Samstag, 3. August 2013

Jugend in Deutschland: Keinen Bock auf Demonstrationen?

Auf „Arte“ sah ich gerade (um 17.10 Uhr) unter dem Titel „Verschollene Filmschätze“ die dramatischen Demonstrationen chinesischer Studenten im Jahr 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking.
Das steht zwar in keinem Zusammenhang zu einem aktuellen Essay der „Süddeutschen“, in dem die Autorin Hannah Beitzer die Frage zu beantworten versucht, warum junge Deutsche so wenig demonstrieren. Und gleichzeitig quasi appelliert: „Macht doch auch mal was!“ Die Vorgänge von 1989 in Peking machen allerdings deutlich, welche Verhältnisse herrschen oder eintreten müssen, um eine wirkliche und nachdrückliche Demonstrationsbewegung junger Menschen auszulösen. Verhältnisse, von denen man in Deutschland Lichtjahre entfernt ist.

Ich könnte hier den Versuch machen, die 68er Bewegung in Deutschland anzuführen, um zu veranschaulichen, dass es auch in Deutschland unter Studenten und jungen Menschen Unzufriedenheit gab, die sich in Demonstrationen äußerten. Bei denen ich sogar aktives Engagement zeigte. Aber einmal war diese Unzufriedenheit nicht einheitlich motiviert und zum anderen musste ich mir damals nach anfänglicher Akzeptanz von einigen der regionalen (Mit-) Initiatoren sagen lassen, dass ich für diese Protestbewegungen doch schon zu alt sei. Man wollte „unter sich“ sein. Für mich war es mit meinen damals noch nicht einmal 40 Jahren eine verbitternde Erfahrung. Jung sein war damals das Credo.

Heute halte ich mich zurück, weil ich das für klüger halte. Und in diesem Essay einmal mehr die Bestätigung finde. In dem zwar Protestbewegungen junger Menschen in Brasilien, Ägypten, Türkei und Bulgarien als Beispiele erwähnt werden, aber auch gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass sich vorhandene Unzufriedenheit vermehrt im Netz äußert und ausgetragen wird. Und da habe ich mir ja selber Grenzen gesetzt. Ich weiß also gar nicht, was dort vorgetragen und ausgetragen wird.

Immerhin aber habe ich eine Meinung, wenn in diesem Essay die Frage gestellt wird, ob es Studierenden und jungen Menschen zu gut geht, um wirklich unzufrieden zu sein? Und ich kann dazu in der Reflexion auf meine Zeit oder die meiner Töchter ohne Zögern sagen: ja, es geht ihnen zu gut. Zu früherer Zeit ging es um die Finanzierbarkeit des Studiums und die durchaus schwierige Frage des Einstiegs in den Beruf. Heute ist das kaum ein Problem, wohl aber die vermehrt angebotenen Zeitverträge für Berufseinsteiger. Und die Sorge um die Altersversorgung in späteren Jahren. Soweit Studierende frühzeitig genug an diese Zeit denken. Heute kann eine Studentin – etwa an der Fachhochschule in Nordhausen – schon während der Studienzeit ein Baby bekommen, das unmittelbar im Campus einen Kitaplatz findet. Zu früheren Zeiten undenkbar. Wohnungen für Studierende gibt es ebenso in Nordhausen in ausreichendem Maße. Und das sind nur Beispiele. Ohne das auf weitere Beispiele auszuweiten, mag es mit dem Schlusssätzen des erwähnten Essays sein Bewenden haben: „“In Deutschland halten die Jungen noch einen kleinen Zipfel Zukunft in den Händen. Um ihr Verhältnis zur Krise mit einer auf Facebook gebräuchlichen Beschreibung des Beziehungsstatus zusammenzufassen: Es ist kompliziert. Zu kompliziert für eine neue, große Protestbewegung. Jedenfalls noch. 

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