Freitag, 22. August 2014

1. Fußball-Bundesliga ist defensiver geworden

Obwohl die in der Saison 1995/96 eingeführte Drei-Punkte-Regel eine offensivere Spielweise begünstigen sollte, wird in der 1. Fußball-Bundesliga heute defensiver gespielt als in den 90er Jahren. Das geht aus einer Studie von RWI und WHU hervor. Demnach nahm durch die defensivere Spielweise die Siegwahrscheinlichkeit der Auswärts-Teams signifikant zu. Die durchschnittliche Zahl an Toren pro Spiel blieb hingegen trotz insgesamt weniger Torschüssen nahezu gleich.

Die Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 hat nicht wie beabsichtigt zu einer offensiveren Spielweise in der 1. Bundesliga geführt. Stattdessen wurde in den Jahren 2011 bis 2013 defensiver gespielt als noch in den 90er Jahren. Die zurückhaltendere Spielweise zahlte sich offenbar insbesondere für die Auswärts-Teams aus, deren Wahrscheinlichkeit für einen Sieg signifikant stieg. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung und der WHU – Otto Beisheim School of Management.

Die Tendenz zu einer defensiveren Spielweise zeigte sich insbesondere darin, dass im Vergleich zu den 90er Jahren seltener aufs Tor geschossen wurde. Dabei ließen die Offensivanstrengungen der Heim-Teams mit einem durchschnittlichen Rückgang von 4 Torschüssen je Spiel deutlich stärker nach als die der Auswärts-Teams, die durchschnittlich 2,2 Schüsse weniger aufs gegnerische Tor wagten. Trotz weniger Schüssen aufs Tor blieb die durchschnittliche Zahl an Toren pro Spiel mit um die 2,9 jedoch nahezu konstant. 

Ein Elfmeter reduziert die Sieg-Chancen noch stärker als eine rote Karte

Wie die Studie zudem zeigt, hatte die Anzahl an Torschüssen mit den stärksten Einfluss auf die Siegwahrscheinlichkeit. So erhöhte jeder Schuss, der auf das Tor gelangte, die Sieg-Chancen für Heim-Teams um 5,6 Prozentpunkte, für Gäste-Teams um 6 Prozentpunkte. Die Siegesaussichten stiegen auch mit der Zahl der Abseitsstellungen einer Mannschaft, die als Indikator für die Intensität der Offensivbemühungen gelten. Gewonnene Zweikämpfe und am Gegner begangene Fouls erhöhten die Siegwahrscheinlichkeit ebenfalls statistisch signifikant.

Eine übertrieben aggressive Spielweise hatte hingegen negative Konsequenzen. So verringerte jede gelbe Karte die Sieg-Chancen signifikant, für Heim-Mannschaften um 3,3 Prozentpunkte, für Auswärts-Mannschaften um knapp 3 Prozentpunkte. Noch gravierender wirkte sich der Erhalt einer roten Karte aus, er senkte die Siegwahrscheinlichkeit für Heim-Teams um 11,1 Prozentpunkte, für Gast-Teams um knapp 9 Prozentpunkte. Noch drastischer senkte ein gegen eine Mannschaft gegebener Elfmeter deren Chancen, ein Spiel zu gewinnen.

Keinen Einfluss auf die Siegwahrscheinlichkeit hatte hingegen das Durchschnittsalter einer Mannschaft. Insgesamt hat sich die 1. Bundesliga seit den 90er Jahren verjüngt. Das Durchschnittsalter der Mannschaften sank von gut 27 auf unter 26 Jahre.

Studie nutzt Daten von DFB und Impire AG

Für die Studie wurden insgesamt sechs Spielzeiten der 1. Bundesliga ausgewertet: zum einen die Spielzeiten rund um die Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 (1993/94, 1994/95, 1995/96, 1996/97) sowie die Spielzeiten 2011/12 und 2012/13. Die Drei-Punkte-Regel, nach der ein Sieg mit drei Punkten honoriert wird, hatte die bis dahin geltende Zwei-Punkte-Regel abgelöst, bei der ein Sieg mit zwei Punkten belohnt worden war. Die der Studie zugrunde liegenden Daten stammen mit Ausnahme der Informationen zu Elfmetern und gelben beziehungsweise roten Karten, die dem Archiv des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) entnommen werden konnten, von der Impire AG.
(Katharina Brach Presse und Information
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.)
Mitteilung des idw - wissenschaftlichen Dienstes

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen