In meinem ersten Beitrag zum Thema des
Künstlers Lyonel Feininger ließ ich schon anklingen, dass man sich
in Nordhausen eigentlich erst dann spezieller mit der Verbindung des
Malers und Grafikers zu dieser Stadt
befasste, als in den neunziger
Jahren ein Hamburger Kunsthändler der Stadt ein Bild des Künstlers
zum Kauf anbot, das die Türme der Blasii-Kirche zeigt. Dass damals
trotz intensiver Werbung das Geld nicht aufgebracht wurde, um das
Bild zu erwerben, mag u.a. auch an den allgemeinen damaligen
wirtschaftlichen Verhältnissen in Nordhausen gelegen haben.
Seit damals aber hat der Name Lyonel
Feininger für die hiesigen kunstinteressierten Bürger einen
ausgesprochen
guten Klang. Und die Dres Hannelore und Wolfgang
Pientka – letzterer bekanntlich Vorsitzender des Fördervereins
Kunsthaus Meyenburg e.V. - brachten am Mittwoch im Kunsthaus mit
ihrem Vortrag „Comics und Karikaturen von Lyonel Feininger“ einen
Akkord im Leben des Künstlers Feininger voll zum Klingen, der bis
dahin hierzulande – vielleicht im Nachklang der politischen
Verhältnisse - eher verhalten angeschlagen, d.h. erwähnt wurde.
Ein Wohlklang allerdings , der die Leiterin des Kunsthauses, Susanne
Hinsching mit Genugtuung bemerken ließ, dass ja das Kunsthaus ein
Bild Feiningers besitzt. Sie gleichzeitig aber bei der Begrüßung
der Gäste bemerkte, dass sie diesen Feininger-Schatz an diesen Abend
nur dezent erwähne, angesichts des angesagten Themas.
Eine Reverenz vor den Vortragenden und
ihrem Thema sicherlich.
Aber immerhin doch dem ersten prägenden
künstlerischen Lebensabschnitt des Lyonel Feininger, in dem sich der
1871 in Amerika geborene und mit 16 Jahren nach Deutschland gekommene
junge Mann zunächst als Karikaturist mit Auftragsarbeiten sein Brot
verdiente. Während das im Besitz des Kunsthauses befindliche Bild
schon einer Zeit zugehört – es entstand 1916 - in der Feininger
als Grafiker und Maler längst anerkannt war.
Nun also schilderten die Pientkas nach
der Begrüßung der Gäste durch Kunsthistorikerin Susanne Hinsching,
den jungen und vielseitig talentierten Feininger in seiner
ersten
künstlerischen Schaffensphase. Nachdem er zwar auch
vielversprechendes musikalisches Talent zeigte, etwa am
wohltemperierten Klavier. Sein bevorzugter Komponist war Johann
Sebastian Bach, in dessen Fusstapfen er sogar zu geraten schien,
bevor er sich dann doch und zunächst der Zeichnung von Aquarellen
zuwandte. Und sich zunehmend stilistisch in Richtung Karikatur
profilierte, mit unverkennbar politischen Tendenzen, zu denen ihm die
damalige Kaiserzeit und die Jahre vor dem 1. Weltkrieg ein breites
Themenfeld bot.
Nun kann sich heutzutage jeder je nach
Interessenlage
ein mehr oder weniger umfassendes Wissen aneignen,
Möglichkeiten dafür gibt es genügend. Das Thema Lyonel Feininger
ist da keine Ausnahme. Nicht aber in einem so künstlerisch geprägtem
räumlichen Umfeld – wenn auch atmosphärisch mehr in den oberen
Etagen – und nicht als Zuhörer eines vortragenden Ehepaares
Hannelore und Wolfgang Pientka, die es verstehen, Themen anzubieten
und vorzutragen, die sich durch sorgfältigste Ausarbeitung des
Stoffes und fast mehr noch durch eine Art des (erläuternden )
Vortrags auszeichnet, die fundiert, anschaulich und gleichzeitig
unterhaltend wirkt. Und dadurch eine Atmosphäre schafft, in der sich
jeder Zuhörer einbezogen fühlen kann. Dass dazu auch noch mit einem guten Tropfen angebotenen Weines eine angeregte Stimmung entstehen kann, rundet das Geschehen auch gesellschaftlich.
