Freitag, 4. Dezember 2015

Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh zur Thematik „Bedarfszuweisungen“:

„Es ist mir zuwider, für den Freistaat Thüringen die Stadt tot zu sparen. Aber Erfurt legt uns die Knebel an. Die Bremsspuren werden deutlich sein.

Nordhausen (psv) Die Stadt Nordhausen hatte im April 2015 fünf Millionen Euro Bedarfszuweisungen beantragt. In der jetzt eingetroffenen schriftlichen Bescheid-Ankündigung des Landesverwaltungsamtes wird angekündigt,  als reine Bedarfszuweisung lediglich 777.460 Euro zu gewähren und ein zinsloses – aber zurück zu zahlendes - Darlehn von 1.937.259. “

Dr. Zeh äußert sich jetzt - erweiternd zur 1. Stellungnahme – wie folgt:  „Was man speziell der Stadt zumuten möchte, ist so nicht hinnehmbar. Das Land kürzt zuerst die Schlüsselzuweisungen an die Kommunen. Daraufhin muss die Kreisumlage steigen. Macht in der Summe eine Mehrbelastungen für die Stadt Nordhausen von 7 Millionen.  Dann lässt man uns mit einem Loch von 5 Millionen sitzen und sagt: Entkleidet Euch finanziell! Belastet Eure Bürger weiter! Hier wird Ursache und Wirkung vertauscht.

Es ist mir zuwider, für den Freistaat Thüringen die Stadt tot zu sparen. Aber in Erfurt legt man uns die Knebel an. Dieser Knebel wird so eng gezogen, dass praktisch keine kommunale Selbstverwaltung mehr möglich ist. Zumal sämtliche erzwungenen Einsparungen in erster Linie zu Lasten derer gehen, die auf eine starke öffentliche Hand angewiesen sind.  Sie richten sich in zweiter Linie gegen jene,  die den Wohlstand erwirtschaften: Das sind die Unternehmen und die dort Beschäftigten. Die geforderte Steuererhöhung wird sich niederschlagen - und nicht zum Positiven. Wir müssen auch berücksichtigen, dass unsere Wirtschaft noch in einer Boomphase ist. Was passiert, wenn die Konsolidierungsphase kommt?

Trotz der katastrophalen Vorankündigung aus Erfurt müsse die Stadt handlungsfähig bleiben. „Sämtliche vertragliche Bindungen werden erfüllt.“

Eine weitere unfaire Zwangslage werde durch die Nebenbedingungen im Bescheid aufgebaut:
„Das Land will selbst die wenigen 760.000 Euro erst auszahlen, wenn der Bescheid Bestandskraft hat. Das heißt: Gehen wir in den Widerspruch, verzögert sich die Auszahlung weiter. Auch dies ist unerträglich, weil damit ein rechtlicher Einspruch als Option völlig ausscheidet.“

Nach der Erstinformation an den Finanzausschuss des Stadtrates habe er persönliche Gespräche mit dem Leiter der Staatskanzlei, Prof. Hoff, geführt, so Zeh weiter. „Ich nehme Herrn Professor Hoff beim Wort und setze darauf,  dass die Bedingungen hinsichtlich der so genannten freiwilligen Leistungen gelockert werden. Ist man in Erfurt vernünftig und gerecht, rechnet man uns  die jährlich über zwei Millionen Euro für unser Theater überhaupt nicht auf die freiwilligen Leistungen an!“

Schriftlich habe die Stadt Nordhausen ihre Verwunderung und ihren Protest über die bewilligte Summe und die Bedingungen  gegenüber dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, der Kommunalaufsicht beim Landratsamt und beim Ministerpräsidenten angemeldet.

Welche Sofort-Maßnahmen nötig seien, darüber müsse der Stadtrat entscheiden. „Wir haben konsequent unsere Hausaufgaben gemacht. Der Schuldenberg von 40 Millionen Euro ist auf rund 33 Millionen Euro abgesenkt, wir tilgen Kredite planmäßig. Nur: Mit einem Almosen von 770.000 Euro  lässt sich weniger als beschränkt agieren.  Hinzu kommt: Das auf den ersten Blick als großzügig erscheinende Angebot, 1,9 Millionen Euro als rückzahlbares Darlehn zu gewähren, lässt unsere Verpflichtungen noch einmal nach oben schnellen. Denn auch dieses Darlehen will das Land getilgt sehen.“

Ob die Jugend- und Kulturvereine im kommenden Jahr mit freiwilligen Zuschüssen rechnen können, könne er jetzt nicht beantworten, so Zeh weiter. „Allerdings kann ich wenig Hoffnung machen:  Unter Strafandrohung hat sich das Land klar geäußert: Verträge kündigen! Zuschüsse kürzen! Da gibt es praktisch keinen Spielraum. Aber ich kann der Diskussion im Stadtrat nicht vorgreifen (Und von  der ich mir wünsche, dass sie sachlich verläuft).  Die Vereine  wären allerdings gut beraten, sich schnellstmöglich – vielleicht auch über die Nordhäuser Landtagsabgeordneten- nach Erfurt zu wenden. Dort stehen die Fleischtöpfe, dort wird das Geld verteilt. Hier ab jetzt nicht mehr.“

Hinzu komme, „dass wir Aufgaben dorthin zurück geben sollten, wo sie hingehören: Jugendarbeit zum Beispiel geht nach dem Sozialgesetzbuch an den Landkreis.“


Kämpfen werde er für das Theater: „Dass wir uns das Theater über unakzeptable Bedingungen im Zuweisungsbescheid auf Umwegen dicht machen lassen, nehme ich nicht hin. Nehmen wir nur eine Wirtschaftlichkeitsberechnung: Die 10 Millionen, die die Träger in das Theater geben, erzeugen pro Jahr 18 Millionen. Das ist eine respektable Umsatzrendite. Eine erzwungene Schließung über die Hintertür wäre kulturpolitisch eine Katastrophe und wirtschaftspolitisch eine Torheit. Das Theater ist nicht ein Stadttheater. Es ist der kulturelle Leuchtturm für den ganzen Südharz und für Regionen von drei angrenzenden Bundesländern.“  

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