Freitag, 9. Juni 2017

Park-Café Hohenrode: Den Zuhörern Katharina von Bora näher gebracht

In der Einladung zu diesem Anliegen hieß es: „Zu den zahlreichen Veranstaltungen, auch in der Stadt Nordhausen, für Dr. Martin Luther im Jahr der Reformation 2017 gesellt sich an diesem Abend die Nonne, die Frau des Reformators, die Mutter seiner zahlreichen Kinder und eine gewichtige Stimme im Chor der Frauen der Reformation, Katharina von Bora.“ Und es war
Sigrun Reinhardt, die von Gisela Hartmann, der Vorsitzenden des Fördervereins Park Hohenrode, für diesen Vortrag am vergangenen Mittwoch gewonnen, zu Beginn der Veranstaltung begrüßt und gleichzeitig den Zuhörern vorgestellt wurde.
Man kennt inzwischen Sigrun Reinhardt - aktives Mitglied des Fördervereins der Stadtbibliothek Nordhausen - als Vortragende unterschiedlicher kultureller Themen, die sie kompetent, anschaulich und leicht verständlich darzulegen vermag. Und das bestätigte sie diesmal erneut.

„Katarina von Bora - von der Nonne zur starken Frau an Luthers Seite“ lautete das Thema, zu dem also Frau Reinhardt referierte. Was sie in ihrem fast zweistündigen Vortrag ausführte kann hier nur – sinngemäß angelehnt – wiedergegeben werden.

Und so erstand vor den Zuhörern das Bild der 1499 geborenen Tochter verarmter Angehöriger des Landadels, deren Lebensweg zwar unter den damaligen familiären und gesellschaftlichen Verhältnissen zunächst nicht ungewöhnlich war, kam sie doch bereits im Alter von sechs
Jahren (1504) in eine Klosterschule, dem Augustiner-Chorfrauenstift Brehna, was zu damaliger Zeit für adlige Mädchen durchaus üblich, allerdings nur durch beträchtliche Geldleistung möglich war. 1508 wurde sie den Zisterzienserinnen im Kloster Marienthron zu Nimbschen bei Grimma übergeben.Reinhardt betonte, dass den angehenden Nonnen dann aber auch eine ausgezeichnete Bildung zuteil wurde. 1515 legte sie ihr ewiges Gelübde ab, was zeitlebens Besitzlosigkeit, Keuschheit und Gehorsam gegenüber ihren Oberen bedeutete. Es gibt keinen Beleg dafür, dass sie mit ihrem Schicksal bis dahin unzufrieden war, auch wenn das fast im Gegensatz zu der später doch so energischen und redegewandten Frau an Luthers Seite steht. Allerdings ist aus dem Klosterleben Katharinas nur wenig bekannt.
Auch nicht, wie Schriften Martin Luthers in den Jahren nach 1517 ins Kloster Marienthron gelangt sein könnten. Dort nämlich tauchten sie auf und wurden trotz Verbots der Äbtissin von
Katharina und ihren Mitschwestern gelesen. Mit der Folge, dass Ostern 1523 zwölf Nonnen – darunter Katharina von Bora – aus dem Kloster flohen. Nach Hause konnte Katharina allerdings nicht, weil dort auf die Rebellion und das Brechen des Gelübdes die Todesstrafe stand; sie zog mit neun ihrer Ordensschwestern nach Wittenberg, wo Luther sie alle aufnahm und in den Häusern seiner Freunde versorgte, Katharina etwa im Hause vonLukas Cranach d.Ä.

Mit der Aufnahme der geflüchteten Nonnen verband sich für Martin Luther allerdings auch die Aufgabe, für sie zu sorgen und ihnen Ehemänner zu vermitteln. Mit gutem Erfolg, wie Sigrun Reinhardt zu berichten wusste. Nur mit Katharina von Bora wollte es nicht gleich klappen, sie blieb übrig. Immerhin aber soll sie in den Kreisen um Luther sogar wegen ihrer Klugheit geschätzt worden sein. Bis sie schließlich am 13. Juni 1525 die Frau Martin Luthers wurde. In dem Jahr also, in dem der Bauernkrieg tobte. Luthers engster Vertrauter Philipp Melanchthon war entsetzt: wegen der als unschicklich empfundenen Zeit - immerhin wurden die Bauern zu Tausenden getötet, aber auch wegen der Wahl Luthers - Katharina war ihm zu stolz
und zu eigensinnig. Die katholischen Gegner Luthers verfassten zotige Flugblätter über den Mönch und die entlaufene Nonne. Erasmus von Rotterdam dagegen lobte: Luther fängt jetzt an, milder zu werden, und wütet nicht mehr so mit
der Schreibfeder; nichts ist so wild, dass es nicht beim Weibchen zahm würde.
Der Ehe entsprangen sechs Kinder: Johannes, Elisabeth, die im frühen Kindesalter starb, Magdalena (starb mit 12 Jahren), Martin, Paul und Margarethe. Dazu kamen elf weitere, die sie aus der verarmten oder verwitweten Verwandtschaft aufnahmen.

