Mir ist der Begriff „eigentlich“ im
Grunde zuwider: weil ich bei meinen Einträgen zu oft darauf stoße
und mir dabei bewusst wird, dass ich von einer vorgefassten Absicht
abweiche, um mich mit einen anderen Thema zu befassen, das mir
plötzlich aktueller oder wichtiger erscheint.
So ging es mir zum Beispiel, als ich
mich unlängst (noch einmal) mit dem „Tag der deutschen Einheit“
und der unterschiedlichen Betrachtungsweise in Ost und West jeweils
bei dieser Gelegenheit befassen wollte. So ging es mir nach der am
Vorabend dieses Erinnerungstages im Theater stattgefundenen
Ehrenämtler-Ehrung und so geht es mir im Moment mit der Problematik
des Limburger Bischofs van Elst. Aus recht unterschiedlichen Gründen.
Anlässlich des „Tages der deutschen
Einheit“ störte mich zum Beispiel, dass zwar allgemein und
grundsätzlich an diesen Tagen gewürdigt wird, dass diese Einheit
vor allem das Verdienst der Menschen in der vormaligen DDR ist, dass
nun aber bei diesen Gelegenheiten im Osten vornehmlich das
herausgestellt wird, was nach Meinung der Bewohner im Osten
Deutschlands, durchaus berechtigt, noch nicht erreicht wurde, um die
Verhältnisse zwischen Ost und West auf Gleichstand zu bringen. Um -
wie bisher schon - im nächsten Jahr diese Verhältnisse erneut einer
Analyse zu unterziehen. Während doch bei den Einheitsfeiern in
Stuttgart nach der Würdigung der „Sternstunde deutscher
Geschichte“ der Blick in allen gehaltenen Reden nach vorn gerichtet
war. Auf das nämlich, was zunächst Aufgabe der Politiker in
Deutschland hinsichtlich der Bildung einer neuen Regierung ist. Und
was schließlich von Deutschlands im europäischen Rahmen erwartet
wird und erbracht werden muss.
Es war „eigentlich“ meine Absicht –
um auf der Ebene Ostdeutschlands zu bleiben – in diesem
Zusammenhang den gerade Tage zuvor veröffentlichten
Leistungsvergleich zwischen Neuntklässlern in den 16 Bundesländern
ins Feld zu führen. Bei dem die ostdeutschen Bundesländer doch ein
sehr viel höheres Leistungsniveau zeigten als jene im Westen. Das
„Hamburger Abendblatt“ meinte dazu, dass dies sicher Balsam für
die Seele vieler Ostdeutscher sei. Und darüber hinaus Wasser auf die
Mühlen derjenigen, die das zweigliedrige Schulsystem im Osten
grundsätzlich für das Bessere halten. Die tatsächliche Resonanz
auf dieses Ergebnis hielt sich indessen im Osten in Grenzen.
(Rentenangleichung für Ältere scheint wichtiger als der
Bildungsstand und damit die Zukunftsaussichten der Jüngeren.) Statt
mich aber mit oder für die ostdeutschen Menschen zu freuen, und dies
entsprechend zum Ausdruck zu bringen, ließ ich mich von den Querelen
in der Nordhäuser Stadtverwaltung ablenken (siehe meinen Eintrag
„Fair sollte es schon zugehen.)
