„Juden und Christen sind in besonderer Weise miteinander
verbunden“
Als eine „Ermutigung, den christlich-jüdischen Dialog mit noch
größerem Engagement fortzuführen“, hat der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, das neue
vatikanische Dokument zum 50-jährigen Jubiläum von Nostra aetate
bezeichnet. Es wurde heute vom Präsidenten der Kommission für die
religiösen Beziehungen zum Judentum, Kardinal Kurt Koch, im Vatikan
vorgestellt.
Das Dokument bekräftigt die Sonderstellung der
christlich-jüdischen Beziehungen im interreligiösen Dialog und will
insbesondere dem theologischen Dialog zwischen Juden und Christen
neue Impulse geben. Es würdigt im ersten Abschnitt die
Konzilserklärung Nostra aetate, die im 4. Kapitel die
theologischen Grundlagen für die Verbesserung der Beziehungen
zwischen Katholiken und Juden gelegt hat. Auf dieser Grundlage konnte
sich in den vergangenen 50 Jahren eine Kultur des Dialogs entwickeln.
Deutlich wird das Besondere des Verhältnisses der Kirche zum
Judentum hervorgehoben. Denn die christliche Verkündigung wurzelt in
der Glaubensgeschichte Israels. „Die Kirche stünde ohne ihre
jüdischen Wurzeln in der Gefahr, ihre heilsgeschichtliche
Verankerung zu verlieren (…).“ Christentum und rabbinisches
Judentum werden historisch und theologisch „als zwei Geschwister“
gesehen, die sich auf unterschiedliche Weise die Heilige Schrift
Israels aneignen und weiterführen. Deshalb könne man von einem
„intra-religiösen oder interfamiliären Dialog“ sprechen.
Diese dialogische Denkstruktur liegt auch den weiteren Abschnitten
zum Offenbarungsverständnis, zum Verhältnis von Altem und Neuem
Bund, von Altem und Neuem Testament zugrunde. Mehrfach wird der
Vorstellung widersprochen, der Neue Bund löse den Alten Bund ab oder
die Kirche trete an die Stelle Israels (Substitutionstheologie).
Israel bleibt vielmehr das von Gott erwählte und geliebte Volk.
Deshalb ist die Kirche geradezu auf den Dialog mit Israel verwiesen,
um Gottes Wort und Wille immer besser zu verstehen. Der Dialog
zwischen Juden und Christen ist „in theologischer Hinsicht nicht
Kür, sondern Pflicht“.
Das Dokument verschweigt nicht den „Fundamentalunterschied“
zwischen Christentum und Judentum, der in der Bewertung der Person
Jesu von Nazareth besteht. Es gehört zu den Stärken des Dokumentes,
dass auch theologisch noch nicht befriedigend gelöste Fragen offen
angesprochen werden. Dazu zählt nicht zuletzt die Frage, wie das
christliche Bekenntnis, dass Gott alle Menschen durch Jesus Christus
zum Heil führen will, mit der Lehre vom ungekündigten Bund Gottes
mit Israel theologisch kohärent zusammengedacht werden kann. Mit
Verweis auf den Apostel Paulus (vgl. Röm 11,33) stellt das
Dokument fest: „Dass die Juden Anteil an Gottes Heil haben, steht
theologisch außer Frage, doch wie dies ohne explizites
Christusbekenntnis möglich sein kann, ist und bleibt ein
abgrundtiefes Geheimnis Gottes.“
„Es ist ein gutes Zeichen, dass das Dokument klare Aussagen zur
Frage der ‚Judenmission‘ enthält“, erklärt Kardinal Marx.
Ausdrücklich wird festgestellt, „dass die katholische Kirche keine
spezifische institutionelle Missionsarbeit, die auf Juden gerichtet
ist, kennt und unterstützt“. Mit dieser „prinzipiellen Abweisung
einer institutionellen Judenmission“ werde ein Hindernis in den
christlich-jüdischen Beziehungen endgültig beseitigt. „Auch wenn
das Dokument theologische Fragen ins Zentrum rückt, so wird doch
auch betont, dass sich der christlich-jüdische Dialog nicht auf
Fachleute beschränken darf. Es ist wichtig, dass dieser Dialog noch
stärker als bislang in der theologischen Ausbildung, im
Religionsunterricht und in den Gemeinden verankert wird“, so
Kardinal Marx.
Hinweis:
Das vatikanische Dokument finden als pdf-Datei zum Herunterladen
unter www.dbk.de.
Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz am 10. Dezember 2015
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