Die Vorrunde der Europameisterschaft in
Frankreich liegt schon mal hinter Akteuren, Zuschauern und sonst
allen am Ereignis Interessierten. Es wird – dessen ungeachtet –
weiter spekuliert, moderiert, analysiert, kritisiert, aber doch auch
gelegentlich jubiliert. Und während die Moderatoren im heutigen
Morgenmagazin ob der zweitägigen Pause schon beginnende
Entzugserscheinungen bei den Fans ausgemacht haben wollen, überlege
ich als weniger Ambitionierter, was das ganze Geschehen noch mit „der
schönsten Nebensache der Welt“ zu tun hat?
Ich denke da etwa an den Modus dieser
Europameisterschaft, zu dem in „Spiegel-online“ am 22.06. ein
Kommentar zu lesen war, ich denke an die Moderation einzelner Spiele
durch die Moderatorin Claudia Neumann, ganz abgesehen von den
gewalttätigen Vorgängen innerhalb und mehr noch außerhalb der
Stadien, um nur einige Beispiele zu nennen. Und wenn ich in der
Presse lese, was und wer sich bei Facebook zu den Vorgängen äußert
(vor allem anonym natürlich , überlege ich schon, welchen
Stellenwert Fußball in der und für die Gesellschaft hat!?
Mir hat ja zunächst Claudia Neumann,
die Sportreporterin, nach dem ersten, von ihr moderierten Spiel leid
getan angesichts des Shitstorms, der sich angeblich während, und
mehr noch nach dem Spiel gegen sie auf Facebook erhob (die Medien
berichteten ja umfänglich). Bis zu dem Zeitpunkt leid getan, zu dem
das ganze zu einen gesellschaftskritischen, ja frauenfeindlichen Tort
gemacht wurde. Wie sollte das gerade anlässlich dieser
Fußball-Europameisterschaft getan worden sein, wenn die Moderatorin
Neumann seit mehr als zwanzig Jahren über Fußball berichtet (laut
SZ-online vom 19.06.) ohne dass bis dahin gegen sie als Frau
opponiert wurde? Jedenfalls las ich nie etwas davon. Ich habe dieses
Spiel gesehen und die eher erzählende Moderation der Claudia Neumann
gehört, die ich emotionslos fand, wie man das sonst von Reportern
gewöhnt ist. Ein Begriff allerdings fiel mir auf, den sie
verwendete: „grenzwertig“ für Zweikämpfe auf dem Spielfeld, mit
dem offenbar gemeint war, dass sie sich am Rande der Fairneß
abspielten. (Ein Kollege von ihr übernahm den Begriff bei späteren
Spielen.)
Die Journalistin war jedenfalls die
erste Frau, die am 11. Juni im deutschen Fernsehen mit Wales gegen
Slowakei ein Spiel einer Männer-EM kommentiert hat. Die Partie
Italien gegen Schweden am Freitag in Toulouse war ihr zweiter Einsatz
in Frankreich. Neumann hatte bereits vor dem Turnier gesagt: „Wenn
jemand per se die Frauenstimme bei Fußball-Kommentaren ablehnt, ist
eine neutrale Beurteilung kaum möglich.“ Und offenbar wurde und
wird eine solche Stimme abgelehnt, was allerdings noch nichts mit
Frauenfeindlichkeit zu tun hat, wie ich meine. (Ich kann mir ja auch
schlecht eine Kommentatorin bei einer Box-Europa – oder gar
Weltmeisterschaft pameisterschaft ohne im geringsten frauenfeindlich
zu sein.)
Angesichts dieser ganzen Problematik aber drängt sich mir eine Überlegung auf, die in eine ganz andere Richtung geht: Journalisten und Moderatoren sind längst zu einer eigenen Spezies geworden, die sich in Selbstgefälligkeit und -zufriedenheit gefällt, Die Auffassungen und Meinungen der Gesellschaft – die im geringen Ansehen ihren Niederschlag findet, den die Medien und ihre Macher in der Öffentlichkeit genießen – scheint sie wenig zu interessieren. Ob und welchen Einfluss dabei Facebook hat, weiß ich nicht, ich gehöre nicht zu dessen Nutzern. Und wundere mich lediglich, dass in nahezu allen Zeitungen unablässig zur Beteiligung bei Facebook angeregt wird.
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