Berlin-Washington,
7. Mai 2015. Deutsche und Amerikaner halten einander für
verlässliche Verbündete – trotz unterschiedlicher Auffassungen zu
Russland, Freihandel und zu Deutschlands globaler Rolle. Dies ist das
Ergebnis einer neuen Studie des Pew Research Center in Washington in
Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Foundation North America.
Trotz der Krise zwischen Washington und Berlin nach den Enthüllungen der Spionage durch den US-Geheimdienst NSA ist eine Mehrheit der Deutschen (59 Prozent) der Meinung, dass US-Präsident Barack Obama die Beziehungen gut managt. Die Zustimmungswerte für Bundeskanzlerin Angela Merkel in dieser Frage sind sogar noch höher: 71 Prozent der Deutschen bescheinigen ihr gutes Management der Beziehungen zu den USA. Die Amerikaner setzen weit weniger Vertrauen in die Regierungschefs: Nur 40 Prozent geben Obama gute Noten und nur 38 Prozent sind der Meinung, dass Merkel eine gute USA-Politik betreibt.
Über den richtigen Umgang mit Russland gehen die Meinungen auseinander: 59 Prozent der Amerikaner sind der Ansicht, dass der Kurs der EU gegenüber Russland nicht hart genug sei. Dagegen sind 62 Prozent der Deutschen der Meinung, die aktuellen Maßnahmen seien „zu hart“ (18 Prozent) oder "gerade richtig" (44 Prozent). Dennoch hält eine klare Mehrheit (57 Prozent) der Deutschen das Verhältnis zu den USA für wichtiger als das Verhältnis zu Russland.
Die Daten wurden in zwei parallelen Telefonumfragen erhoben. In Deutschland wurden 963 Personen vom 24. bis 25. Februar 2015 befragt. In den USA wurden 1.003 Interviews zwischen dem 26. Februar und dem 1. März 2015 geführt.
Darüber hinaus glauben nur 41 Prozent der Deutschen, dass ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU, die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), gut für Deutschland wäre. Das sind 14 Prozentpunkte weniger als bei einer früheren Erhebung des Pew Research Center vor einem Jahr. Die amerikanischen Positionen zu TTIP sind im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert: Die Hälfte der Öffentlichkeit (50 Prozent) unterstützt ein Abkommen mit Europa. Allerdings hat sowohl in den USA als auch in Deutschland ein großer Teil der Befragten keine Meinung zu dem Thema.
Weder die Deutschen noch die Amerikaner möchten, dass ihr Land als internationaler Akteur auftritt. In beiden Ländern lehnte die Hälfte der Befragten die Übernahme von mehr internationaler Verantwortung ab. Dabei ist die jüngere Generation besonders skeptisch gegenüber einem internationalen Engagement eingestellt: Mehr als die Hälfte der Amerikaner (57 Prozent) und der Deutschen (54 Prozent) im Alter zwischen 18 und 29 Jahren vertritt die Position, dass ihre Länder sich auf ihre eigenen Probleme konzentrieren sollten. Deutschlands Rolle in der Welt wurde dagegen sehr unterschiedlich gesehen. In den USA meinte mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent), dass Berlin eine aktivere militärische Rolle zur Sicherung des weltweiten Friedens und der Stabilität spielen sollte. In Deutschland waren nur 25 Prozent dieser Meinung.
Aus Sicht der meisten Amerikaner ist die Beziehung zu Großbritannien immer noch enger als die mit Deutschland – 85 Prozent der Befragten halten Großbritannien für einen verlässlichen Verbündeten. Die Deutschen setzen dagegen eher auf die Partnerschaft mit Frankreich, in dem 78 Prozent einen verlässlichen Verbündeten sehen.
Amerikaner und Deutsche kamen zu unterschiedlichen Bewertungen historischer Ereignisse. Fast die Hälfte der Amerikaner (47 Prozent) hält den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust für die prägendsten Ereignisse in der deutsch-amerikanischen Geschichte. Bei den Deutschen war die Zahl der Befragten (34 Prozent) am höchsten, die dem Fall der Berliner Mauer die größte Bedeutung beimessen.
Die deutsche Teilung während des Kalten Krieges wirkt sich nach wie vor auf die Ansichten in Deutschland aus. 61 Prozent der Westdeutschen geben dem Bündnis mit den USA Vorrang gegenüber einem Bündnis mit Russland – aber nur 44 Prozent der Ostdeutschen sind dieser Meinung. Während sich 60 Prozent der Ostdeutschen dafür aussprechen, Deutschland solle sich in erster Linie um seine eigene Probleme kümmern, meinen das in Westdeutschland lediglich 47 Prozent.
Die parteipolitische Bindung hat in den USA einen großen Einfluss darauf, wie Amerikaner die Beziehungen zu Deutschland bewerten sowie die Außenpolitik insgesamt. 67 Prozent der Demokraten befürworten Obamas Deutschland-Politik, aber nur 16 Prozent der Republikaner. Umgekehrt finden 69 Prozent der Republikaner, dass der Russland-Kurs der USA im Konflikt über die Ukraine nicht hart genug sei, aber nur 47 Prozent der Demokraten teilen diese Ansicht.
Maria
Droop Pressestelle
Bertelsmann
Stiftung
Eine
Mitteilung des idw – wissenschaftlichen Dienstes am 07.05.2015
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