Regale eingeräumt und haben Computer
angeschlossen. Ich bin froh und dankbar, dass während der gesamten
Bauzeit niemand zu Schaden gekommen ist und danke ausdrücklich allen
fleißigen Händen und Köpfen, deren Werk unser Bürgerhaus ist.
Als Mann muss ich etwas neidvoll darauf blicken, dass dieses Haus
sehr entscheidend durch „Frauenpower“ gestaltet wurde.
Insbesondere steht hier meine Amtsvorgängerin, Frau Barbara Rinke
mit ihren Visionen und Ideen für das Projekt. Die Baudezernentin
Frau Inge Klaan hat mit ihrem Sach- und Fachverstand den
handwerklichen Grundstock gelegt und schließlich hat die Zweite
hauptamtliche Beigeordnete, Frau Hannelore Haase das Projekt zu einem
guten Ende geführt.
Frau Dr. Schettler, die Architektin, hat der Idee des Bürgerhauses
Form verliehen, hat vor Ort für viele Details und das Miteinander
der Gewerke gesorgt.
Frau Och vom städtischen Bauamt hat mit der nötigen Ruhe,
Umsicht und ihrem Sachverstand das Ziel nie aus den Augen verloren
und die tausend Fäden in der Hand behalten.
Frau Spieß musste sich mit ganzer Kraft um die Finanzierung
kümmern und hat ganz sicher noch nicht das letzte graue Haar dabei
bekommen. Frau Dr. Klose hat ihre Ideen und Impulse eingebracht.
Schließlich war Frau Seidel, unsere Bibliotheksleiterin bei ihrem
Amtsantritt in der heißen Phase ein Segen. Sie hat manche Idee
geerdet, hat uns mit ihrer Begeisterung befeuert und hat mit Ihrer
ordnenden Hand gelenkt.
Sie hat die Bücherkette in Nordhausen initiiert.
Damit ich es mir mit meinen männlichen Mitarbeitern nicht
gänzlich verderbe und gleichstellungspolitisch nicht daneben liege:
Ich danke natürlich auch allen Amtsleitern vom Stadtplanungsamt,
Bauamt, Rechtsamt, Hauptamt und ich danke Herrn Jendricke und seinem
Dezernat mit Ordnungsamt, Bauordnungsamt und Feuerwehr für die
Begleitung des Projektes. Die ganze Stadtverwaltung war daran
beteiligt, deshalb danke ich Ihnen allen.
Last but not least auch ein ganz besonderes Dankeschön an den
Projektleiter Herrn Jörg Kopprasch, der gemeinsam mit dem Bauleiter
Herrn Müller, die Geschicke der Baustelle immer fest in der Hand
hielt.
„Die
Menschen, nicht die Häuser, machen die Stadt.“,
lautet eine Weisheit aus England.
Nun kann ich uns, die Nordhäuserinnen und Nordhäuser dazu
einladen: Nehmen wir dieses Haus in Besitz.
Ich kann bestätigen: Ein kurzer Besuch macht neugierig und
Appetit auf mehr. Am 20.September ist der Tag der offenen Tür.
Kommen Sie, am besten aber schon eher. In das Haus muss Leben
einziehen und das wird es auch!
Vielen Dank!
Soweit die Ansprache des Oberbürgermeisters. Auf den Festakt und
die zuvor stattgefundene Kennenlern- Aktion werde ich noch eingehen.
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