Kardinal Marx predigt in der Evangelisch-lutherischen Christuskirche in Rom
„Die große Geschichte des Christentums liegt vor uns, nicht hinter
uns.“
Der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx,
war heute (30. Oktober 2016) zu Gast in der Evangelisch-lutherischen
Christuskirche in Rom.
Um einen Tag vor Beginn des Reformationsgedenkens und am Jahrestag der
Unterzeichnung der
Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999) erneut ein
sichtbares Zeichen der ökumenischen Verbundenheit zu setzen, hat er auf
Einladung von Pfarrer Dr. Jens-Martin Kruse am Gottesdienst der
überwiegend deutschsprachigen Gemeinde teilgenommen.
In
seiner Predigt erinnerte Kardinal Marx an die biblische Geschichte von
Zachäus, der Zöllner und Sünder, bei dem Jesus Christus einkehrte und
der daraufhin sein Leben
änderte. „Zachäus wird gerechtfertigt durch die Begegnung mit Jesus.
Seine Bekehrung geschieht durch die Barmherzigkeit Gottes“, so Kardinal
Marx. „Gott kann nur selbst auf uns zukommen, wir können uns diesen
Anspruch nicht erarbeiten oder verdienen (...)
Mit dem ‚Rückenwind‘ der vor einer Woche zu Ende gegangenen
ökumenischen Pilgerreise ins Heilige Land, bei der Vertreter der
evangelischen und der katholischen Kirche gemeinsam Jesus auf dem Weg
neu entdeckt haben, sollten wir nicht zu sehr um uns selbst kreisen.
Warum sollte das Christusfest 2017 nicht auch ein Jahr der
Neuentdeckung und Vertiefung des christlichen Glaubens werden?“
Martin
Luther habe wie auch Ignatius von Loyola und Theresa von Avila im 16.
Jahrhundert den Gedanken hoch gehalten, dass in jedem, der getauft und
gefirmt sei, Gott
selbst wohne. „Was das aber für die Freiheit des Einzelnen bedeutet,
hat auch die Kirche viel zu oft verschüttet“, sagte Kardinal Marx und
ergänzte: „Für die Kirchen ist das Reformationsgedenken die Chance,
einen neuen Blick auf die Tradition zu werfen. Die
große Geschichte des Christentums liegt vor uns, nicht hinter uns. Wir
brauchen einen langen Atem, um unseren gemeinsamen Glauben in die
Gesellschaft einzubringen und das Miteinander zu verbessern.“ Dies sei
umso bedeutender in der Auseinandersetzung mit Ideen
wie beispielsweise dem radikalen Islamismus. „Gott lässt sich nicht
benutzen“, so Kardinal Marx. „Die Rechtfertigungslehre kann ein
Schutzwall sein gegen diese Tendenzen.
Der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz betonte außerdem den
besonderen Auftrag und die Verantwortung der Christen in Deutschland für
weitere Fortschritte in
der Ökumene, besonders im Jahr des Reformationsgedenkens und im
Rückblick auf den Beginn der Kirchenspaltung, die von Deutschland
ausging.
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