„Wir dürfen die Welt nicht in Gewinner und Verlierer aufteilen!“
Katholischer Medienkongress in Bonn
Zu
einem differenzierten Umgang mit den Versprechen der Digitalisierung
hat heute (17. Oktober 2017) der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard
Marx, in Bonn aufgerufen. Anlässlich des seit gestern stattfindenden
zweiten Katholischen Medienkongresses betonte er, dass es ein Recht
aller Menschen geben müsse, an der Digitalisierung zu partizipieren.
„Wir müssen alles tun, damit die Welt nicht aufgeteilt
wird in Gewinner und Verlierer. Sind unsere Strukturen, auch in den
Wertschöpfungsketten so, dass die digitale Welt zum Wohl der Menschheit
wird?“, fragte Kardinal Marx.
Ohne
Regeln und Institutionen könne nichts entstehen. „Wir brauchen ein
System von Verantwortlichkeiten und Ordnungen“, hob Kardinal Marx
hervor. Wettbewerbsregeln
seien notwendig, um ein „immer Mehr“ von wenigen zu verhindern.
„Internationale Regeln sind in der Ökonomie unbestritten – aber nicht
aus Angst vor der Zukunft, sondern um negative Folgen wie
Arbeitsplatzverluste, politische Folgen und das Anwachsen von Armut
zu vermeiden“, so Kardinal Marx in einer Diskussion mit dem
Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG, Timotheus Höttges. Auf
der technischen Seite gebe es oft einen enormen Fortschritt. Die
Reaktion auf die Globalisierung empfänden manche aber als Bedrohung,
sodass es in einigen politischen Systemen und Demokratien zu
Rückschritten komme. Mancher technologische Fortschritt habe zu schweren
Konflikten geführt. Deshalb sei es notwendig, die Frage zu stellen, wie
man die Transformation so gestalten könne, dass alle
im Boot bleiben. „Wir müssen Chancen schaffen für sinnvolle Arbeit und
damit für die Organisation des eigenen Lebens – daran wollen und werden
wir als Kirche mitwirken“, betonte Kardinal Marx.
Die
kulturelle Veränderung zeige sich oft in der Zerrissenheit der
Gesellschaft. Kardinal Marx warnte davor, das allein auf die
Digitalisierung zurückzuführen. „Wie
gelingt uns eine stabile Demokratie durch solide Bildung?“, fragte er.
Es gehe um die Übernahme von Verantwortung und das Eingehen von
Selbstverpflichtungen. Hass und Hetze habe es zu jeder Zeit gegeben.
Aber das müsse man nicht hinnehmen. „Gegen die wachsende
Ungleichheit in der Welt, gegen Hass und Fake News müssen wir eine
Botschaft setzen für eine Entwicklung, bei der alle mitkommen“, hob
Kardinal Marx hervor. Dazu gebe auch die Enzyklika
Laudatio siʼ wertvolle Hinweise.
Bereits
während des Kongresses, der eine Initiative der Medienkonferenz der
(Erz-)Bistümer und weiterer Kooperationspartner ist, hatte der
Vorsitzende der Publizistischen
Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Gebhard Fürst
(Rottenburg-Stuttgart), zu einem sensiblen Umgang in der digitalen Welt
aufgerufen. Die Kirche beobachte aufmerksam Entwicklungen und
Veränderungen, die durch den digitalen Wandel ausgelöst
und beschleunigt würden. „Unsere zentrale Forderung lautet daher bei allen Veränderungsprozessen:
Die Würde, die Persönlichkeit und die Selbstbestimmung des
Menschen müssen gewahrt werden. Ziel muss sein, die Personalität und die
Sozialität des Menschen als Ebenbild Gottes bewusst zu erkennen, zu
erhalten, zur Entfaltung zu bringen und bei Bedarf
auch zu verteidigen“, so Bischof Fürst. Die Kirche wolle aber nicht nur
pessimistisch und kulturkritisch negative Auswirkungen beklagen. „Denn
die Digitalisierung bringt viele Chancen mit sich. Menschen erschließen
beispielsweise neue Möglichkeiten,
sich miteinander auszutauschen und die
eigene Persönlichkeit darzustellen.“ Nicht alles, was technisch möglich
sei, sei auch schon gut. „Bei der sozialen Kommunikation werden, wie wir
ja wissen, immer auch Daten erhoben, gespeichert
und zum Teil kommerziell oder politisch genutzt. Wir brauchen dringend
eine neue, veränderte Sensibilität für den Wert persönlicher Daten …
Hass und Verrohung der Kommunikation im Netz
bedürfen wacher Aufmerksamkeit. Die in der analogen Welt geltenden
rechtlichen, ethisch-moralischen und kulturellen Standards gelten auch
für die digitale Welt“, so Bischof Fürst.
Der
Katholische Medienkongress 2017 endet heute und steht unter dem
Leitwort „Es ist erst der Anfang … Gesellschaftliche Herausforderungen
in der digitalen
Welt“.
Hinweis:
Weitere Informationen zum zweiten Katholischen Medienkongress sind unter
www.katholischer-medienkongress.de
verfügbar.
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