Die Vortragenden also boten einen
ausgezeichneten Vortrag mit 44 gebeamten Bildern mit Karikaturen des
Künstlers, die sie gemeinsam oder auch sich gegenseitig ergänzend,
erläuterten. Und thematisch umfassend diesen Lebensabschnitt des
Künstlers aufzeigten. Der zwar zunächst als Auftragskarikaturist
arbeitete, dabei aber einen recht individuellen Stil entwickelte, der
in Deutschland vor allen Dingen, aber dann auch in Amerika als
Vorläufer von Cartoons und Comics gilt.
Keine Sprechblasen wie in
späterer Zeit üblich, sondern mit entsprechenden Texten versehen,
karikierte Feininger alles, das ihn zunächst aufgetragen wurde, mehr
und mehr aber seiner eigenen Intention entsprach. Die gezeigten
Karikaturen veranschaulichten diesen Stil, bei dem u.a. die Personen
durch Länge und Ausdruck , Situationen durch ihre hintergründige
(politische) Tendenz oder auch Gebäude auffielen, wobei ja vor allem
Kirchen - zum Beispiel jene in Gelmerode - ein bevorzugtes Objekt
Feinigers waren.
Die Vortragenden verdeutlichten einmal
die damalige Zeit, in der sich der junge Feininger in Deutschland mit
der Kaiserzeit arrangieren musste. Und konnte. Diese in karikierender
Weise auch sehr hintergründig darzustellen vermochte. Womit er in
der damaligen Medienlandschaft einen offenen, ja, willkommenden Markt
fand. Feininger avancierte mit seinen Zeichnungen bald zu einem der
führenden Karikaturisten in Deutschland und damit gleichzeitig schon
zu einen anerkannten Künstler. Dass er damit den Sozialisten zu
damaliger Zeit willkommenen Stoff für ihre Politik lieferte, etwa
zur angestrebten Seemacht Deutschland – liegt auf der Hand.
Gleichzeitig aber entwickelte sich die Art seiner Karikaturen
thematisch – wie schon bemerkt – allmählich zum Vorläufer von
Serien wie „Asterix“ oder auch „The Kin-der-Kids“ und „Wee Willi Winkie's World“ mit Tante Jim-Jam im Heißluftballon uam. Womit er seinen Ruf und seine Popularität schon damit vertiefte. Geradezu harmonisch wirkte die Darstellungsweise der beiden Vortragenden, in dem sie die Biografie Feiningers mit seinem künstlerischen Wirken in Übereinstimmung brachten. Und erläuterten, was sie in den Schaubildern auch textlich ausdrückten.
Es
war ein gesellschaftlich niveauvoller Abend mit einem Thema, das den
Künstler Lyonel Feininger wieder in den Blickpunkt interessierter
Menschen rückte. Mit einem Lebensabschnitt des Künstlers in
einer Zeit, die für einen guten Karikaturisten höchst günstig und ergiebig, war. Dass diese später in eine ganz anders geprägte Zeit mündete, in der Feininger zwar längst als bildender Künstler anerkannt war, diese seine Kunst aber ausgerechnet in Deutschland von der politischen Führung keine Anerkennung fand, soll – ohne dass sie Thema des Vortrags war – hier deshalb erwähnt werden, weil sie Lyonel Feininger 1937 zwang, Deutschland zu verlassen. Ein Land, das teilweise geprägt war von Feiningers Karikaturen. Und das war schließlich Thema am Mittwoch Abend. An dessen Abschluss aber doch auch das von Feininger 1947 geschaffene Aquarell der Blasii-Kirche angemessene Erwähnung fand und gewürdigt wurde. Die Pientkas erhielten viel anerkennenden und dankbaren Beifall für ihren ausgezeichneten Vortrag, über dessen Thema man sich anschließend noch recht angelegentlich unterhielt
.
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