Freitag, 11. Oktober 2013

Altbischof Wanke referierte in Nordhausen

Einen hochinteressanten Vortrag hörten zahlreiche Teilnehmer einer Themenveranstaltung im Audimax der Fachhochschule Nordhausen. Erfurts Altbischof Joachim Wanke referierte im Rahmen der „Nordhäuser Gespräche“ zum Thema "Heute von Gott sprechen - in säkularer Gesellschaft".

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich, dass im Februar anlässlich des ersten Gesprächs in dieser Reihe die Botschafterin der Luther-Dekade 2017, DDr. Margot Käßmann, im Audimax einen Besucheransturm auslöste, der es nötig machte, ihren Vortrag zusätzlich in einen der Hörsäle zu übertragen. Ihr damaliges Thema „Reformation und Toleranz“ war in Hinblick auf 2017 zeitorientiert, aber ganz sicher nicht weniger theologisch untersetzt wie der gestrige Vortrag des Altbischofs. Die unterschiedliche öffentliche Resonanz schon im Vorfeld der beiden Vorträge lässt aber Schlüsse zu deren Verhältnis zu den Themen und mehr noch zu deren Interpreten zu, die recht vordergründig wirken. Und nicht weniger die Berichterstattung der Medien danach.

Und da könnte die (erneute) Feststellung der Sachlichkeit zugute kommen, dass diese Gesprächsreihe ein gemeinsames Projekt der Fachhochschule Nordhausen, des Evangelischen Kirchenkreises, des Theaters Nordhausen und des Buchhauses Rose ist. Die sich an eine interessierte Bürgerschaft der Rolandstadt richtet. Dass es dazu diesmal sogar Kritik am Veranstaltungsort gab lässt bei den Kritikern eine Geisteshaltung vermuten, die alles Christliche in die Kirchen verbannen möchte. Allerdings hat es zum Käßmann-Vortrag derartige Kritik nicht gegeben.

Im Verhältnis zur ersten Veranstaltung hielt sich die öffentliche Teilnahme in Grenzen, war aber immer noch beachtlich. Und sowohl Prof. Jörg Wagner, Präsident der Fachhochschule, als auch Superintendent Michael Bornschein, Vorsitzender des Kreiskirchenrates, die die Begrüßung und Einführung ins Thema vornahmen, zeigten sich mit der Resonanz zufrieden. Und für den Referenten könnte es sogar eine Genugtuung gewesen sein, vor einem so gut besuchten bürgerlichen Auditorium zu sprechen. Das lässt der Inhalt seines Vortrags vermuten. Den er mit dem Hinweis begann, dass gut 70% seiner Landleute keiner Kirche angehören. Was teilweise – und vermutlich überwiegend – darauf beruht, dass sie schon von Kindheit an keine Kirchennähe hatten. Gerade in der Generation der 30 – 50-jährigen ehemaligen DDR-Bürger gäbe es viele, die von religiöser Erziehung völlig unberührt, gleichsam „chemisch rein“ von Religion aufgewachsen sind.

Der Altbischof weiß es nicht nur aus Statistiken, sondern aus eigenem Erleben, würdigte doch sogar im vergangenen Jahr Bernhard Vogel, ehemaliger Thüringer Ministerpräsident, dessen Verdienste bei der Verabschiedung Joachim Wankes aus dem Bischofsamt: schon zu Zeiten der DDR habe der Bischof die Distanz der katholischen Kirche zum sozialistischen Staat zwar nicht in Frage gestellt. "Aber er setzte neue Akzente und bewies Mut und Tapferkeit", betonte Vogel. Wanke sei ein Brückenbauer nicht nur zwischen den Konfessionen, sondern auch zwischen Christen und Nichtchristen geworden.

Der Vortrag des Altbischofs erinnerte mich an einem Themenvortrag, den ich vom Vortragenden vor einiger Zeit in anderen Zusammenhang hörte. Übereinstimmend danach gehören Religion und religiöse Praxis von Anfang an zur kulturellen Ausstattung des Menschen. wie uns ja auch die Religionswissenschaften belehren. Die Frage, ob es so etwas wie Gott wirklich gibt, wie man mit ihm in Verbindung treten kann und ob seine Existenz etwas mit unserem Leben zu tun haben könnte, bewegt die Menschen von Urzeiten an. Es ist sozusagen das Markenzeichen des Menschen zu fragen, ob er mit sich allein ist oder ein transzendentes Gegenüber hat.

Eine der wichtigsten Aufgaben der vor uns liegenden Zeit wäre es, die Konsequenzen
aus dem Scheitern der marxistischen Gesellschaftsutopie für den Ausbau und Weiterbau
einer freiheitlichen, demokratisch verfassten Gesellschaft zu ziehen. Eine gute Polibistums-Strategie muss wissen, mit welchem Menschen sie es zu tun hat. Nicht zuletzt Parteien, die von einer christlichen Grundorientierung ausgehen wollen, sollten sich mit Fragen des Menschenbildes, der Menschenwürde, der Zielbestimmtheit menschlichen Lebens und Arbeitens auseinandersetzen. Ich sehe übrigens, so der Referent, das Interesse an solchen Fragen durchaus wachsen, etwa unter der Fragestellung: Wohin treibt unsere Gesellschaft?


Man sollte jedenfalls das soziale Engagement der Kirche nicht kleinreden. Die Grundaufgabe der Kirche ist es aber, auf den Himmel zu verweisen, auf die Tatsache, dass wir mit uns selbst nicht allein sind, sondern im tiefsten und letzten Sinne ein Gegenüber haben. Darum müssen wir uns mühen. Wir haben als Kirche eine Aufgabe für alle Menschen. Ich spreche gerne von einer neuen missionarischen Präsenz der Kirche in der Gesellschaft.

Das Elisabeth-Jahr 2007 war für mich ein gelungenes Beispiel dafür, betonte der Referent. Anhand der Biografie der heiligen Elisabeth kann man sehr deutlich machen, dass man die Erde nicht vernachlässigt, wenn man sich um den Himmel kümmert. Diese Frau hat den Himmel über Thüringen offen gehalten. Sie war als Politikerin und Mystikerin gleichzeitig ein leuchtendes Beispiel menschlicher Barmherzigkeit. Darum geht es: Den Himmel über Thüringen offen halten und sich um die Menschen in Not kümmern, ihnen zuhören, mit ihnen ein Stück ihres Weges gehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen