Mittwoch, 22. November 2017

Die FDP hat sich nicht nur für mich neu erfunden

Es sind zwar erst zwei oder drei Tage nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche vergangen, die Berichte, Kommentare und Meinungen darüber aber haben wie eine riesige Lawine die interessierten Mediennutzer überrollt. Dabei hat man, außer der Tatsache des Scheiterns und der unmittelbaren Konsequenzen – wie Vorstellungen und Gespräche bei und mit dem Bundespräsidenten - kaum etwas Konstruktives zu lesen bekommen.
Nach Umfragen macht angeblich nicht nur die Mehrheit der befragten deutschen Bürger der FDP den Vorwurf, am Scheitern schuld zu sein. Und Europapolitiker Reinhard Bütikofer wirft der FDP gar unfaires Verhalten in den Sondierungsgesprächen vor. Für ihn sei der Rückzug der Liberalen überraschend gekommen, sagt Bütikofer dem SWR zufolge. Im Nachhinein habe er aber den Eindruck, die FDP habe ein Scheitern geplant.
Wenn unbefangene Bürger der FDP die Schuld am Scheitern der Jamaika-Verhandlungen geben, dann mag das verständlich sein, vorausschauend aber ist es nicht. Das aber könnte man jedenfalls von einen Politiker wie Reinhard Bütikofer erwarten, denn schon vor Wochen war in „Tichys Einblick“ zu lesen (Auszug): Die FDP wird in eine Jamaika-Koalition mit den Wahlverlierern CDU/CSU und den Grünen getrieben. Klar ist: Christian Lindner müsste dann den Bankrottkurs mittragen. Kann er widerstehen? (Ende des Auszugs). Er widerstand, wie man also nun weiß.
Und Ulf Poschardt (Chefredakteur WELT ) schrieb gestern (Auszug): „Den Deutschen ist das Disruptive ein Gräuel. Die Reaktionen auf das Scheitern der Jamaika-Gespräche belegt dies eindrücklich. „Lindner first, Verantwortung second“, lautet ein Tweet, der exemplarisch ist für die Welle aus Wut und Verachtung, die sich seit gestern über den FDP-Chef ergießt. Was die Liberalenhasser vergessen: Die FDP hat schlicht Rückgrat. Sie tut, was sie sagt und folgt ihrem Programm. Sie ist eine Partei, die sich neu erfunden hat. Aber zugleich akzeptieren muss: Sie wird unbeliebt bleiben, egal, was sie tut.“. Und weiter: „Dieselben Liberalenhasser, die der Partei stets Machtlust, Postenversessenheit und Charakterarmut beschieden, empören sich nun, dass die Partei tut, was sie sagt, und ihrem Programm folgt. Die Partei steht geschlossen hinter dieser neuen unbestechlichen Konsequenz. Sie ist eine neue Partei.„(Ende der Auszüge). Und tatsächlich hat ja Lindner das zunächst unmöglich Scheinende geschafft: die FDP aus dem Nichts wieder in den zweistelligen Himmel zu befördern (schrieb Roland Tichy am 08.11.in Ausgabe 11/2017 seiner „Einblicke“), um jetzt auf ein Regierungssystem zu stoßen, das in seinem Berliner Wolkenkuckucksheim den Blick für die Realität und deren Herausforderungen verloren hat.
Und um noch einmal zu Ulf Poschardt zu kommen (Auszug): „Jamaika hätte eines anderen, unüblicheren Angangs an Koalitionsverhandlungen bedurft als die Endlosprozessionen der Verhandlungsdelegationen. Merkel und die CDU setzten auf die Routine und das erprobte Profitum, die Grünen und die Liberalen machten mit – und mussten mit ansehen, wie nicht nur nichts entstand, sondern die Situation menschlich eskalierte. Die Spitzen der Parteien bewegten sich voneinander weg, anstatt aufeinander zu.“ (Ende des Auszugs).

Damit soll und kann es hier und für mich sein Bewenden haben. Ich will niemanden meine Meinung aufnötigen, sondern lediglich festhalten, dass ich am 24. September die FDP wählte und das bei etwaigen Neuwahlen erneut tun würde. Weil ich bestätigt finde, was ich von ihr erhoffte. (Zitat Poschardt):Die FDP hat schlicht Rückgrat. Sie tut, was sie sagt und folgt ihrem Programm. Sie ist eine Partei, die sich neu erfunden hat.

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