Während ihrer Klosterzeit in Nimbschen hatte Katharina unter anderen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Heilkunde erworben, die sie nun im Schwarzen Kloster zu Wittenberg, ihren Heim, zu einem viel besuchten Ort werden ließ. Neben hochrangigen Patienten kamen oft hoffnungslos Kranke aus der Stadt, denen sie vielfach mit kundiger Hand helfen konnte. Auch für ihren Mann, der an Nieren- und Blasensteinen, Gicht und schweren Kreislaufstörungen litt, waren Käthes Heilkünste unentbehrlich. Sie kümmerte sich nicht nur um die Gesundheit des Reformators. Sie hielt ihm auch „den Rücken frei“ von all den Dingen, die in einem so großen Haushalt anfielen. Auf Katharinas Schultern lastete die gesamte Hauswirtschaft, und Luther verließ sich auf ihr Können, ihre Umsicht und ihren Fleiß. Sie beaufsichtigte den Umbau des Klosters, ließ Ställe errichten und legte Gärten an, war Gärtnerin, Imkerin, Bäuerin und Wirtschafterin, sogar Bierbrauerin. Der Bedarf an Nahrung war groß, kamen zu den eigenen und angenommenen Kindern noch zahlreiche Kostgänger und Gäste, so dass die Tischgesellschaft täglich etwa 50 Personen umfasste. In Wittenberg hieß es, im Hause der Lutherin wohne eine „gar wunderlich gemischte Schar aus Studenten, verlaufene Nonnen, Witwen, alten Leuten und Kindern.“ Luther sah das Treiben gelassen, meinte er doch, das bewahre ihn, der oft schwere Depressionen hatte, vor schwarzen Gedanken.
Möglicherweise hätte es Katharina auch ohne Luther geschafft, ihr Anwesen zu erhalten und die Familie zu versorgen, wäre nicht der Schmalkaldische Krieg ausgebrochen, der im Herbst 1546 die kaiserlich-katholischen Truppen auch nach Sachsen führte. Die Familie des Reformators floh nach Magdeburg, während in Wittenberg ihre Wiesen und Gärten brannten. Im Frühjahr 1547 kehrte sie zurück. Im Mai, ehe noch Kaiser Karl V. in Wittenberg einmarschierte, floh sie in ein evangelisches Kloster nach Braunschweig. Bei ihrer Rückkehr im Sommer 1547 waren ihre Besitzungen zerstört. Nur mühsam gelang es Katharina, sich wieder einzurichten. Die stolze Lutherin war nun als „Martin Luthers nachgelassene Wittfrau“ zu einer Bittstellerin
geworden, eine Rolle, die ihr so gar nicht angemessen war. Nicht nur der neue Kurfürst Moritz von Sachsen (1521-1553), auch die Mitstreiter Luthers, wie Melanchthon und Justus Jonas (1493-1555), waren ihr keine Hilfe. Im September 1552, als in Wittenberg wieder einmal die Pest wütete, flüchtete Katharina mit den beiden jüngsten Kindern Paul und Margarethe nach Torgau. Unterwegs hatte sie einen Unfall, bei dem sie sich schwer verletzte. Tochter Margarethe pflegte sie bis zu ihrem Tode am 20. Dezember 1552 in dem Haus in der Katharinenstraße - damals die Straße „Im Sack“ - in Torgau, das heute das einzige Katharina-von-Bora-Museum beherbergt.

Das also war Katharina von Bora: Sigrun Reinhardts Vortrag auf der Grundlage zahlreicher Literaturauszüge ließ erkennen, dass sie sich eingehend mit dem Leben Katharinas an der Seite des Reformators befasst hat. Dass ich hier nur angelehnt an ihren Vortrag berichten kann, dürfte meines Erachtens doch die Authentizität ihrer Ausführungen nicht beeinträchtigen. Ihr Vortrag – mit viel Dankesbeifall bedacht - könnte gleichzeitig auch ein vorweggenommener Beitrag zur Festwoche zu Ehren Martin Luthers sein, die vom 11. - 18. Juni in Nordhausen stattfindet (siehe meinen Eintrag von heute). Der Dank dafür gilt gleichzeitig Gisela Hartmann, die damit im Park Hohenrode einen wichtigen Beitrag zum Lutherjahr 2017 leistete. Und sich ihrerseits ganz herzlich bei Sigrun Reinhardt bedankte. 

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