Freitag, 18. Oktober 2013

Um Übersicht bemüht

Mir ist der Begriff „eigentlich“ im Grunde zuwider: weil ich bei meinen Einträgen zu oft darauf stoße und mir dabei bewusst wird, dass ich von einer vorgefassten Absicht abweiche, um mich mit einen anderen Thema zu befassen, das mir plötzlich aktueller oder wichtiger erscheint.

So ging es mir zum Beispiel, als ich mich unlängst (noch einmal) mit dem „Tag der deutschen Einheit“ und der unterschiedlichen Betrachtungsweise in Ost und West jeweils bei dieser Gelegenheit befassen wollte. So ging es mir nach der am Vorabend dieses Erinnerungstages im Theater stattgefundenen Ehrenämtler-Ehrung und so geht es mir im Moment mit der Problematik des Limburger Bischofs van Elst. Aus recht unterschiedlichen Gründen.

Anlässlich des „Tages der deutschen Einheit“ störte mich zum Beispiel, dass zwar allgemein und grundsätzlich an diesen Tagen gewürdigt wird, dass diese Einheit vor allem das Verdienst der Menschen in der vormaligen DDR ist, dass nun aber bei diesen Gelegenheiten im Osten vornehmlich das herausgestellt wird, was nach Meinung der Bewohner im Osten Deutschlands, durchaus berechtigt, noch nicht erreicht wurde, um die Verhältnisse zwischen Ost und West auf Gleichstand zu bringen. Um - wie bisher schon - im nächsten Jahr diese Verhältnisse erneut einer Analyse zu unterziehen. Während doch bei den Einheitsfeiern in Stuttgart nach der Würdigung der „Sternstunde deutscher Geschichte“ der Blick in allen gehaltenen Reden nach vorn gerichtet war. Auf das nämlich, was zunächst Aufgabe der Politiker in Deutschland hinsichtlich der Bildung einer neuen Regierung ist. Und was schließlich von Deutschlands im europäischen Rahmen erwartet wird und erbracht werden muss.

Es war „eigentlich“ meine Absicht – um auf der Ebene Ostdeutschlands zu bleiben – in diesem Zusammenhang den gerade Tage zuvor veröffentlichten Leistungsvergleich zwischen Neuntklässlern in den 16 Bundesländern ins Feld zu führen. Bei dem die ostdeutschen Bundesländer doch ein sehr viel höheres Leistungsniveau zeigten als jene im Westen. Das „Hamburger Abendblatt“ meinte dazu, dass dies sicher Balsam für die Seele vieler Ostdeutscher sei. Und darüber hinaus Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das zweigliedrige Schulsystem im Osten grundsätzlich für das Bessere halten. Die tatsächliche Resonanz auf dieses Ergebnis hielt sich indessen im Osten in Grenzen. (Rentenangleichung für Ältere scheint wichtiger als der Bildungsstand und damit die Zukunftsaussichten der Jüngeren.) Statt mich aber mit oder für die ostdeutschen Menschen zu freuen, und dies entsprechend zum Ausdruck zu bringen, ließ ich mich von den Querelen in der Nordhäuser Stadtverwaltung ablenken (siehe meinen Eintrag „Fair sollte es schon zugehen.)