Dann war da die Ehrenamts-Würdigung am
Vorabend des „Tages der deutschen Einheit“ im Theater. Eine
eindrucksvolle Veranstaltung, deren Bedeutung auch darin lag, dass
sie erstmals gemeinsam von Stadt und Landkreis ausgerichtet und
durchgeführt wurde. Die Stadt hatte im Vorfeld die Rede des
Oberbürgermeisters Klaus Zeh im Wortlaut der Presse zugeleitet, die
Landkreisverwaltung die Rede der Landrätin nicht. Nun wollte ich
mich „eigentlich“ mit dieser Rede der Landrätin Birgit Keller
nach dem Mitschnitt näher befassen. Die sich ja darin dem Ehrenamt
unmittelbarer widmete als der OB das getan hatte. Da aber erhalte ich
just zu der Zeit ein Belegexemplar eines Buches mit dem Titel
„Freiwillig zu Diensten?“ zugeschickt, in dem die Kölner
Journalistin Claudia Pinl ein recht bedrückendes Bild dieser
Gesellschaft zeichnet. Sie macht da nämlich deutlich, wie in den
vergangenen Jahren der ehrenamtliche Einsatz immer
selbstverständlicher geworden ist. „In Zeiten leerer öffentlicher
Kassen halten sie das Gemeinwesen am Leben“ (was ja auch die
Landrätin betonte, wenn auch unter einem ganz anderen Aspekt). Denn,
so argumentiert Pinl, sie sorgen auch gleichzeitig dafür, dass
vornehmlich soziale Arbeit entwertet wird – denn wer will schon für
etwas zahlen, was man auch kostenlos haben kann?. Im Klappentext
heißt es dazu, „. . . zerstört das hehre Bild des
'bürgerschaftlichen Engagements', wie es uns von Professoren,
Politikern und Ehrenamts-Profis präsentiert wird.“ Freiwillige
würden so zu Ausputzern politischer Fehlentscheidungen. Das aber
darf nicht sein. Öffentliche Aufgaben in Bildung, im Sozialen und im
Kommunalen müssen wieder öffentlich finanziert werden. Ich räume
ein, dass ich das Buch noch ungelesen hier liegen habe, weil ich noch
immer die Absicht habe, das Manuskript der Rede der Landrätin zu
erbitten, um ruhig vergleichen zu können. Ich hab's bisher
vernachlässigt. Wobei ja auch der Zeitabstand eine Rolle spielt.
Und dann also die Problematik des
Limburger Bischofs van Elst. Ich will dazu bemerken, dass es
„eigentlich“ nicht meine Absicht ist, mich hier näher mit dieser
Problematik zu befassen – das tun die Medien in über Gebühr
gehendem Maße, nur knüpfe ich an das an, was ich zuvor schon dazu
bemerkte: zunächst war es nur Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst,
den man als alleinigen Verursacher der beanstandeten Mehrkosten für
das bischöfliche Zentrum ausmachte, der angeblich alle Haushalts-
und Kontrollgremien hinters Licht führte. Sogar seine
gesundheitliche Verfassung (sein Geisteszustand) wurde in Zweifel
gezogen. Inzwischen – und wohl auch um aktuell zu bleiben – heißt
es u.a., der Vatikan sei über wesentliche Details des bischöflichen
Bauprojektes auf dem Limburger Domberg offenbar schon sehr viel
früher im Bild gewesen als bisher bekannt. Auch der Verwaltungsrat
hat anscheinend mehr gewusst. Und „Bild“ berichtet gar unter
Berufung auf ein Sitzungsprotokoll des Verwaltungsrates vom 1. Juli
2011, das Kontrollgremium habe dem Bischof eine Generalvollmacht für
die Begleichung von Mehrkosten beim Ausbau seiner Residenz
ausgestellt.
In den vergangenen Tagen hatten
zahlreiche Bistümer auf die öffentliche Kritik am Finanzgebaren von
Bischof van Elst und Kirche reagiert und ihre Finanzen offengelegt.
Bisher hatten die meisten Diözesen über die bischöflichen
Vermögen, die nicht Teil des regulären Haushalts sind, im Einklang
mit dem geltenden Staatskirchenrecht nicht öffentlich Rechenschaft
abgelegt. Kritiker sprechen deshalb von Schattenhaushalten. Die
Medien tun ein übriges und nehmen darüber hinaus nahezu alles unter
die Lupe, was die katholische Kirche in Deutschland, seine
(bischöflichen) Institutionen, Vermögensverhältnisse, ja sogar die
Wohnverhältnisse der (Erz-)Bischöfe und ihre Lebensweise betrifft.
Nichts bleibt verschont, ohne jede Rücksicht auf den Klerus,
Gläubige und natürlich auch Nichtgläubige.
Ohne mich hier weiter mit dieser
Problematik oder gar Spekulationen zu befassen, wird die Entscheidung
des Papstes – wie immer sie zu Bischof van Elst ausfällt -
weitreichende und möglicherweise sogar dramatische Folgen für die
katholische Kirche in Deutschland haben.
Übrigens will die Limburger
Staatsanwaltschaft erst in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie
ein Ermittlungsverfahren gegen den Bischof eröffnet. Ihr liegen
wegen der hohen Baukosten für die Residenz mehrere Anzeigen wegen
Untreue vor.
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