Samstag, 1. Februar 2014

„Seine Exzellenz sind entlastet“

Mich beschäftigt hier noch einmal die Wanderausstellung „PresseFoto Hessen-Thüringen 2013“, die derzeit - und noch bis 13. Februar - im Bürgersaal des Nordhäuser Rathauses zu sehen ist. Nachdem ich die Ausstellung mehrmals noch besuchte und mir auch den Ausstellungskatalog besorgte, beschäftigen mich dazu einige Überlegungen, ohne dass ich dabei zu einem Ergebnis kam.

Es sind nicht die Bilder an sich, die mich zu Überlegungen anregen und von denen jedes einzelne sehenswert ist, sondern es sind einige Passagen im Editorial und den Begleittexten des Ausstellungskatalogs. Und da zum Beispiel den Erläuterungen zum „Bild des Jahres“ durch Wolfgang Murr, Vorsitzenden der Wettbewerbs-Jury. Dazu schicke ich einen Hinweis voraus: In meinem Eintrag vom 24.01.(Pressefotografen: Ein Berufsstand im Fokus“) hatte ich u.a. geschrieben (Auszug) : „Ich nehme als Beispiel das „Bild des Jahres“ des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst. Mit dem Titel: „Seine Exzellenz geht“ Das Bild ist sicher ausgezeichnet. Es kann aber für sich weder eine Problematik offenkundig werden lassen, noch einen Zusammenhang zu einer solchen herstellen. Dazu bedarf es ohne Zweifel eines Textes. Und wer diese Problematik durch einen entsprechenden Text nicht kennt, wird das Bild mit anderen Augen sehen als der Informierte.“ (Ende des Auszugs).

Der Vorsitzende der Jury also erläutert die Entscheidung seiner Jury zu diesem Bild wie folgt (Auszug): „. . .Der Moment, in dessen Mittelpunkt der Limburger Bischof ...optisch auftaucht, bleibt nicht ohne Fragen? Was denkt ein so ernst blickender Mensch wirklich? Was ist Schein, was Sein. Ist er sich einerseits seiner religiösen, andererseits auch seiner gesellschaftlichen Verpflichtung bewusst? Anders als beim Siegerfoto 2012 sucht der Porträtierte 2013 nicht das Objektiv, lässt den Betrachter jedoch mit schier endlosen Gedankengängen zurück. Der Schnappschuss besticht ob 1A-Qualität. Alle Kriterien, die ein Spitzenfoto bringen muss, sind erfüllt.“

Und als Betrachter des Bildes mache ich mir also Gedanken. Und komme zu der Auffassung, dass diese Erläuterung zwar zum Zeitpunkt der Entscheidung für dieses Bild als „Bild des Jahres“ berechtigt und zutreffend gewesen sein mag, weil damals alles gegen den Limburger Bischof sprach. Inzwischen hat eine Prüfkommission die Vorwürfe gegen Bischof van Elst weitgehend ausgeräumt. Und daraus ergibt sich meines Erachtens, dass erst die massiven Vorwürfe, die zum Zeitpunkt der Aufnahme des Bildes im Raum standen, dazu geführt haben dürften, das Bild so einzuschätzen, wie es wirklich geschah. Das Ergebnis der Prüfkommission führt meines Erachtens jedenfalls zu einer anderen Betrachtungsweise des Bildes. Wie schließlich über den Bischof und das Bistum Limburg entschieden werden wird, spielt dabei schon keine Rolle mehr, wie ich meine.


Eine ganz andere Überlegung drängt mir eine Passage auf im Editorial der Landesvorsitzenden des DJV Thüringen, Anita Grasse. Darin nämlich heißt es (Auszug): „Fotoreporter sind die Super-Helden unserer Zeit. Sie sollen alles und jeden retten – und mit einem Dankeschön zufrieden sein.“ (Ende des Auszugs). Grasse äußert sich sicher aus ihrer profunden Kenntnis der Situation dieses Berufsstandes, zu der ich auf einen meiner Einträge verweisen kann („Obst und Kollegen im Nordhäuser Rathaus“ vom 24.01.14). Der tritt hier allerdings in den Hintergrund angesichts der weiteren Argumentation Anita Grasses (weiterer Auszug): „Dagegen protestieren wir mit dem PresseFoto-Wettbewerb. Dazu brauchen wir keine lautstarken Parolen oder Aktionen. Wir lassen die Werke der Fotojournalisten sprechen. Werke, für die die Kollegen mitten in der Nacht stundenlang in der Kälte ausharren, bis der Sternenhimmel perfekt ist. Bilder, für die sie sich samt Ausrüstung durch Krisengebiete kämpfen oder sich stundenlang unendlich langweilen, bis beim Parteitag oder im Wahlkampf endlich das eine, aussagekräftige Bild im Kasten ist.“ (Ende des Auszugs). Das ist anschaulich und vermittelt Vorstellungen. Aber nur für den, der diese Ausführungen liest, also den Ausstellungskatalog besitzt. Von denen schon keiner mehr am Ende der Eröffnungsveranstaltung zu erhalten war. Also auch nicht für jene, die die Ausstellung im Laufe ihrer Präsentation besuchen. Die also auch nicht lesen und erfahren können, was Anita Grasse ihnen mitzuteilen hat (Auszug): „Jetzt liegt es an Ihnen.
Mit Ihrem Besuch unserer Ausstellung setzen Sie ein Zeichen für professionellen Bildjournalismus, faire Bezahlung und angemessene Arbeitsbedingungen. Dafür sagen wir im Namen aller Kollegen von Herzen Danke. Doch wir wünschen uns mehr: Tragen Sie unsere Botschaft in die Welt hinaus. Sorgen Sie dafür, dass von den Bildkünstlern des Journalismus selbst Bilder entstehen. Bilder in den Herzen derjenigen, die jeden Tag in Bildern lesen – ob nun im Internet oder auf Papier.“(Ende des Auszugs). Dazu also bleibt zu bemerken, dass dies kein Besucher im Ausstellungskatalog zu lesen bekommt kann. Es wäre deshalb meines Erachtens Sache der Redaktionen der hier erscheinenden Zeitungen  – Print und Internet – dieses Anliegen als Appell des DJV den Lesern ihrer Zeitungen zu vermitteln. Ich habe nichts davon gelesen. Warum nicht, wenn doch der DJV den Stand der professionell arbeitenden Pressefotografen bedroht sieht? Bezahlen wenigstens sie ihre angestellten oder für sie arbeitenden Fotografen angemessen? Oder scheuen sie gar die Problematik? Warum aber sollte sich dann der Besucher der Ausstellung über die Betrachtung der Bilder hinaus Gedanken machen?

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