Dann war da die Ehrenamts-Würdigung am Vorabend des „Tages der deutschen Einheit“ im Theater. Eine eindrucksvolle Veranstaltung, deren Bedeutung auch darin lag, dass sie erstmals gemeinsam von Stadt und Landkreis ausgerichtet und durchgeführt wurde. Die Stadt hatte im Vorfeld die Rede des Oberbürgermeisters Klaus Zeh im Wortlaut der Presse zugeleitet, die Landkreisverwaltung die Rede der Landrätin nicht. Nun wollte ich mich „eigentlich“ mit dieser Rede der Landrätin Birgit Keller nach dem Mitschnitt näher befassen. Die sich ja darin dem Ehrenamt unmittelbarer widmete als der OB das getan hatte. Da aber erhalte ich just zu der Zeit ein Belegexemplar eines Buches mit dem Titel „Freiwillig zu Diensten?“ zugeschickt, in dem die Kölner Journalistin Claudia Pinl ein recht bedrückendes Bild dieser Gesellschaft zeichnet. Sie macht da nämlich deutlich, wie in den vergangenen Jahren der ehrenamtliche Einsatz immer selbstverständlicher geworden ist. „In Zeiten leerer öffentlicher Kassen halten sie das Gemeinwesen am Leben“ (was ja auch die Landrätin betonte, wenn auch unter einem ganz anderen Aspekt). Denn, so argumentiert Pinl, sie sorgen auch gleichzeitig dafür, dass vornehmlich soziale Arbeit entwertet wird – denn wer will schon für etwas zahlen, was man auch kostenlos haben kann?. Im Klappentext heißt es dazu, „. . . zerstört das hehre Bild des 'bürgerschaftlichen Engagements', wie es uns von Professoren, Politikern und Ehrenamts-Profis präsentiert wird.“ Freiwillige würden so zu Ausputzern politischer Fehlentscheidungen. Das aber darf nicht sein. Öffentliche Aufgaben in Bildung, im Sozialen und im Kommunalen müssen wieder öffentlich finanziert werden. Ich räume ein, dass ich das Buch noch ungelesen hier liegen habe, weil ich noch immer die Absicht habe, das Manuskript der Rede der Landrätin zu erbitten, um ruhig vergleichen zu können. Ich hab's bisher vernachlässigt. Wobei ja auch der Zeitabstand eine Rolle spielt.

Und dann also die Problematik des Limburger Bischofs van Elst. Ich will dazu bemerken, dass es „eigentlich“ nicht meine Absicht ist, mich hier näher mit dieser Problematik zu befassen – das tun die Medien in über Gebühr gehendem Maße, nur knüpfe ich an das an, was ich zuvor schon dazu bemerkte: zunächst war es nur Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, den man als alleinigen Verursacher der beanstandeten Mehrkosten für das bischöfliche Zentrum ausmachte, der angeblich alle Haushalts- und Kontrollgremien hinters Licht führte. Sogar seine gesundheitliche Verfassung (sein Geisteszustand) wurde in Zweifel gezogen. Inzwischen – und wohl auch um aktuell zu bleiben – heißt es u.a., der Vatikan sei über wesentliche Details des bischöflichen Bauprojektes auf dem Limburger Domberg offenbar schon sehr viel früher im Bild gewesen als bisher bekannt. Auch der Verwaltungsrat hat anscheinend mehr gewusst. Und „Bild“ berichtet gar unter Berufung auf ein Sitzungsprotokoll des Verwaltungsrates vom 1. Juli 2011, das Kontrollgremium habe dem Bischof eine Generalvollmacht für die Begleichung von Mehrkosten beim Ausbau seiner Residenz ausgestellt.

In den vergangenen Tagen hatten zahlreiche Bistümer auf die öffentliche Kritik am Finanzgebaren von Bischof van Elst und Kirche reagiert und ihre Finanzen offengelegt. Bisher hatten die meisten Diözesen über die bischöflichen Vermögen, die nicht Teil des regulären Haushalts sind, im Einklang mit dem geltenden Staatskirchenrecht nicht öffentlich Rechenschaft abgelegt. Kritiker sprechen deshalb von Schattenhaushalten. Die Medien tun ein übriges und nehmen darüber hinaus nahezu alles unter die Lupe, was die katholische Kirche in Deutschland, seine (bischöflichen) Institutionen, Vermögensverhältnisse, ja sogar die Wohnverhältnisse der (Erz-)Bischöfe und ihre Lebensweise betrifft. Nichts bleibt verschont, ohne jede Rücksicht auf den Klerus, Gläubige und natürlich auch Nichtgläubige.

Ohne mich hier weiter mit dieser Problematik oder gar Spekulationen zu befassen, wird die Entscheidung des Papstes – wie immer sie zu Bischof van Elst ausfällt - weitreichende und möglicherweise sogar dramatische Folgen für die katholische Kirche in Deutschland haben.


Übrigens will die Limburger Staatsanwaltschaft erst in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen den Bischof eröffnet. Ihr liegen wegen der hohen Baukosten für die Residenz mehrere Anzeigen wegen Untreue vor.

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