RUND 230 MILLIONEN KINDER ERLEBEN KRIEG
Berlin, 30. Juni 2015Jedes zehnte Kind auf der Welt wächst laut UNICEF derzeit in einem Land oder einer Region auf, die von bewaffneten Konflikten geprägt sind.
Dies bedeutet, dass rund 230 Millionen Mädchen und Jungen in ihren entscheidenden Lebensjahren vor allem Unsicherheit, Hass und Gewalt erleben. Ihre Versorgung mit elementaren Gütern wie Nahrung, Wasser und medizinischer Hilfe ist vielfach schlecht. Und sie können nicht oder nur selten eine Schule besuchen. In Bürgerkriegen wie in Syrien, Irak, Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik werden Kinder zur Zielscheibe unaussprechlicher Misshandlungen.
Irak: Im Flüchtlingslager Kawergosk hat dieser syrische Junge Zuflucht vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat gefunden.
© UNICEF/NYHQ2013-1015/Alessio Romenzi
Mit seinem Report „Kinder zwischen den Fronten“ ruft UNICEF Deutschland Regierungen und Konfliktparteien dazu auf, die fundamentalen Rechte der Kinder in Kriegsgebieten zu verteidigen. Um Gesundheit, Bildung und Schutz der Kinder auch unter schwierigsten Bedingungen sicher zu stellen, muss humanitäre Hilfe bereits die Brücke zu nachhaltiger Entwicklungshilfe schlagen. Insbesondere müssen mehr Mittel für psychosoziale Betreuung und Bildungsprogramme für Kinder in Krisengebieten bereitgestellt werden.
Peshkhabour, nahe der syrischen Grenze: Ein UNICEF-Helfer betreut Flüchtlingskinder in einem kinderfreundlichen Zelt.
© UNICEF/NYHQ2014-1177/Khuzaie
„Kinder und Jugendliche sind die Hauptleidtragenden in Krisen und gewaltsamen Konflikten. Gleichzeitig haben sie es als Erwachsene von morgen in der Hand, den Übergang zum Frieden zu gestalten. Wir müssen dazu beitragen, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Neben Schutz vor Gewalt, ausreichend Nahrung und gesundheitlicher Versorgung brauchen die jungen Menschen vor allem Bildung und Ausbildung“, sagte Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Kindern in Krisenregionen werden die Bildungschancen genommen. Provisorische Zeltschulen bieten Ersatzunterricht und Struktur im unsicheren Alltag.
© UNICEF/Khuzaie
„Wir erleben weltweit eine der schlimmsten Phasen von Konflikten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges“, sagte Ted Chaiban, Programmdirektor von UNICEF in New York. „Es besteht die Gefahr, dass ganze Generationen von Kindern Gewalt und Instabilität als normalen Teil ihres Lebens ansehen. Diese Erfahrung darf sich nicht verfestigen. Humanitäre Hilfe muss auch langfristige Perspektiven für Kinder und Jugendliche schaffen.“
„Nothilfe ist unverzichtbar. Aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben“, sagte Dr. Jürgen Heraeus, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. „Die Chance zur Rückkehr zu Stabilität und zu einer friedlichen Entwicklung hängt entscheidend davon ab, ob es gelingt, Heranwachsenden Orientierung und Arbeit zu geben.“
Fakten: Kinder und Krieg
Die Not der Zivilbevölkerung ist gegenwärtig besonders groß in Syrien, im Irak, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik. Auch die Situation im Jemen hat sich in den vergangenen Monaten ständig verschlechtert. Allein in diesen fünf Ländern sind rund 21 Millionen Kinder von Krieg und Gewalt betroffen.In zahlreichen Konflikten hat schwere Gewalt gegen Kinder ein erschütterndes Ausmaß erreicht. Mädchen und Jungen werden direkt zur Zielscheibe von Gewalt, entführt und versklavt. Immer wieder werden Heranwachsende auch als Selbstmordattentäter missbraucht. Gruppen wie IS in Syrien und Irak oder Boko Haram in Nigeria missachten bewusst die Prinzipien des humanitären Völkerrechts, um weltweit Aufmerksamkeit zu erwecken.
Der UN-Sicherheitsrat listet für 2014 insgesamt 23 Konfliktsituationen auf, in denen Kinder schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Von den beteiligten 59 Konfliktparteien sind acht Regierungstruppen und 51 nicht-staatliche Akteure.
In etwa der Hälfte aller bewaffneten Konflikte bricht innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Ende erneut Gewalt aus – wie zum Beispiel im Südsudan. In Friedensprozessen können Kinder und Jugendliche als „Agenten des Wandels“ eine wichtige Rolle spielen und müssen aktiv einbezogen werden.
Deutschland ist heute weltweit einer der wichtigsten Partner von UNICEF, um Kinder in den ärmsten Entwicklungsländern und in Krisengebieten zu helfen. Allein seit 2013 hat die Bundesregierung hierfür rund 210 Millionen Euro bereitgestellt. Hierdurch konnten zum Beispiel syrische Flüchtlingskinder im Libanon, in Jordanien und im Irak eine Schule besuchen und erhielten psychosoziale Hilfsangebote. Auch die Trinkwasserversorgung wurde in den Aufnahmeländern verbessert und Impfkampagnen gegen Kinderlähmung unterstützt.
Allein 2015 brauchen laut UNICEF weltweit über 62 Millionen Kinder in Krisengebieten dringend Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Hilfe, Notschulen sowie Schutz vor Ausbeutung und Gewalt – für mehr als drei Milliarden Dollar. Im Jahr 2014 leisteten UNICEF und seine Partner in 98 Ländern und 294 Einsätzen Nothilfe, oftmals unter gefährlichen Bedingungen. Rund 2,5 Millionen Mädchen und Jungen erhielten dabei auch psychosoziale Unterstützung in einfachen Kinderzentren, vielfach in Zelten.
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