Erzbischof Koch zur Entscheidung im Deutschen Bundestag für die „Ehe
für alle“
Zur
heutigen (30. Juni 2017) Entscheidung im Deutschen Bundestag für die
„Ehe für alle“ erklärt der Vorsitzende der Kommission für Ehe und
Familie der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof
Dr. Heiner Koch (Berlin):
„Ich
bedauere, dass der Gesetzgeber wesentliche Inhalte des Ehebegriffs
aufgegeben hat, um ihn für gleichgeschlechtliche Partnerschaften passend
zu machen.
Gleichzeitig bedauere ich, dass mit dem heutigen Beschluss eine
differenzierte Wahrnehmung unterschiedlicher Partnerschaftsformen
aufgegeben wird, um die Wertschätzung gleichgeschlechtlicher
Partnerschaften hervorzuheben. Differenzierung aber ist keine
Diskriminierung.
Eine Wertschätzung gleichgeschlechtlichen Zusammenlebens kann auch
durch eine andere institutionelle Ausgestaltung ausgedrückt werden. Sie
muss nicht in der Öffnung des Rechtsinstituts der Ehe für
gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Erscheinung treten.
Die Väter des Grundgesetzes gaben der Ehe einen so herausragenden Platz
in unserer Verfassung, weil sie diejenigen schützen und stärken
wollten, die als Mutter und Vater ihren Kindern das Leben schenken
wollen. Wird jetzt vor allem der Schutz von Beziehungen
und die Übernahme gemeinsamer Verantwortung als Begründung für die
Öffnung der Ehe vorgebracht, so bedeutet dies eine wesentliche
inhaltliche Umgewichtung und eine Verwässerung des klassischen
Ehebegriffs.
Eine
Diskussion um die Stärkung und Förderung der vielfältigen
Verantwortungsgemeinschaften in unserer Gesellschaft ist nötig und muss
eigens geführt werden.
Wenn der Staat aber anerkannte verbindliche Gemeinschaften wirklich
stärken will, muss er etwa in der Ehe- und Familienpolitik deutliche
Akzente setzen, um die Stabilität und Eigenverantwortung der Ehen zu
unterstützen statt die Gestaltungsräume der Eheleute
zu beschneiden, wie etwa durch die (in einigen Wahlprogrammen
geforderte) Aufhebung des Ehegattensplittings.
Es
ist bedenkenswert, dass viele von denen, die die Institution Ehe lange
Zeit als lebensfeindlich und als Auslaufmodell bekämpften, nun zu
glühenden Verfechtern
der ‚Ehe für alle‘ wurden. Es stimmt nachdenklich, wie grundlegende
Überzeugungen im Eheverständnis aufgegeben werden mit dem Hinweis auf
notwendige Flexibilität, veränderte Zeiten und populäre Stimmungen. Es
ist traurig, dass das Rechtsinstitut Ehe in das
Räderwerk politischen Taktierens geraten ist. Das hat die Ehe nicht
verdient.
Als
katholische Kirche werden wir uns nun verstärkt der Herausforderung
stellen, die Lebenskraft des katholischen Eheverständnisses, wie es auch
Papst Franziskus
immer wieder klar benennt, überzeugend zu verdeutlichen und in der
Öffentlichkeit einladend zu vertreten. Gleichzeitig erinnere ich daran,
dass der sakramentale Charakter unseres Eheverständnisses von der
heutigen Entscheidung im Deutschen Bundestag unberührt
bleibt. Gerade in der jetzt geführten Debatte ist mir wichtig zu
betonen, dass die Deutsche Bischofskonferenz in ihren Stellungnahmen zum
Lebenspartnerschaftsrecht betont hat, dass es ein Missverständnis wäre,
die hervorgehobene Rechtsstellung der Ehe und
ihren bleibenden besonderen Schutz als Diskriminierung homosexuell
veranlagter Männer und Frauen zu verstehen. Als Kirche haben wir Respekt
für jene gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, in denen über viele
Jahre hinweg gegenseitige Verantwortung und Fürsorge
übernommen wird.“
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