Ich besuchte gestern diesen Teil der Ausstellung, nachdem ich – nach der Teilnahme an der Vernissage zu dieser Ausstellung – kürzlich an dem Künstlergespräch mit Tilmann Graner - ebenso im Kunsthaus - teilnahm. Und bis dahin die im Erdgeschoß ausgestellten Bilder in Augenschein genommen hatte, die ich als außerordentlich gut fand. Und glaubte, damit die gesamte Ausstellung in
ihrer hervorragenden Qualität kennengelernt zu haben.
Dass diese Meinung irrig sei, wurde mir nach dem eigentlichen Künstlergespräch in der zwanglosen Unterhaltung von Michael Menzel deutlich gemacht, der ja selbst ein ausgezeichneter Fotograf ist. „Erst wenn man diese Wintermotive im Obergeschoß gesehen hat weiß man um die das wirkliche fotografische Können Tilmann Graners“, seine Meinung.
Und diese Anregung bewog mich nun doch, meine derzeitige Beschwernis im Treppensteigen in Kauf zu nehmen und den oberen Teil der Ausstellung zu besuchen. Was ein Glück! Was sich mir dort an Bildern erschloss, ist phänomenal und lässt das wirkliche Können Tilmann Graners als Fotograf
erkennen. Die monochromen Eindrücke, die in den Bildern eingefangen sind und die Farbigkeit sommerlicher Motive ablösen, denen man sonst begegnet, erinnern an die klassische Schwarzweiß-Bildgestaltung mit Hilfe von Strukturen, Kontrasten und Texturen. Schnee ist ja erst mal nichts weiter als eine weiße Fläche. Licht und Untergrund ergänzen die dritte Dimension. Graner versteht es, Lichtperspektiven zu finden, in denen Wellen, Rippen und Hügel deutlich erkennbar werden. Die Licht- und Schattenspiele in den winterlichen Landschaften, die Nebelbildungen, die alles in diffusem Lichte erscheinen lassen, sind so meisterlich erfasst und festgehalten, dass man in geradezu andächtiger Betrachtung verweilt und diese Stimmung von Bild zu Bild mitnimmt. Es sind Bilder darunter, angesichts derer man den Eindruck hat, die darauf erkennbare sonnenbeschienene Landschaft sei für grafische Spielereien gewählt worden. Und Aufnahmen im Gegenlicht bekommen eine besondere Qualität, es zeugt einfach Alles von dem hohen Können des Tilmann Graner.
Und wenn ich dabei in den Titeln zu den jeweiligen Bilder lese, wo sie entstanden, drängt sich mir doch die Frage auf, ob man wirklich so weit reisen muss, um solche Motive und Stimmungen zu finden? Oder man die nicht auch in unseren Bergen, also den Alpen findet? Nun sind diese Bilder ja keineswegs nebenbei auf gelegentlichen Urlaubsreisen und Wanderungen entstanden, sondern bedurften neben der geografischen auch der örtlichen und (jahres-)zeitlichen Kenntnis. Und einer sorgfältigen Planung. Tilmann Graner ist hauptberuflich Fagottist beim Loh-Orchester
Sondershausen, was ja zunächst einmal ein hohes Maß an zeitlichen und instrumentellen Engagement und Können erfordert. Wer all das miteinander in Einklang bringen kann, muss ein geradezu universeller Künstler sein. Alle Hochachtung also vor Tilmann Graner.
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