Nordhausen (psv)
Eine wissenschaftliche
Forschungsarbeit soll klären, warum Nordhausen am 3. und 4. April 1945
bombardiert wurde. „Mit der neuen Form der Gedenkkultur haben wir einen
ersten Schritt getan. Jetzt wenden wir uns
jener Frage zu, die elementar ist für das Selbstverständnis von
Nordhausen und deren wissenschaftliche Beantwortung bis heute noch
aussteht. Es ist an der Zeit, uns Klarheit zu verschaffen mit der
systematischen Sichtung der nationalen und internationalen
Archive“, sagte Nordhausens Oberbürgermeister Dr. Klaus Zeh auch mit
Blick auf die sinkende Zahl der Zeitzeugen. „Mit der fundierten
Erforschung der Gründe ergibt sich vielleicht die
Möglichkeit, keinen
Raum mehr zu lassen für Umdeutungen der Bombardierung
der Stadt“, so Dr. Zeh.
Man
werde noch für dieses Jahr einen Stadtratsbeschluss vorbereiten zur
Beauftragung der Wissenschaftler. Parallel dazu werde man sich um die
Einwerbung
von Forschungsmitteln, u.a. bei Stiftungen, kümmern.
Anstoß
für die Forschungsarbeit war ein Gespräch von Oberbürgermeister Dr.
Klaus Zeh im März 2014 mit dem früheren Leiter der Gedenkstätte
`Mittelbau-Dora`,
Dr. Jens Wagner, und Professor Volkhard Knigge, dem Leiter der
„Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora.
„Damals hatten Professor Knigge und Dr. Wagner auf den Klärungsbedarf hingewiesen“, so Dr. Zeh.
Prof
Knigge hatte beim Treffen gesagt: „dass es nun, mehr denn je, auf die
Vermittlung von Fakten ankommt. Entscheidend muss die Antwort auf die
Frage nach dem `Warum´ sein. Denn Täter und Opfer des
Nationalsozialismus sind nicht vom Himmel gefallen.“
Dr.
Wagner hatte darauf verweisen, „dass die inhaltliche Auseinandersetzung
um das `Warum´ mit einem breiten Teil der Bevölkerung geführt werden
sollte. So bedarf es im Fall von Nordhausen der dringenden
wissenschaftlichen Untersuchung, warum Nordhausen in den letzten
Kriegstagen noch bombardiert wurde. Dazu gibt es zwar eine Fülle von
Thesen und Mythen. Aber keine methodische Untersuchung. Das könnte
Thema einer Promotion sein, die die Stadtverwaltung initiieren könnte.“
Innerhalb
des Forschungsvorhabens sollen darüber hinaus Anstöße entwickelt
werden für eine Neugestaltung des Gedenkfriedhofs am Stresemannring,
auf dem auch Häftlinge der Boelke-Kaserne beigesetzt sind sowie eine
möglichst genaue Ermittlung der Opferzahlen.
„Auf
diese Notwendigkeit haben insbesondere Überlebende des KZ
`Mittelbau-Dora´ immer wieder verwiesen“, sagte Dr. Cornelia Klose, die
Beauftragte
für Gedenkkultur bei der Stadtverwaltung Nordhausen.
„Umgesetzt
werden soll das Forschungsvorhaben durch den emeritierten Historiker
Prof. Dr. Claus Füllberg-Stolberg an der Universität Hannover und
die Historikerin Martina Scheitenberger“, sagte Dr. Zeh beim
Auftaktgespräch im Rathaus. Professor Füllberg-Stolberg sei mit
Nordhausen und dessen Geschichte vertraut, da er in Nordhausen geboren
sei.
Sie
selbst, so Frau Scheitenberger beim Treffen im Rathaus, habe u.a. 1994 /
1995 an der Konzeption für die Dauerausstellung der Gedenkstätte
„Mittelbau-.Dora“
mitgearbeitet, für die Ausstellung in den früheren
Raketen-Produktionsstollen im Kohnstein sowie an den aktuellen
Text-Tafeln für das Denkmal auf dem Ehrenfriedhof.
Anhaltspunkte
für die Forschungsarbeit, insbesondere bei der Methodik, könne die
Untersuchung geben, die die Stadt Dresden mit ähnlichem Forschungsziel
in Auftrag gegeben habe, sagte Frau Dr. Klose beim Treffen.
So
habe man in Dresden eine Arbeitsgruppe gebildet, die die Forschung
begleitet habe und auch Bürgerinnen und Bürger umfasste. Im Rahmen der
Dresdner
Forschungsarbeit sei zugleich ein Zeitzeugenarchiv entstanden.
In
Nordhausen sei die Mitarbeit von Schülern, vom früheren Bürgermeister
Dr. Manfred Schröter, der bereits im Jahr 1988 eine erste
Forschungsarbeit
zur Bombardierung der Stadt Nordhausen erarbeitet habe, weiteren
Historikern aus Nordhausen, vom Stadtarchiv, sowie von Vertretern der
Stadtratsfraktionen vorgesehen.
Zum Bild: Blick auf das zerstörte Nordhausen. Foto: Werner Steinmann / Stadtarchiv Nordhausen.
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