Sonntag, 2. Februar 2014

Ein Kessel voller Kultur

Aus dem gestrigen TV-Abendprogramm wählte ich „Ein Kessel Buntes“, moderiert von Wolfgang Lippert, wohl einem der bekanntesten Moderatoren, der in der DDR die unterhaltende Kultur (mit-)prägte. Und danach im gesamtdeutschen Fernsehen auch dem westdeutschen Publikum bekannt und anerkannt wurde.

Ich wählte diese Sendung, weil mich noch immer das Thema der „bürgerlichen Kultur“ beschäftigt. Die in Ostdeutschland durch die Lions-Clubs möglich gemacht
worden sein soll, wie Bernhard Vogel, ehemaliger Thüringer Ministerpräsident, als Ehrengast des Clubs zu dessen 20jährigen Bestehen in seiner Ansprache ausführte. Und die fand im Rahmen der Ausstellungseröffnung aus diesem Anlass am Dienstag in der Galerie der Kreissparkasse Nordhausen statt, die Zeitungen berichteten seitdem ausführlich und betonten dabei ausdrücklich diese Aussage Vogels. Und kein Widerspruch regt sich in den sonst doch recht forsch reagierenden (anonymen) Kommentatorenkreis, etwa im Internet.

In meinem diesbezüglichen Eintrag dazu hatte ich mich auf Gespräche bezogen, die ich nach der Veranstaltung zu dieser Aussage Bernhard Vogels in einer doch recht qualifizierten Diskussionsrunde führte. In der man sich gegen den Eindruck verwahrte, es habe in der DDR keine Kultur gegeben. Wollte man darüber diskutieren, könnte man die Problematik an dem Begriff „bürgerliche“ Kultur festmachen. Dessen bedarf es aber wohl gar nicht, wenn man davon ausgeht, dass die ersten Lions Clubs in Ostdeutschland Jahre nach der Wende gegründet wurden
– in Nordhausen also 1995 – als die bürgerlichen, also auch marktwirtschaftlichen Strukturen längst gelegt waren. Und diese Clubs mitunter ja auch heute noch gelegentlich als Geheimbünde angesehen werden, wie der aktuelle Präsident des Nordhäuser Clubs, Dr. Matthias Beintker, in seiner Ansprache bemerkte. Und zu glauben, dass erst dann und unter diesen Vermutungen bürgerliche Kultur möglich wurde, ist wohl doch etwas weit hergeholt. Zumal die Haupttätigkeiten der Clubs in – meist nichtöffentlichen – Vortragsveranstaltungen und Gesprächsrunden besteht. In der Öffentlichkeit treten Lions Clubs wie ja auch in Nordhausen, hauptsächlich im Zusammenhang mit Spendenaktionen in Erscheinung. Und die Ausstellung mit ihren vielen Bildern gibt ja anschaulich Auskunft über die vielfältigen Spenden-, Hilfs- und Gestaltungsaktionen während der 20 Jahre ihres Bestehens. Insofern kann man den Besuch dieser Ausstellung nur empfehlen, sie gibt Aufschluss nicht nur hinsichtlich ihrer Mitglieder, sondern eben auch über ihre vielfältigen Engagements. Einschließlich dem Eigenleben des Clubs.

Die Teilnahme Bernhard Vogels lässt im übrigen auch erkennen, welch hohes Ansehen der Nordhäuser Lions-Club besitzt. Der ehemalige MP des Freistaates trug sich vor seiner Verabschiedung auch noch bereitwillig ins Gästebuch des Clubs ein. Nicht unerwähnt soll die musikalische Gestaltung der Festveranstaltung sein durch das Gitarrenensemble der Nordhäuser Musikschule unter der Leitung der Musikpädagogin Daniela Heise. Auf das ich gelegentlich noch besonders eingehen möchte. Eine insgesamt herausragende Ausstellung, die dadurch vor vielen Gästen sehr niveauvoll eröffnet wurde.


Um abschließend zum Ausgangspunkt zurückzukommen überraschte und beeindruckte mich der Inhalt Wolfgang Lipperts Kessel Buntes, das einen anschaulichen Einblick in die unterhaltende Kultur vermittelte. Überrascht einfach deshalb, weil ich zwar während meiner Besuche in der einstigen DDR aus eigenem Erleben zwar relativ häufig Gelegenheit hatte und wahrnahm Theaterkultur kennenzulernen, die Unterhaltungskultur aber vernachlässigte ich. Und müsste jetzt diese Einseitigkeit bedauern. Was da zu sehen und zu hören war, fand ich hervorragend. 

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