Freitag, 3. November 2017

Auszeit brachten mir neue, auch ungewohnte Eindrücke

Am 24.10. verabschiedete ich mich hier für einige Tage, um eine Auszeit im Südharz-Klinikum zu nehmen, wie das ja schon öfter der Fall war. Diesmal war es mein eingeschränktes und desolates Sehvermögen, das eine stationäre und operative Behandlung in der Augenklinik nötig machte. Seit einigen Tagen bin ich zurück und versuche, die während der stationären Behandlung erhaltenen Eindrücke zu verarbeiten. Vielfältige Eindrücke, wie ich mir eingestehe
und recht individuelle, wie ich ausdrücklich betone, die keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Oder eine Kritik an irgendwas oder -wen darstellen können.Für meine altersgerechte Lebensführung, um die ich bemüht bin, aber von großer Bedeutung.

Ich verweise dazu auf einen Sachflyer der Augenklinik, (Bild) in dem es in der Einführung heißt (Auszug): „Unsere Augen sind unsere wichtigsten Sinnesorgane und unser Fenster zur Seele. Nicht mehr sehen zu können gehört für die meisten Menschen zu den schlimmsten Dingen, die ihnen widerfahren könnten. So klein dieses Organ ist, so groß ist seine Bedeutung für unser Leben und für unsere Lebensqualität . . . Als Hauptabteilung sind wir in der Lage, die meisten operativen Eingriffe am Auge durchzuführen.“(Ende der Auszüge)

Dazu bleibt mir nach meinem Eindruck festzuhalten, dass die Augenklinik bestens ausgestattet ist und über ausgezeichnete Fachärzte verfügt - mit Dr. Hubert Scharf als Chefarzt an der Spitze.(Bild). Was übrigens weit bekannt ist. Die PatientInnen kommen zum Teil von weit her, um in der Augenklinik behandelt zu werden. Entsprechend frequentiert sind die Warteräume tagtäglich zur ambulanten Behandlung und vor der stationären Aufnahme.

So weit, so gut: Die medizinischen Verläufe während des Klinikaufenthaltes empfand ich als hilfreich. Wenn es dazu im Flyer heißt, dass die Augen unser Fenster zur Seele, also zu unseren Innersten sind, kann ich dem auch zustimmen. Wobei ich hier Seele mit Psyche interpretiere. Dann aber finde ich es bedauerlich, dass dieses Fenster während der gesamten Zeit in der Augenklinik unbeachtet bleibt. Was sich dahinter tut – nämlich eben in meiner Psyche - bleibt demzufolge unberücksichtigt. Anders ausgedrückt: die Augen allein sind Objekt der Untersuchung und Behandlung, der Mensch selbst, dem diese Augen zugehören, wird so beiläufig und unpersönlich wahrgenommen und behandelt, als wäre er bestenfalls Überbringer dieser Augen, ansonsten ein Neutrum.  Das beginnt bei der Anmeldung, bei der mir ein gedruckter Hinweis lediglich empfiehlt, Platz zu nehmen. Und das ist der Beginn von Wartezeiten von unbestimmter Dauer und wiederholt sich vor jeder Untersuchung oder Behandlung. Von der die Atmosphäre im Wartebereich bestimmt wird, die mich von nun an fortdauernd umfing. Gelegentlich öffnet sich die Tür zum Behandlungsraum, löst Hoffnung aus, dass ich aufgerufen werde und wandelt sich sofort in Enttäuschung, wenn nicht ich es bin, der aufgerufen wurde. Und das wiederholt sich wieder und immer wieder Bis ich dann doch irgendwann gemeint bin  Und auch dann sind es (natürlich) ausschließlich die Augen, die interessieren, als Patient und Mensch  bleibe ich weiter "seelenlos".
 Und für alles, was ich im Folgenden tue und sich ungünstig für mich als Patienten entwickelt und auswirkt, (bis zum Abschlussbrief an den weiterbehandelnden Augenarzt) wird mit „Sie hätten eben länger warten müssen“ beschieden. Was eine Stereotype im gesamten stationären Ablauf zu sein scheint. Und weder ein Arzt, noch eine Schwester scheint sich Gedanken zu machen, wie diese Stereotype - gegen die ich keine Chance habe - psychisch auf mich als Mensch wirkt. Wie sollte ich auch darauf reagieren?

Um nicht missverstanden zu werden: ich anerkenne uneingeschränkt die Bemühungen von Ärzten und auch Schwestern, um mich als Augenpatienten. Ich anerkenne ganz allgemein das tägliche Engagement von Ärzten und Personal um die vielen, vielen PatientInnen mit ihren unterschiedlichen Augenproblemen. Ich habe allerdings Zweifel, ob man sich darüber (noch) Gedanken macht, wie diese damit verbundene unpersönliche, distanzierte menschliche
Behandlung psychisch auf mich als denkenden, empfindenden alten Menschen wirkt. Der alles erträgt in der Hoffnung auf Besserung seines Sehvermögens. Und ich versuche, darüber mein inneres Gleichgewicht zu bewahren. Mir fällt – ohne pathetisch werden zu wollen - gerade im Lutherjahr in übertragenem Sinne Markus 8-36 ein: „Was nützte es mir, die volle Sehkraft (wieder) zu gewinnen, wenn meine Seele (meine Psyche) darüber Schaden nähme...“(ich also dement allmählich werde).Der Mensch ist nun mal ein ganzheitliches Wesen, dessen Körper (Augen) und Seele zusammengehören. Wie oben erwähnt.

Es gibt – und auch das betone ich – Ausnahmen von diesem unpersönlichen Verhältnis zwischen Ärzten und mir als Patienten – Chefarzt  Dr. H. Scharf gehört zu ihnen – die wenigstens den Gesamteindruck mildern, aber halt nicht bestimmen.

Das Fazit: Ich will gern alles tun, was mir am Ende meiner stationären Auszeit an Medikation aufgegeben wurde. Auch in der Hoffnung, dass mir dadurch eine nochmalige stationäre Behandlung in der Augenklinik erspart bleibt. Ich möchte mir gern mein Selbstwertgefühl (auch selbstbestimmtes Leben) erhalten. Mein weiterbehandelnder Augenarzt und dessen Mitarbeitrinnen (Schwestern) sind mir dabei Hilfe. Obwohl auch sie viele PatientInnen zu behandeln und zu versorgen haben.

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