Mittwoch, 1. Juli 2015

Wie Journalisten wieder Vertrauen (zurück-)gewinnen

Da hatte ich doch hier am Sonntag (28.06.) meine Meinung über den Vertrauensverlust der Medien bei der engagierten Bürgerschaft geäußert, den „infratest dimap“ in einer aktuellen Studie feststellte. Danach ist die Beziehung zwischen Lesern und Journalisten angespannt, wenn nicht sogar schon zerrüttet. Was mich dabei immer wieder wundert, ist die nach wie vor zu beobachtende Selbstgefälligkeit, teils sogar Überheblichkeit, mit der nicht wenige Journalisten in der Öffentlichkeit auftreten. Und nach wie vor jedes Gespür für das miese Ansehen vermissen lassen, das sie bei Lesern ihrer Zeitungen und Nutzern ihrer Internet-Angebote genießen.

Man macht mir in Gesprächen gelegentlich den Vorwurf, ich würde die Arbeit der Journalisten gegenwärtigen Zuschnitts zu kritisch beurteilen und darstellen. Dabei finde ich mich doch – leider – nur bestätigt durch Studien wie die jüngste von „Infratest dimap“ oder zuvor schon des Instituts für Demoskopie Allensbach. Und ich zitiere auch wieder einmal Sonia Seymour Mikich, Chefredakteurin des WDR, zuvor Moderatorin des Politmagazins Monitor, die schon vor Jahren in dem Buch „Wozu noch Journalismus?“ meinte (Auszug): „Seien wir doch ehrlich, Journalisten stehen nicht mehr oben auf der Hit-Liste geschätzter und vorbildhafter Zeitgenossen. Außerhalb des Medien-Biotops, nämlich in der Wirklichkeit, ist das Bild auf unseren Berufsstand eher unfreundlich und es wird nicht feinfühlig unterschieden zwischen den Genres. Wir alle sind „die Medien“. Betrüblich aber wahr: Die Mitmenschen unterstellen, wir seien allesamt nur noch getrieben von guten Quoten, Auflagen, Klickzahlen. Dass wir Fehler schönreden, gern hart austeilen, aber ein gläsernes Kinn haben, wenn es um Kritik an uns selbst geht. Dass wir Weltmeister im Ätzen und Besserwissen sind. Ob Print, Radio, Fernsehen oder Online: Viele Nutzer bekriteln – nicht grundlos – den Mangel an Tiefgang, an Persönlichkeiten, an Meinungsfreude. Sie erleben intellektuelles Versagen beim Deuten großer Zusammenhänge und geringe Lust am Einmischen. Und merken an, dass Feuerwehrleute, Lehrer, Briefträger oder Ärzte höhere Vertrauenswerte vorweisen können als „die“ Journalisten. Nebenbei: Jeder telegene Kleiderständer, jedes Model darf sich inzwischen Moderatorin nennen, jeder Handyschwenker Reporter. Das kann nicht gut sein für das Ansehen der Branche.“ (Ende des Auszugs).

Mikichs Auffassung war damals schon richtig und statt einer Wendung zum Besseren setzte sich dieser Trend fort und findet in dem gegenwärtig von „infratest dimap“ festgestellten Verlust der Glaubwürdigkeit der (politischen) Berichterstattung seinen Ausdruck. „Tendenz weiter sinkend“, wie es heißt.
Nun erschien – wieder einmal – ein Buch, das sich mit dieser Problematik befasst. Von dem es heißt (Kress.de): „Medien können nach Meinung des Autors, des dänischen Fernseh-Chefredakteurs Ulrik Haagerup viel Vertrauen zurückgewinnen, wenn sie Themen konstruktiv angehen. Um Kollegen näher zu bringen, wie sie dies schaffen, hat Haagerup das Buch „Constructive News“ veröffentlicht. Untertitel: "Warum 'bad news' die Medien zerstören und wie Journalisten mit einem völlig neuen Ansatz wieder Menschen berühren."
"Millionen Leser, Hörer und Zuschauer kehren den alten Medien den Rücken. Einer der Gründe dafür ist sicherlich, dass die Menschen krank und müde vom negativen Bild der Welt sind, das die Journalisten ihnen präsentieren. Die meisten Nachrichten-Storys sind reduziert auf Konflikt, Drama, Verbrecher und Opfer. Sie nützen weder der Presse und dem Journalismus noch den Gesellschaften, denen wir, die Medienleute, zu dienen behaupten", leitet Haagerup sein Buch ein... In der analogen Medienwelt hätte es Journalismus mit den Neuigkeiten von gestern zu tun – gedruckt in der Zeitung von heute. In den letzten zehn Jahren habe die digitale Berichterstattung den Fokus auf das Jetzt gelegt. Auf das, was in diesem Moment passiere und was in Stichwörtern wie Live-Berichterstattung, "breaking news", Eilmeldung, zum Ausdruck komme. "Constructive News" gehe es um das Morgen: um Geschichten, die eine öffentliche Debatte über eine bessere Zukunft anregen und für sie werben.
Wenn alle Bereiche der Gesellschaft sich verändern und besser werden müssen, dann ist Haagerups Vorschlag: "Wollen wir Journalisten uns ihnen nicht anschließen?" (Ende des Kress-Einführungs-Auszugs).

Ich denke, dem kann, nein, dem muss man zustimmen. Dann aber müssen Journalisten erst (wieder) lernen, Vertrauen der Leser zu gewinnen und nicht nach der Einbildung handeln, die sollen gefälligst das lesen und interessant finden, was und wie wir es ihnen „servieren“. Bisher nämlich ist davon nichts zu merken, wie nicht nur ich meine.

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